Rassenschande 2010

Vergewaltigung, mit oder ohne?

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Das Wort "rape" (Vergewaltigung) hat im Englischen eine kuriose Veränderung durchgemacht. 1965 konnte eine junge Frau noch "Rape! Rape!" ausrufen, als ob sie heiße Würstchen zu verkaufen hätte.

Zumindest im Film. In Richard Lesters "The Knack and How to Get It" sagt daraufhin eine ältere Dame, "Not today, thank you." - "Heute nicht, vielen Dank." Und das Publikum lacht. Es war der Film, den Lester genau zwischen den beiden Beatles-Filmen "A Hard Day's Night" und "Help" drehte, weswegen John Lennon ihn wohl ziemlich gut im Gedächtnis behalten hatte. In "The Knack" strömten die Frauen in Scharen in die Londoner Royal Albert Hall. Es zog sie hin zu dem Mann, der sie potentiell "stopfen" sollte. "Jetzt weiß man, wie viele Löcher es braucht, um die Albert Hall voll zu machen", sang Lennon nachher in "A Day In the Life".

"Rape" hatte etwas von der scherzhaften Unappetitlichkeit des deutschen Wortes "vergenußwurzeln", aber es mangelte in der Gesellschaft noch an der Sensibilität dafür, um diese Geschmacklosigkeit als solche zu erkennen.

Heute hat sich die Bedeutung grundlegend in Richtung Gewalt geändert. Whoopi Goldberg hatte bei einer TV-Diskussion um den Fall Polanski Schwierigkeiten, überhaupt eine Position einzunehmen, die Polanski nicht automatisch im Vorhinein als Gewaltverbrecher voraus-verurteilte. Sie versuchte es mit dem Begriff "rape-rape", also "gewaltsame Vergewaltigung." - "Wir wissen nicht, ob es wirklich gewaltsame Vergewaltigung war", meinte sie. "Was hätte es denn sonst sein können?" Meinten die anderen Damen.

Und kurz darauf folgte die mediale Kopf-ab Verurteilung nicht nur für Polanski, sondern auch für Whoopi, und andere Hollywood-Größen, die sich für Polanski eingesetzt hatten - wohl nirgends salbungsvoller als hier auf CNN.

Barack Obamas Mutter S. Ann Dunham

In seiner autobiographischen Selbsterkundung, dem Bestseller "Dreams from My Father" meint der heutige Präsident der USA, Barack Obama, dass das sexuelle Zusammentreffen seiner Eltern in vielen Staaten der USA damals noch als "Rassenschande" geahndet worden wäre:

In 1960, the year that my parents were married, miscegenation still described a felony in over half the states of the Union. In many parts of the South, my father could have been strung up from a tree for merely looking at my mother the wrong way; in the most sophisticated of northern cities, the hostile stares, the whispers might have driven a woman in my mother's predicament into a back-alley abortion.

Es ist die Welt, die man aus dem Roman und Film "Wer die Nachtigal stört" kennt, wo ein Schwarzer schon dafür gelyncht wurde, dass er eine weiße Frau auch nur ansah oder berührte, bzw. in diesem Fall gegen einen weißen Vergewaltiger verteidigte. Berühmt geworden ist die pathosgeladene Gerichtsrede, die Gregory Peck im Film hält um die Unschuld des Angeklagten Schwarzen zu beweisen.

Obamas Vater hätte mit Sicherheit das gleiche Schicksal ereilt wie den armen Tom Robinson im Film, da er, als echter Afrikaner aus Kenia, sich eine schottisch-stämmige junge Weiße aus Kansas zur Frau erkor. Aus Kansas.

Die kleine (immerhin 12jährige) Dorothy aus Kansas, Heldin des uramerikanischen Märchens, "The Wizard of Oz", stellt so etwas wie die reinste Verkörperung weiblicher Unschuld und Reinheit dar - auch wenn der Nachname "Gale" (Sturm) und die Ohnmacht, in die das Mädchen durch einen Wirbelsturm versetzt wird, deutlich genug die Geschichte in eine sexuelle-Sturm-und-Drang-Phase verlegen. Auch wenn in Amerika solche freudianischen Analysen nicht eben häufig durchgezogen werden. Aber dass der deutschstämmige Autor, L. Frank Baum, den Nachnamen "Gale" gewählt haben könnte, ohne sich dabei wenigstens flüchtig der deutschen Nebenbedeutung "geil" bewusst zu sein, ist wohl kaum anzunehmen. Die ganze lange Geschichte - über 13 Bände zu Lebzeiten des Autors - ist eine einzige immer weiter fortgeführte Bedrängung und eben "Vergewaltigung" eines jungen Mädchens.

Doch das wird geflissentlich übersehen.

Und nun Obamas Mutter. Auch sie stammt aus Kansas. Nur in Hawaii, einem Bundesstaat der USA, in dem Schwarze so gut wie gar nicht vertreten sind, ja sogar einen geringeren Anteil der Bevölkerung stellen als die eingewanderten Eskimos, und wo selbst weiße Amerikaner eine Minderheit gegenüber den Einheimischen darstellen, konnte Obamas Mutter problemlos einen Herrn aus Kenia heiraten, und nach ihm auch noch einen Indonesier, ohne an die engen gesellschaftlichen Tabus der amerikanischen Gesellschaft anzustoßen.

Obama: ein African-American, statt ein Afro-American, ein echter afrikanischer Amerikaner.

Miscegenation, rassische Inzucht, Rassenschande, wäre es gewesen, wenn seine Mutter einen echten amerikanischen Schwarzen geheiratet hätte. Im US-Kontext gilt Obama freilich, so oder so, als Mogelpackung.

Rassenschande in Deutschland

Ich erinnere mich an die filmische Aufzeichnung einer Schreiorgie Freislers - des berüchtigten Nazi-Richters - die sich indessen von der Randale heutiger Richter nur dadurch unterscheidet, dass die Letztgenannten gewöhnlich nicht gefilmt werden; der Stil ihrer Auftritte ist vom Freislerschen Richtergebrüll oft kaum zu unterscheiden. In diesem Fall wurde Freisler gefilmt, wie er einen jüdischen Angeklagten vor Gericht zur Sau macht. Der Mann hatte mit einer deutschen Frau, also einer Arierin, Geschlechtsverkehr gehabt, und Freisler will nun wissen, wie groß sein Verbrechen war. Hat er nur seinen Schwanz in ihr drin gehabt oder hat er auch abgespritzt? Ich finde den Film-Clip dazu nicht. Auf YouTube gibt es indessen reichlich Vergleichsmaterial aus anderen Freisler-Verhandlungen.

Roland Freisler. Foto: Bundesarchiv, Bild 151-17-15 / unbekannt / CC-BY-SA

Und in Israel?

Süßholzraspler plus Araber ist gleich Vergewaltiger? Fragt die Süddeutsche. Dazu ein Bild, Mann und Frau in Schwimmkleidung, Unterschrift:

Schmusendes Pärchen am Ufer des Sees Genezareth in Israel. Erschwindelt ein Mann sich Zärtlichkeiten durch Lügen, droht ihm in Israel eine Verurteilung wegen Vergewaltigung - so ist es jetzt einem 30-jährigen Araber ergangen.

Sabbar Kaschur, 30, Israelischer Araber, hatte sich als Jude ausgegeben. Verheiratet, Vater von 2 Kindern, hatte er sich mit einer jüdischen Israelin zu einvernehmlichem Sex eingelassen. Als sie herausfand, dass er ihr gegenüber falsche Angaben gemacht hatte, (er war weder Jude noch Junggeselle), zog sie vor Gericht. Zwei Jahre war er bereits unter Hausarrest, nun kamen 18 Monate Gefängnis mit Auflagen dazu und eine Zahlung von 2000 Euro Schmerzensgeld. Das Ganze nennt sich "Vergewaltigung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen", auf Englisch "rape by deception".

Diese Form der "Vergewaltigung durch Irreführung" gibt es indessen auch in Israel erst seit einem Schiedsspruch des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2008. Davor galt der Tatbestand des einfachen Betrugs.

Ich erinnere mich an eine TV-Doku über einen SS-Mann der sich in Buenos Aires in die jüdische Gemeinde einschlich und dort lange Zeit, als angeblicher jüdischer Flüchtling, mit einer jüdischen Frau zusammenlebte und natürlich Geschlechtsverkehr mit ihr hatte. Die Frau empfand tiefe Schmach und Scham, und zeigte ihr Gesicht im Interview nicht. Ihr Sohn aus einer früheren Ehe bedauerte, dass der Mann bereits gestorben sei. Er hätte ihn sonst umgebracht. Die erschlichene Vergewaltigung ist also, als Delikt, durchaus real.

Die Vorstellung einer Vergewaltigung "ohne Gewalt" wirkt auf Deutsch widersprüchlich, weil das Wort "Vergewaltigung" nach "Gewalt" verlangt. "Notzucht" beschreibt ähnlich die Nötigung zum Sex bei Frauen, die in irgendeinem Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Bedränger stehen. Freilich gibt es lebhafte und sehr lesenswerte Diskussionen aus dem deutschen Reichstag von 1929 über erschlichenen Geschlechtsverkehr von Heiratsschwindlern. Hier nachzulesen. Der Text ist in deutscher Frakturschrift gehalten, jedoch die Mühe des Entzifferns wert. "Beischlaferschleichung" gab es damals durchaus als Delikt, das mit bis zu fünf Jahren Zuchthaus bestraft wurde.

Die Polizei und Staatsgewalt hat heute, wie es scheint, immer einen Fuß direkt neben dem Ehe- oder Lotterbett. Fast könnte man meinen, die Rechtsanwälte in England und Amerika hätten ein neues Delikt erfunden, um Kohle zu machen. Freilich gibt es auch Fälle, bei denen es einfach nur um unbeschreibliche Blödheit geht.

Wie in dem Fall der Frau, die durch einen Trick zum Sex verführt wurde - mithilfe der Penis-Salben-Behandlung. Der aus Syrien stammende Pilot einer Fluglinie schaffte es, einer Engländerin einzureden, dass der Geschlechtsverkehr mit ihm eine Entzündung (die sie sich mit ihm eingefangen hatte) kurieren könnte.

Der 38jährige Fadi Sbano hatte der Lehrerin, die er in der Nähe des Flughafens Gadwick kennen gelernt hatte, zunächst erzählt, er habe Magenkrebs und nur noch sechs Monate zu leben. Als die Frau sich beim Sex eine Infektion zuzog, erzählte er ihr, er kenne einen Gynäkologen, der eine Salbe empfahl, die durch Geschlechtsverkehr eingerieben würde. Die Salbe sei angeblich teuer gewesen, erfuhren die Geschworenen bei der nachfolgenden Gerichtsverhandlung, und Sbano hätte 400 Pfund von seiner Freundin und weitere 5.500 Pfund von ihrer Mutter erschwindelt. Später hatte er von der Mutter des Opfers noch einmal 1.500 Pfund erschlichen, angeblich um sich einer Krebs-Behandlung in Amerika zu unterziehen.

Auch dieses Verfahren lief unter der Rubrik "Vergewaltigung durch arglistige Täuschung."