Rauchen ist harmlos

Durchschnittliche Auswirkungen El Niños auf den Niederschlag in unterschiedlichen Regionen und zu verschiedenen Jahreszeiten. Einiges davon ist in diesem Jahr bereits eingetreten. Bild: Oxfam nach Daten des britischen Wetterdienstes

Die Energie- und Klimawochenschau: Von Temperaturrekorden, drohenden Hungersnöten und Energiekonzernen, die den Unterschied zwischen Propaganda und Wissenschaft kennen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Und schon wieder fast ein Rekord. Der September war im globalen Mittel der zweitwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Nur im Vorjahr war der September noch etwas wärmer.

Das geht aus den neuesten Daten des Goddard Institutes for Space Studies (GISS) der NASA hervor. Es müsste somit also in den letzten drei Monate des Jahres schon eine ausgesprochene globale Kältewelle geben, damit das Jahr 2015 nicht als ein erneutes Rekordjahr in die Geschichte der Temperaturaufzeichnungen eingehen kann.

Letzteres ist aber schon deshalb nahezu ausgeschlossen, da sich inzwischen über dem tropischen Pazifik der sogenannte El Niño voll ausgebildet hat. Dabei handelt es sich um ein alle paar Jahre auftretendes großräumigen Wetter-Phänomen, dass für einige Monate das Klima in weiten Teilen der Tropen und Subtropen auf den Kopf stellt und zu schweren Ernteverlusten führen kann. Unter anderem ist in Teilen des Amazonasbeckens mit Dürre und in sonst extrem Niederschlags armen Küstenregionen Perus mit zerstörerischen Wolkenbrüchen zu rechnen. Da zugleich die Meeresoberflächentemperatur des tropischen Pazifiks deutlich höher als normal ist, gehören El-Niño-Jahre auch im globalen Durchschnitt fast immer zu den überdurchschnittlich warmen.

Warnung vor Hungersnot

Der australische Wetterdienst ging am gestrigen Dienstag in einer Mitteilung davon, aus, dass der diesjährige El Niño mindestens bis zum Jahresende anhalten wird. Die meisten Klimamodelle sagten den Höhepunkt des Ereignisses zum Jahresende voraus und erfahrungsgemäß sei im Osten und Südosten des Landes mit einem Niederschlagdefizit zu rechnen. Zu der Zeit herrscht dort Sommer, so dass auch mit Folgen für die Landwirtschaft zu rechnen ist.

Die Meteorologen gehen davon aus, dass der aktuelle El Niño der stärkste seit 97/98 und damit einer der stärksten seit den 1950er Jahren sein wird. Schon jetzt werden im südlichen Afrika und in Zentralamerika aufgrund der Fernwirkungen Ernteausfälle verzeichnet und die die internationale Hilfsorganisation Oxfam warnt daher wegen der zu erwartenden El-Niño-Folgen vor einer Hungerkatastrophe. Mindestens zehn Millionen Menschen seien in diesem und im nächsten Jahr bedroht. Mehrere zentralamerikanische Länder hätten den Notstand ausgerufen, darunter Honduras, El Salvador, Guatemala, Haiti und die Dominikanische Republik.

Indiens Stauseen halbleer

In Südasien ist die für die Ernten so wichtige Monsun-Saison besonders schlecht ausgefallen - auch das eine Folge El Niños. Ende September waren die großen Reservoirs des Landes nur zu 60 Prozent gefüllt, berichtet Indian Express. Am schlimmsten wäre die Situation im Süden des Landes, wo die Stauseen nur zu 35 Prozent gefüllt seien.

Die indische Zeitung Business Standard schreibt zwar, dass der Landwirtschaftliche Ertrag (einschließlich Fischerei) im Haushalt 2015/15 leicht um 1,5 Prozent ansteigen würde, geht aber davon aus, dass die Einkommen der Landbevölkerung weiter unter Druck geraten. Nach drei "Monsun-Schocks" in Folge gäbe es eine "Erosion" der Löhne in der Landarbeit.

Verschiedenste Studien haben in diesem Zusammenhang seit den 1970er Jahren gezeigt, dass Hunger meist nicht eine Folge davon ist, dass es zu wenig Nahrungsmittel gibt, sondern dass sich die betroffenen Menschen nicht genug Nahrung leisten können. Entweder sind die Einkommen zu niedrig, was in vielen Ländern meistens insbesondere auf dem Land der Fall ist, oder die Preise zu hoch. Letzteres kann sowohl eine Folge von Verknappung durch Missernten als auch einer wachsenden kaufkräftigen Nachfrage oder auch einer Mischung aus beidem sein, die eventuell noch durch Horten aufgrund spekulativer Interessen verstärkt wird.

Derweil hat das UN-Hilfsprogramm für Simbabwe am Montag dringend aufgefordert, seine Mittel aufzustocken. 86 Millionen US-Dollar (Millionen Euro) würden benötigt, um 1,5 Millionen Menschen zu versorgen. Auch Zimbabwe muss in den kommenden Monaten mit Dürre aufgrund von El Niño rechnen.

Paula Vazquez Horyaans, Sprecherin der EU-Botschafter in Simbabwe, bestätigte, dass in weiten Teilen Simbabwes die ohnehin prekäre Versorgung mit Nahrungsmitteln durch den Klimawandel und durch El Niño verschlimmert werde. Die EU setze sich daher dafür ein, die Nothilfe mit Maßnahmen zu verbinden, die das Land langfristig in die Lage versetzen mit derartigen "Schocks" fertig zu werden.

Bild: GISS

Hierzulande ist derweil der September etwas zu kühl ausgefallen, wie der Deutsche Wetterdienst vermeldet. Obige Grafik zeigt, dass in Westeuropa und über weiten Teilen des benachbarten Nordatlantiks die Temperaturen kälter als im Mittel der Jahre 1951 bis 1980 waren.

Über dem Nordatlantik ist es schon seit vielen Monaten kälter als sonst zu der jeweiligen Jahreszeit. In der Region, schrieb Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung im letzten Monat auf seinem Blog, gebe es schon seit längerem einen Trend zur Abkühlung. Das steht, wie er erwähnt, im "krassen Gegensatz zum allgemeinen Trend zur globalen Erwärmung" und sei auf eine Abschwächung der Ozean-Zirkulation zurückzuführen. Einiges spricht dafür, dass diese "Kälteblase" uns in den letzten Jahren heiße Sommer beschert hat, aber das sei noch Gegenstand der Forschung an Instituten in Großbritannien, den Niederlanden und auch in Potsdam.