Private Internetnutzung am Arbeitsplatz soll erlaubt werden

Das Arbeitsministerium will in einem Spagat eine Inhaltskontrolle verhindern, aber fördert mit der vorgesehenen Regelung gleichzeitig die Überwachung

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Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung will die Benutzung des Internet am Arbeitsplatz rechtlich regeln. Aus dem Papier zu einem neuen "Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz", das dem Handelsblatt vorliegt und dessen Inhalte von seinem Autor, Referatsleiter Hans Peter Vietheu, als erste Vorüberlegungen charakterisiert werden, geht hervor, dass den Arbeitnehmern grundsätzlich das Recht gewährt werden soll, privat am Arbeitsplatz zu surfen oder Emails zu schreiben, wenn dabei keine betrieblichen Belange beeinträchtigt werden. Durch "Einzelvereinbarung oder Tarifvertrag" kann dieses Recht dann noch weiter eingeschränkt werden, beispielsweise "auf eine bestimmte Kostengrenze, auf Eil- und Notfälle oder auf die Zeit nach Feierabend". Die durch den privaten Gebrauch entstehenden Kosten kann der Arbeitgeber, so der Entwurf, dem Arbeitnehmer in Rechnung stellen.

Das Gesetz, das noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll, hält gleichzeitig fest, dass die Arbeitgeber nicht die Inhalte privater Emails lesen oder überwachen dürfen, welche Webseiten von den Arbeitnehmern aufgerufen werden. Inhaltskontrolle könne als Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses strafrechtlich verfolgt werden, sofern nicht ein "schwerwiegender Verdacht auf missbräuchliche Nutzung" vorliegt. Im Hinblick auf die geschäftliche Nutzung dürfen die Arbeitgeber aber grundsätzlich, die "Angemessenheit des Umfangs und die Relevanz der angesteuerten Seiten" überwachen, schreibt das Handelsblatt. Überdies dürfe der Arbeitgeber verlangen, dass geschäftliche Emails, die auf dem Server gespeichert sind, ihm ausgedruckt vorgelegt werden. Wenn es bei der Überwachung allerdings um die Leistung oder das Verhalten von einzelnen Arbeitnehmern gehe, dann müsse das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. So dürfe das Surfverhalten nur allgemein ausgewertet werden. Arbeitgeber dürfen nach dem Entwurf auch durch Filter bestimmte Webinhalte sperren, zudem sei der Arbeitnehmer auch bei der privaten Nutzung zum "betriebsfreundlichen Umgang" mit dem Internet verpflichtet.

Das alles klingt noch ziemlich unausgegoren. Natürlich wehren sich die Arbeitgeber gegen eine solche Regulierung der Internetnutzung für private Zwecke, weil dies, so Thomas Prinz vom BDA, einen Eingriff in die unternehmerische Gestaltungsfreiheit darstelle. Allerdings müsste entschieden werden, auf welche Daten ein Unternehmen zugreifen kann. Kontrollieren könne man nur dann die Email-Nutzung, wenn man auch auf private Emails zugreifen könne.

Darin scheint auch das Hauptproblem des Entwurfs zu liegen, der das Recht auf private Internetnutzung mit der Möglichkeit der Kontrolle verbindet, denn wie sonst soll die private Nutzung abgerechnet werden? Dann aber muss auch aufgeführt werden, an wen der Arbeitnehmer Emails verschickt und womöglich welche Seiten er besucht hat. Wie wird sichergestellt, dass der Arbeitnehmer keine Einsicht in die Inhalte der privaten Emails nehmen kann? Sind hier technische Maßnahmen seitens des Arbeitgebers erforderlich oder dürfen die Arbeitnehmer ihre Emails verschlüsseln und anonym surfen, wenn dies privat geschieht? Wie regelt man im Einzelnen, was geschäftlich und was privat ist, wenn im Internet gesurft wird? Und warum sollte bei einer privaten Nutzung, für die der Arbeitnehmer selbst aufkommt und die etwa in der Freizeit geschieht, dieser dennoch nur einen gefilterten Internetzugang haben dürfen?