Roboterarm Canadarm2 wartet auf Einsatz im All

Atlantis-Raumfähre bringt am 12. Juli Luftschleuse Airlock zur ISS - Canadarm2 übernimmt Installation

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Um Außenarbeiten im All verrichten zu können, mussten die ISS-Raumfahrer bislang unter großem Aufwand die Raumstation vom russischen Zvezda-Modul aus verlassen. Bald wird ihnen eine 164 Millionen Dollar schwere Luftschleuse der Sonderklasse zur Verfügung stehen, sofern der ISS-Greifarm, der zurzeit ein wenig kränkelt, auch wirklich ganze Arbeit leistet. Beim ersten Test des kanadischen Roboterarms waren Kommunikationsprobleme zwischen einem der Gelenke des Arms und dem Backup-Computersystem aufgetreten. Sollte der Roboterarm Mitte Juli nicht wunschgemäß funktionieren, könnte die Mission scheitern.

"Es gab überhaupt keine Schwierigkeiten. Alles lief wie am Schnürchen", freute sich der NASA Station Flight Director John M. Curry letzte Woche. Entgegen allen Befürchtungen, dass es erneut schief gehen könnte, ging letzten Donnerstag der Test des neuen Roboterarms der Internationalen Raumstation tadellos über die Bühne. Vom U.S-Destiny-Labor aus operierten und steuerten Susan Helms und Jim Voss das 600 Millionen Dollar "schwere" Gerät, um es auf seinen ersten großen, wichtigen Einsatz vorzubereiten: das Befestigen der 164 Millionen Dollar teuren und 15 Tonnen schweren Airlock-Schleuse. Zuvor hatten die ISS-Astronauten noch einige Probleme mit dem Kamerasystem, das bei der Montage des Airlocks eine entscheidende Rolle spielt. Dennoch verlief der zweite Testlauf mit dem kanadischen Greifarm Canadarm2 derart perfekt, dass alle Beteiligten nunmehr dem Start der Atlantis mit etwas mehr Ruhe entgegensehen können als dies noch vor wenigen Wochen der Fall gewesen war.

Airlock Luftschleuse

Hardware-Problem beim ersten Testlauf

Zu dieser Zeit machten Probleme mit dem unlängst installierten Greifarm der ISS eine Verschiebung der eigentlich für Mitte Juni vorgesehenen Atlantis-Mission zur Raumstation notwendig. Um dem Kontrollteam und der Besatzung an Bord der Internationalen Raumstation mehr Zeit zur Fehlersuche zu geben, hatte die NASA entschieden, den Start der Atlantis zunächst abzusagen.

Der Canadarm2 verfügt über zwei unabhängige Systeme zur Steuerung. Wenngleich das Hauptsystem nach NASA-Angaben reibungslos funktionierte, so gab es doch mit dem Reserve-System Probleme. So kam es zu einer unerwarteten Aktivierung der Bremsen des Roboterarms. Ein anderes Mal konnten die Raumfahrer aufgrund eines "Kommunikationsproblems" den Arm nicht wunschgemäß in Position bringen. Höchstwahrscheinlich scheiterte der erste Testlauf, so die Vermutung der Experten, weil gleich zwei Festplatten ausgefallen waren. Der Kommando- und Kontrollcomputer 2 arbeitet derzeit als Hauptcomputer, wohingegen Computer 1 als Backup zur Verfügung steht. Der dritte Rechner verfügt derweil über keine Festplatte; auch hier stellten sich die selben Probleme ein, wie bei den ersten beiden Elektronengehirnen. Doch mittlerweile hat die Crew einen Ersatzcomputer zusammengebaut und installiert, der bereits als "Stellvertreter" für den dritten Kollegen im Einsatz ist.

Ein Arm mit 17,6 Meter Reichweite

Wenn die Raumfähre Atlantis nach mehreren Verschiebungen endlich am 12. Juli zur ISS startet, wird die Last groß sein, die im wahrsten Sinne des Wortes auf den "Schultern" von Canadarm2 lastet. Denn immerhin muss der Roboterarm ein 6,5 Tonnen schweres unhandliches Gerät aus der Raumfähre hieven und danach an die Station montieren. Dass Canadarm2 seiner Aufgabe gerecht wird, glaubt CSA's Manager der Missions-Arbeitsvorgänge Chris Lorenz schon seit langem:

Der Canadarm2 ist eine größere, gewandtere und ausgereiftere Version des Roboterarms des Shuttles. Er ist Canadas wichtigster Beitrag für das Space Station Programm. Er wird seine Aufgabe erfüllen.

Mit 1640 Kilogramm und einer Länge von maximal 17,6 Metern ist der mit sieben motorisierten Gelenken ausgestattete Canadarm2 imstande, große Nutzlasten zu befördern und auch beim Andocken des Space Shuttles zu helfen. Anders als bei dem konventionellen Canadarm, der außerhalb der Ladebucht des Shuttles montiert ist, kann sein neuer Kollege quasi von jedem Punkt der ISS aus operieren. Denn jedes Ende des neuen Arms verfügt über eine "Hand", die einen Anker der Raumstation ergreifen kann. Dadurch kann der Roboterarm sich zwischen den Anker-Punkten um die ISS bewegen.

Aber nur wenn er seiner Aufgabe gerecht wird und die Schleuse punktgenau montiert, können von dort in Zukunft Weltraumspaziergänger besser gesagt Weltraum-Schwerstarbeiter - weitaus bequemer, aber zugleich auch sicherer als bisher, ihren arbeitsreichen und extrem anstrengenden Trip ins All wagen.

Da andere Roboterarme aufgrund ihrer zu geringen Operationsreichweite nicht in der Lage sind, den Airlock hochzuziehen und richtig zu positionieren, steht und fällt die Montage des wertvollen Geräts mit der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des künstlichen Arms. Es wird aber auch vieles von der Tagesform jener Astronauten abhängen, die den verlängerten Arm steuern - allen voran Susan J. Helms, die für diese Aufgabe intensiv geschult wurde. NASA Flight Director John Curry jedenfalls gibt sich wie sein kanadischer Kollege sehr optimistisch. Für ihn besteht kein Zweifel daran, dass der Roboterarm gute Dienste leisten wird: "Ich bin sehr zuversichtlich. Er wird seine Sache gut machen."