Putin: Kein "offizielles Angebot" zum Kauf italienischer Staatsschulden

Putin bei der Ankunft in Italien: Bild: Kreml

Bei seinem Besuch in Rom hat der russische Staatspräsident ein selektives Aufheben der Sanktionen ausgeschlossen, aber die Hoffnung geäußert, dass der neue ukrainische Präsident "seine Wahlversprechen einhält"

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Am Mittwoch und Donnerstag besuchte der russische Präsident Wladimir Putin Italien. Dabei traf er außer seinem sozialdemokratischen italienischen Amtskollegen Sergio Mattarella und dem katholischen Papst Franziskus auch den italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte. Dem Corriere della Sera nach ging es bei dem Gespräch mit Letzterem auch um das Verhältnis zwischen Moskau und Brüssel.

Die Frage der Mailänder Zeitung, ob ihm Conte italienische Staatsschulden zum Kauf offerierte, verneinte Putin. Seines Wissens nach gebe es dafür auch kein anderes "offizielles Angebot". Das Problem, italienische Staatsschulden loszuwerden, scheint seit Mittwoch auch insofern weniger drängend, als sich die EU-Kommission kurz nach der Zustimmung Contes zu Ursula von der Leyen und dem Rest der neuen Führungsmannschaft dazu bereit erklärte, "zum jetzigen Zeitpunkt von der Empfehlung eines Defizitverfahrens" abzusehen, was offiziell mit "angekündigten zusätzlichen Konsolidierungsanstrengungen" begründet wurde.

"Probleme" mit der Welthandelsorganisation WHO

Langfristig mehr nutzen könnte Italien bei der Bewältigung des Schuldenproblems ein Ende der russischen Lebensmittelimportbeschränkungen, die das Mittelmeerland wegen seiner traditionell engen wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland besonders hart trafen. Ein gesondertes Ende dieser Gegensanktionen für Italien schließt Putin jedoch aus. Er schätze zwar das "gegenseitige Vertrauen", das "Partnerschaftskapital" und das "historisch gefestigte" gute Verhältnis zu Italien, könne jedoch bei Gegensanktionen "nicht selektiv vorgehen", da er sonst "Probleme" mit der Welthandelsorganisation WHO bekomme.

Ihm zufolge ist aber auch mit den bestehenden Sanktionen ein Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit möglich. Das zeigten ein Wachstum des russisch-italienischen Handels im letzten Jahr um 12,7 Prozent auf umgerechnet 26,9 Milliarden US-Dollar, italienische Investitionen in Russland in Höhe von umgerechnet 4,7 Milliarden Dollar und russische Investitionen in Italien in Höhe von umgerechnet 2,7 Milliarden Dollar. Dazu zählte der russische Staatspräsident Beispiele aus den Bereichen Kraftwerksbau, Elektrotechnik, Kühltechnik, Automobilzubehör, Chemie, Metallgewinnung und Energieversorgung auf.

Er hoffe außerdem, so Putin, dass der neue ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj "seine Wahlversprechen einhält" und auf diese Weise seinen Teil zum Abbau der Sanktionen beiträgt. Dazu müsse der politische Quereinsteiger dafür sorgen, dass "die ukrainischen Behörden die Vereinbarungen von Minsk respektieren, anstatt sie zu ignorieren" und "Ukrainisierungsmaßnahmen" wie das Verbot der Verwendung der russischen Sprache, […] einschließlich ihrer Verwendung an Universitäten und Schulen" beenden.

Kein "neues Wettrüsten" mit den USA

Ein "neues Wettrüsten" mit den USA hat dem russischen Staatspräsidenten nach nicht begonnen, weil sein Land mit "ungefähr 48 Milliarden Dollar" nur einen Bruchteil der "über 700 Milliarden Dollar" aufwende, die die Amerikaner jährlich für ihre Landesverteidigung ausgeben. Russland werde sich trotz der Kündigung des INF-Vertrages "nicht auf ein solches Rennen einlassen", sei jedoch "verpflichtet, [die eigene] Sicherheit zu gewährleisten". Deshalb sei man auch "gezwungen, hochmoderne Fahrzeuge und Rüstungsgüter zu konstruieren".

Putin hat aber nach eigenen Angaben den Eindruck, dass man in Washington "in letzter Zeit beginnt, über einen Neustart des bilateralen Dialogs über eine breite strategische Agenda nachzudenken". "Um die heutige toxische Situation zu überwinden", sei es jedoch "notwendig, auf die archaischen Vorstellungen der Zeit des Kalten Krieges, der Abschreckung und der Logik der Blöcke zu verzichten" und sich um ein "unteilbares Sicherheitssystem" zu bemühen, das sich "auf die in der Charta der Vereinten Nationen und in der Schlussakte von Helsinki festgelegten Grundprinzipien stützt - einschließlich der Nichtanwendung von Gewalt oder der Androhung von Gewalt [und] der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten".

Zum Vorwurf, in europäische Wahlen eingegriffen zu haben, meinte der ehemalige KGB-Offizier, damit habe man wohl versucht, "die Ursache für die schlechten Ergebnisse einzelner politischer Kräfte bei den Wahlen" abzuwälzen und gleichzeitig Russland zu "dämonisieren". Die russische Staatsführung habe sich aber nicht eingemischt und beabsichtige auch nicht, "sich in die inneren Angelegenheiten der EU-Mitgliedstaaten und anderer Länder auf der Welt einzumischen". Dies sei ein "grundlegender Unterschied zu den USA und zu einer Reihe ihrer Verbündeten, die beispielsweise den Putsch in der Ukraine im Februar 2014 unterstützt" hätten.

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