Radio Bikini

Dokumentationen über die radioaktive Verseuchung auf Bikini Island

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Nicht nur pazifische Trauminseln haben die Atombombentests in radioaktive Alpträume verwandelt. Auch bei den eigenen Soldaten war die US-Armee wenig zimperlich. Eine Dokumentation untersucht die strahlenden Überreste der „Crossroads“-Atomtests von 1946.

Der Dokumentarfilm “Radio Bikini“ wurde 1987 vollendet und handelt von den Folgen der amerikanischen Atombombentests auf Bikini Island und den benachbarten Südseeinseln. Für den Film namensgebend war übrigens nicht etwa die Radioaktivität auf Bikini – oder was davon noch übrig war – nach den „Crossroads“-Atombombentests von 1946, sondern ein vor den Tests auf der Insel ähnlich dem AFN zur Unterhaltung der dort stationierten Soldaten und zur Information der Öffentlichkeit installierter Soldatensender.

Wie bei dem 1982 entstandenen „Atomic Cafe“ wurde für diesen Film Archivmaterial aus der Zeit des Kalten Krieges zusammengeschnitten, das zu dieser Zeit teils gerade erst aus der militärischen Geheimhaltung entlassen worden war. 18 Tonnen Filmmaterial – das Material von 11 Hollywoodfilmen – wurde verwertet, wobei das Material aus Archiven eingekauft wurde. „Mal haben wir Tausende Dollar für Schrott ausgegeben, mal Volltreffer gelandet“, so Regisseur Robert Stone.

Regisseur und Produzent Robert Stone machte dazu alles selbst: Producer, Director, Writer Editor Camera and Research. Der Film erschien 1987 und wurde für den Academy Award nominiert. Er ist in 25 Ländern im Fernsehen gelaufen, heute jedoch nur noch aus den Staaten auf DVD beschaffbar.

„Radio Bikini“ ist allerdings keine skurrile Zusammenstellung der absurdesten Schutzmaßnahmen aus dem Kalten Krieg wie bei „Atomic Café“, sondern eine erschütternde Dokumentation.

Damals hatten die USA Beobachter aus aller Welt eingeladen, um ihnen die neue Bombe zu zeigen. Für die Soldaten war es zunächst wie ein Hawaii-Urlaub, eine große Party mit Freibier und Eis, auch wenn 42.000 Soldaten nur 22 Frauen gegenüberstanden. 18-jährige, die gerade vier Monate im Militärdienst waren, hofften, von diesen tagen einst ihren Großenkeln erzählen zu können – ohne zu ahnen, dass sie nie welche haben könnten.

Doch, Anti-Atom-Friedensdemos gab es auch schon 1946!

Ziegen und Schafe wurden geschoren, mit Sonnencreme eingerieben und auf in Reichweite der Bomben stationierte Schiffe geschnallt. Nach dem Test wurden die Kadaver zur Untersuchung abtransportiert.

Der erste Test „Able“ mit einem Atombombenabwurf aus einem Flugzeug galt als harmlos und wurde in 20 Meilen Entfernung enttäuscht aufgenommen – „wie ein Silvesterkracher“, so die Militärs.

Grober Strahlentest

Doch der zweite Test „Baker“ unter Wasser endete schlimmer als erwartet. Der dritte geplante Test „Charlie“ musste abgesagt werden. Am Ende waren die Inseln für Jahrzehnte unbewohnbar und Tausende von Seeleuten verstrahlt, die man im radioaktiven Wasser der Lagune baden und fischen ließ oder sie auf die von der Bombe beschädigten Schiffswracks schickte, um diese mit Wasser abzuspritzen und zu untersuchen.

Wir badeten in der Lagune mit toten Fischen um uns rum, wir wuschen unsere Kleidung in der Lagune

Die Bewohner von Bikini hatte man auf die Insel Rongerik ausgelagert, wo nach den Tests radioaktiver Schnee – Fallout – niederging, der sie so schwer verstrahlte, dass vielen die Schilddrüse entfernt werden musste. Sie bleiben als Flüchtlinge über die Marshall-Inseln verstreut, ihre Heimat, an der sie sehr hingen, sahen sie nie wieder.

Frischer Atomfisch…

US-Soldat John Smitherman hatte nach den Crossroads-Tests immer geschwollene Beine – er sollte sie hochlegen. 1947 wurde er aus medizinischen Gründen aus dem Militär entlassen und heim geschickt. Er konnte keine Schuhe mehr tragen und bekam im März 1977 das linke Bein abgenommen – ein Jahr später das rechte Bein. August 1978 mußte er unter dem Knie operiert werden. Dann schwoll die linke Hand monströs an.

John Smitherman starb schließlich 1983 an Krebs, kurz nachdem er in diesem Film aufgenommen worden war.

John Smitherman im Interview

Radio Bikini, Robert Stone 1987, 56 Minuten