Rückzahlung, Rechtfertigung - und Schweigen

Politiker gehen mit Nepotismusvorwürfen sehr unterschiedlich um

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Im Fall der Abgeordneten, die auf Steuerzahler Angehörige beschäftigten, hat der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer angekündigt "konsequent reinen Tisch" zu machen. Nun prüft der bayerische Rechnungshof alle bekannt gewordenen Fälle und die Staatsanwaltschaft Augsburg holte sich beim bayerischen Landtag im vereinfachten Verfahren die Genehmigung zur Einleitung von Ermittlungen gegen den ehemaligen Fraktionsvorsitzenden Georg Schmid wegen des Verdachts der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen.

Im Fall des ehemaligen Haushaltsausschussvorsitzenden Georg Winter stellte die Landtagsverwaltung fest, dass dieser mit den Arbeitsaufträgen an seine damals 13 und 14 Jahre alten Söhne gegen die Kinderarbeitsschutz-Verordnung verstoßen hat, weshalb er das dafür erstattete Honorar nun "vollumfänglich an die Staatskasse" zurückzahlen muss. Winter hatte sich damit gerechtfertigt, dass er in der Landwirtschaft schon als viel kleinerer Bub viel schwerer arbeiten musste, ohne dass dies damals jemanden gestört hätte. Allerdings hatten ihn seine Eltern dafür auch nicht aus der Steuerkasse bezahlt, sondern gar nicht.

Beate Merk. Foto: Ralf Roletschek. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Aus Seehofers Kabinett sind neben Justizministerin Beate Merk, Landwirtschaftsminister Helmut Brunner und Kultusminister Ludwig Spaenle auch drei Staatssekretäre in die Nepotismusaffäre verwickelt - darunter der Kultusstaatssekretär Bernd Sibler, der von 1998 bis 2000 seine Mutter und von 2000 bis 2007 seine Ehefrau aus der Steuerkasse bezahlte. Merk, die zwischen Februar 2010 und Februar 2013 Aufträge an ihre Schwester vergab, sagt zwar, sie wolle "einen klaren Schlussstrich" ziehen, weigert sich jedoch, die konkrete Summe zu nennen, die sie auf Druck ihres Chefs an die Staatskasse zurückzahlen musste. Eine von der Augsburger Allgemeinen in den Raum gestellte Summe von 43.000 Euro, will sie nicht kommentieren.

Andere Betroffene zeigen gar kein Schuldbewusstsein: Zum Beispiel der Aichacher Landrat Christian Knauer, der als Landtagsabgeordneter von 1987 bis 2002 ein Büro in seinem Wohnhaus hatte und seine Ehefrau für Arbeiten als Bürokraft bezahlte. Er argumentiert, dass seine Gattin ja Telefonanrufe entgegennehmen und weiterleiten, Post erledigen und Termine überwachen musste. Außerdem, so Knauer in der Aichacher Zeitung habe "die überwiegende Zahl aller Parlamentarier damals Angehörige beschäftigt". Neben Knauer verteidigt auch der Strauß-Sohn Max (der allerdings in der CSU von heute keine große politische Rolle mehr spielt) die Beschäftigung von Verwandten.

Bei wieder anderen Politikern bleibt unklar, ob sie die von angestellten Familienangehörigen und Verwandten bezogenen Gelder zurückzahlen oder nicht. Zu dieser Gruppe gehört der Neu-Ulmer CSU-Abgeordnete Peter Schmid, der für Auskünfte dazu nicht erreichbar ist. Vielleicht ja, weil ihm neuerdings die Bürokraft fehlt. Noch intransparenter ist man in der Piratenpartei, die einmal mit Transparenz als zentralem Versprechen antrat: Hier lässt der Berliner Piraten-Abgeordnete Oliver Höfinghoff Fragen zum Verdacht der Freundinnenwirtschaft nicht nur per Mail, sondern auch auf Abgeordnetenwatch bislang unbeantwortet.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.