Quantisierte Tropfen oder tropfende Quanten?

Ein Quantentropfen verhält sich wie eine Flüssigkeit, besteht aber aus einer Gemeinschaft von Teilchen, die sich in einer kleinen Korrelationsblase gruppieren. (Bild: Brad Baxley)

Forscher entdecken ein neues Phänomen in der Mikro-Welt: Gruppen von Elektronen und Löchern, die sich zusammen wie ein Teilchen verhalten - ein so genanntes Dropleton

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Die Realität ist grundsätzlich komplizierter als unsere Vorstellung von ihr. Sie ist keine gut geölte Maschine, die sich im Großen wie im Kleinen nach ähnlichen Gesetzen verhält - eine romantische Vorstellung, die auf die klassische Mechanik zurückgeht. Und es sah ja auch wirklich viel versprechend aus, als die Forscher begannen, die Geheimnisse des Atoms zu entschlüsseln: Ein Kern, um den sich in verschiedenen Bahnebenen die Elektronen bewegen wie die Planeten um die Sonne, dieses Modell war doch so schön elegant. Und sollte sich doch bald als falsch herausstellen.

Wie überhaupt das Konzept der Teilchen, die sich wie Kieselsteine an festen Orten befinden - stattdessen verhielten sich die Elektronen bei näherem Hinsehen plötzlich wie Wellen, während sich Nukleonen offenbar aus je drei Quarks zusammensetzten, die tausendmal kleiner waren als Proton und Neutron im Durchmesser. Warum fühlt sich feste Materie bei so viel nichts immer noch so hart an, dass man sich bei der Kollision mit einem niedrigen Türstock eine Beule holen kann?

Konsequenterweise geht die Naturwissenschaft heute anders an das Problem heran. Wenn etwas aussieht wie ein Teilchen und sich verhält wie ein Teilchen, dann darf es auch Teilchen geheißen werden. Selbst wenn es im Standardmodell der Physik nicht vorgesehen ist oder das Teilchenverhalten sich nur auf manche Aspekte erstreckt.

Zur Unterscheidung von den "echten" Teilchen des Standardmodells setzt man einfach ein "Quasi-" davor - fertig. Wenn man bedenkt, dass sich auch die normalen Teilchen allzuoft nicht wie solche verhalten, ist das eigentlich schon ein riesiges Zugeständnis...

Die Welt der Quasiteilchen

Die Welt der Quasiteilchen ist quasi unendlich. Sie treten bei vielen physikalischen Effekten auf: Als Loch in der Elektronik etwa, aber auch bei der Supraleitung. Quasiteilchen lassen sich erzeugen und vernichten - sie entstehen und verschwinden mit dem gemeinsamen Verhalten ihrer Teilnehmer.

Trotzdem genügen sie mit den physikalischen Eigenschaften, die ihnen zugeschrieben werden (Masse, Ladung, Spin...), den passenden physikalischen Gesetzen. Man kann mit ihnen rechnen, und oft eignen sie sich hervorragend als Modellsysteme zur Erforschung anderer Systeme, die nicht so leicht zu erzeugen und zu steuern sind.

Ein besonders hübsches Beispiel für ein Quasiteilchen stellen Physiker jetzt in Nature vor. Sie haben ihrer Entdeckung den Namen "Dropleton" gegeben - vom englischen Wort für Tropfen. Das Dropleton ist ein Quanten-Tropfen: ein Etwas, das Eigenschaften von Flüssigkeiten mit quantenphysikalischen Reaktionen vereint. Das Dropleton kann zum Beispiel Wellen ausbilden, zugleich ist seine Energie quantisiert. Andere "Tropfen" mit Quanten-Eigenschaften kennt die Wissenschaft bisher nicht.

Ein Dropleton entsteht, wenn man Galliumarsenid mit ultrakurzen Laserimpulsen beschießt. Durch diese Anregung bilden sich Elektronen-Loch-Paare, die über ihr elektrisches Feld mit anderen Paaren wechselwirken. Die komplette Konfiguration besteht aus vier bis sechs Paaren und ist sehr kurzlebig - nach im Mittel 25 Picosekunden (25 Billionstel Sekunden) zerfällt das Quasiteilchen wieder.

Trotzdem genügt diese kurze Frist den Forschern, die Eigenschaften des Quanten-Tropfens zu analysieren. Sie hoffen zudem, anhand des Dropletons die Wechselwirkung von Licht und Materie erforschen zu können.