Republik Srpska: Amerikaner führen den Kampf der Serben

Der Kampf zwischen Plavsic und Karadzic folgt dem altbekannten Drehbuch: vom Krieg der Geheimdienste, über den Handelskrieg und den Medienkrieg zur bewaffneten Auseinandersetzung.

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Nichts Neues in Serbien, aber die SFOR hat sich in einen möglichen neuen Krieg hineinziehen lassen.

In Bosnien wurde die USA in etwas hineingezogen, das sie, wie sie den Menschen hier versprochen hatten, niemals machen würden: in den Bodenkampf mit den Serben. Die Entwicklungen in Bosnien sind im Augenblick nicht sensationell. Der ganze Krieg im ehemaligen Jugoslawien war nur eine Fortsetzung des Machtkampfes zwischen den politischen Führern der jugoslawischen Regionen (Republiken) nach Titos Tod. Zunächst wurde dieser Kampf subtil als Krieg der Geheimdienste geführt, dann als Handelskrieg und schließlich als Medienkrieg, bis die Serben endlich die Panzer auffahren ließen. Dieser Machtkampf folgte gewöhnlich, aber nicht notwendigerweise den ethnischen Grenzen. Wenn die ethnischen Grenzen einmal festliegen, dann werden die politischen folgen. Immer wenn es eine Möglichkeit für einen anderen Führer geben wird, an die Macht zu kommen, wird er oder sie dies tun. Das ehemalige Jugoslawien wird ein Land von Präsidenten und Vize-Präsidenten werden. Jeder andere wird am Ende dieses ekelhaften Krieges irgendwann sterben.

Daß dieser Krieg wesentlich um die Macht ging und daß die ethnische, kulturelle und historische Scheiße, die von korrupten Universitätsprofessoren aufgebracht und von den staatlich kontrollierten Fernsehnachrichten täglich verbreitet wurden, nur ein Vorwand zur Rechtfertigung des Krieges vor den Menschen ist, zeigte sich zuerst im Krieg zwischen den muslimischen Führern Alija Izetbegovic und Fikret Abdic. Jetzt ist das noch viel offensichtlicher im Krieg zwischen den bosnischen Führern Biljana Plavsic und Radovan Karadzic.

Wie für Abdic gab es für Plavsic eine Möglichkeit, dank der schwachen Verbindung mit dem Hauptgebiet unabhängig zu werden. Abdic war überhaupt nicht mit dem von Izetbegovic kontrollierten Gebiet verbunden, während Plavsic dies nur durch einen schmalen Nabelschnurkorridor bei Brcko ist, der von den USA kontrolliert wird. Der Krieg zwischen Plavsic und Karadzic gehorchte dem wohlbekannten jugoslawischen Muster: zuerst gab es hinter der Bühne die Spiele der Geheimdienste, dann kam es zu wirtschaftlichen "Maßnahmen", die Plavsic zu Korruptionsvorwürfen führte und dann begann ein Medienkrieg (Im Juni kam "Reporter", ein sehr cooles neues Magazin in Banja Luka auf den Markt. Die erste Ausgabe war dem Rock and Roll gewidmet und berichtete, wie er nicht "gestorben" ist - ein ferner Aufschrei aus offiziellen Pale ... siehe Peacenet. Jetzt befinden wir uns in der Eröffnungsrunde des Krieges: die Besetzung der Polizeireviere und Fernsehzentralen der jeweils anderen. Alles wird genau durchgeführt, denn Plavsic versucht ganz offensichtlich, die Verbindung zu Belgrad unter Umgehung von Pale herzustellen, indem sie die Strecke Doboj-Brcko-Bjeljina kontrolliert.

Polizeireviere und Fernsehstationen sind die wichtigsten Werkzeuge in diesem Krieg. Mit der Polizei beherrscht man die Bevölkerung körperlich, mit dem Fernsehen geistig. (Das dritte Werkzeug ist das Geld - jedes Land druckt sein eigenes Geld.) Der Balkankrieg könnte einmal zu einem schönen Brettspiel werden: Man würde eine Karte des alten Jugoslawien erhalten und könnte sich entscheiden, die Rolle eines der politischen Führer zu spielen. Das Ziel bestünde darin, sein/ihre Fernsehprogramm, seine/ihre Polizei und seine/ihre Banknoten auf einem möglichst großen Gebiet zu verbreiten.

Daher ist es keine Überraschung, wenn die Anhänger von Plavsic die Polizeireviere und Fernsehsender von den Leuten Karadzics übernehmen und umgekehrt. Erstaunen läßt mich indessen, daß SFOR den Anhängern Plavsic offen dabei hilft und ihr manchmal sogar die Arbeit abnimmt. Es ist klar, daß der Westen sich mit Plavsic verbündet, ich meine, die NATO-Staaten geben den Städten in der Republik Srpska, die Plavsic unterstützen, neu Millionen Dollar: das ist eine offene Unterstützung. Bislang aber griff der Westen neimals direkt in den Krieg zwischen den Menschen auf dem Balkan ein. Gut, während der Operation Storm setzten die Amerikaner tatsächlich ihre eigenen Kampfflugzeuge ein, um einige Raketenstellungen bei Knin auszuschalten, aber das war auch schon alles. Doch bis jetzt verstrickte sich der Westen niemals in einem Bodenkampf, der einer Seite gegen die andere hilft.

Warum trat der Westen früher nicht auf die Seite von Franjo Tudjman oder von Alija Izetbegovic? Warum entschied man sich dafür, Biljana Plavsic zu unterstützen? Ist sie moralisch besser als Tudjman oder Izetbegovic? Nein. Sie ist aus dem selben Stoff wie die anderen. Sonst wäre sie nicht da, wo sie heute ist. Es gibt dafür nur eine logische Erklärung: es gibt keine Bedrohung durch eine Verbindung von Milosevic mit dem Plavsic-Karadzic-Kampf, das bedeutet, daß Milosevic sich vielleicht bereits entschlossen hat, Karadzic fallenzulassen (er schickte seinen Sicherheitschef Stanisic nach Banja Luka, um Plavsic nach Belgrad einzuladen), weil er glaubt, manche seiner Forderungen besser mit der moderater wirkenden Plavsic retten zu können. Vor dieser Möglichkeit muß Izetbegovic große Angst haben, so groß, daß er sich sehr schnell Plavsic während ihrer Anti-Korruptionskampagne gegen Pale (Karadzic) anschloß.

Die SFOR stürzte trotzdem mitten in den internen serbischen Machtkampf in Bosnien hinein, und jetzt macht sie jeder verantwortlich. Es scheint so, als würden Plavsic und Karadzic in einen Kampf eintreten, aber den Amerikanern für die Anlässe die Schuld zusprechen. Dieses Muster wurde in Brcko bereits durch Bürger ausprobiert, die sich auf der Straße befanden. Amerikanische Soldaten wurden verwundet. Der Bodenkampf hat immer diesen häßliche Seiteneffekt, daß diejenigen, die in ihn eintreten, auch verletzt werden.

Jetzt kommt Kissinger: Aus seinem wohlverdienten Ruhestand (400000 Dollar wurden von "Kissinger Associates" für einen kenntnisreichen Rat berechnet, zu deren Klienten einige interessante jugoslawische Firmen gehörten) trat Kissinger am 23.9. mit seinem Artikel in der New York Post auf die Bühne und griff Clintons Politik in Bosnien an. Er wollte uns davon überzeugen, daß Albright dieselben Fehler in Bosnien begeht, die er einst in Vietnam machte. Das ist wirklich sehr nett von ihm. Aus der Wiederholung wohlbekannter Fakten, beispielsweise dem inneren Widerspruch zwischen den militärischen (Trennung der befeindeten Parteien) und politischen (Wiedervereinigung der ethnischen Gruppen, die befeindete Parteien sind ...) Absichten des Dayton-Abkommens, kommt er wunderbarerweise zum dem Schluß, daß dann, "wenn Amerika seine Rolle darauf beschränkt, die Waffenruhe aufrechtzuerhalten, könnte von selbst eine Situation entstehen, in der die Verhaftung der Kriegsverbrecher zu seinen Gunsten durchgeführt werden könnte." Ja, richtig, und der Messias wird dem folgen und uns allen den Weltfrieden bringen. Ich frage mich, ob er denjenigen, die sein Honorar bezahlen, dasselbe sagt.