Profit von toten Prominenten

Bill Gates' Bilderfirma will weiter wachsen und hat sich mit der Roger Richman Agency die exklusiven Bildrechte von Prominenten wie Albert Einstein, Maria Callas oder Buckminster Fuller gekauft

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1989 gründete Bill Gates Corbis, das mittlerweile mit über 70 Millionen Bildern zum größten digitalen Bildarchiv der Welt wurde. Gates kaufte eine ganze Reihe von Foto-Agenturen, Archiven und Sammlungen, beispielsweise 1999 die französische Agentur Sygma, die 40 Millionen Bilder mitbrachte. Zuletzt schluckte Corbis den weltweit drittgrößten Bildlizenzierungsanbieter, die deutsche Firma zefa visual media. Corbis brachte bislang keine Profite ein, auch wenn der Umsatz in letzter Anstieg und das Unternehmen an zweiter Stelle hinter Getty Images liegt. Mit dem Kauf von weiteren Archiven und der Anbietung von neuen Diensten wie Rechtemanagement, mit der Zusammenarbeit mit Reuters, mit der Verwaltung von Bildarchiven oder dem Verkauf von Videos für Handys will man als Anbieter von "visuellen Komplettlösungen" in die Gewinnzone kommen. Am 6. April gab Corbis den Kauf der Roger Richman Agency bekannt, die die Bildrechte von wenigen lebenden, vor allem aber von bereits toten prominenten Personen besitzt (Der Mensch als kommerzielle Marke).

Wie Corbs versichert, eröffnet der Erwerb der Agentur für über 50 tote Prominente, die etwa die Bildrechte von Sigmund Freud und Albert Einstein, aber auch die von Leonard Bernstein oder Maria Callas, von den Marx Brothers oder Mae West besitzt, eine weitere Möglichkeit, umfassende visuelle Lösungen anzubieten. Es geht natürlich in erster Linie um Werbung, die mit toten Prominenten auch deswegen interessant ist, weil sie weiterhin erkannt werden, aber deren Bilder meist billiger als die lebender Prominenter zu haben sind, wobei gleichzeitig Corbis höhere Profite einfahren kann.

Corbis bietet an, mit der Lizenzierung der Bilder auch umfassend und schnell alle Rechte an diesen klären zu können. Tote können nicht nur ebenso gut wie Lebende in der Werbung auftreten, sie können auch als virtuelle Personen wiederbelebt werden, denn zu den eigentlichen Bildrechten gehören auch die Rechte an der Stimme und am visuellen Gesamtkörper.

Es gebe einen riesigen Bedarf an solchen "ikonischen Persönlichkeiten", meint Gary Shenk von Corbis: "Sie sind sehr wertvoll." Gegenwärtig steht natürlich Albert Einstein mit vorne, Nutznießerin ist hier Hebrew University in Jerusalem. Wie die Rechteverwertung praktiziert wird, kann man ganz gut an der Seite Albert Einstein Licensing der Roger Richman Agency erkennen. Allerdings dürfte, wie Forbes festgestellt hat, wohl immer noch Elvis Presley an der Spitze stehen. Danach rangieren Charles Schulz, JRR Tolkien, John Lennon und Marilyn Monroe. Presley wirft im Jahr 40 Millionen Dollar ab - ohne die Musikrechte.

Our legendary personalities are evergreen 'brands' with the benefit of worldwide recognition.

Roger Richman Agency

Offenbar treten wir nun auch im Hinblick auf die Bilder von Menschen in den Kult der Vergangenheit ein. Nach den Antiquitäten kommen die alten Stars, die wieder zu uns kommen, als wären sie nie gestorben, oder die wir nicht mehr loslassen wollen. Die Vergangenheit wird aber möglicherweise damit nicht in die Gegenwart verlängert, so dass nichts verloren geht, sondern es könnte damit auch ein Stück ewiges Leben im medialen Olymp verwirklicht werden. Das aber, so ist das Diktat der Aufmerksamkeitsgesellschaft, steht nur den Prominenten zu, den "wertvollen" Menschen, die heute weniger die großen Staatsmänner, Denker oder Künstler sind, sondern die Stars der Unterhaltungsbranche. Interessant dürfte allerdings werden, wer die Bildrechte an den Bösen der jüngst vergangenen Weltgeschichte, an den Hitlers, Stalins, Mussolinis, Pol Pots etwa, hat, mit denen sich schließlich auch posthum gute Geschäfte machen ließe.