Russische Wirtschaftskrise gefährdet Millionen Arbeitsplätze in Europa

Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo): Die Krise und die "negativen Auswirkungen" der Sanktionen könnten 465.000 Arbeitsplätze allein in Deutschland in Gefahr bringen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Von erwünschten oder beabsichtigten politischen Wirkungen der EU-Handelsbeschränkungen gegen Russland ist nicht viel zu spüren, dennoch wurden sie verlängert ( EU-Mikado - Sanktionen gegen Russland bis 2016 verlängert). Dagegen zeichnet sich ab, dass die wirtschaftlichen Effekte auf die EU-Länder selbst nicht harmlos sind.

Europaweit mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze und rund 100 Millionen Euro an Wertschöpfung seien durch Effekte der Wirtschaftskrise in Russland und "negativen Auswirkungen der Handelsbeschränkungen" gefährdet, hat das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) laut Medien berechnet.

Auch für Deutschland hält die Studie "unbequeme Zahlen" bereit. Dort stünden laut Wifo "mittelfristig knapp eine halbe Million Arbeitsplätze und rund 27 Milliarden Euro an Wertschöpfung auf dem Spiel". Unmittelbar gefährdet sind nach Annahmen der Wirtschaftsforscher 175.000 Arbeitsplätze; bei anhaltenden Sanktionen würden weitere 290.000 Arbeitsplätze gefährdet.

Ausgangspunkt für die Berechnungen waren Rahmendaten des ersten Quartals 2015 - eine pessimistische Annahme, wie man seitens des österreichischen Instituts einräumt, man sei für die Studie von einem "Worst-Case-Szenario" ausgegangen - anders als die EU-Kommission. Die spricht von "relativ kleinen und handhabbaren" Auswirkungen der Sanktionen.

"Sanktionen haben einen erheblichen negativen Einfluss"

Als Begründung für die pessimistischere Sichtweise erwähnt einer der Studienautoren, dass Exportausfälle, die man im Herbst 2014 "schlimmstenfalls" angenommen habe, inzwischen Realität seien. Weswegen dem Worst-Case einige Wahrscheinlichkeit zugesprochen wird.

Selbst wenn man die "weitaus besseren" Zahlen des vierten Quartals 2014 als Grundlage heranziehe, seien durch die "Russlandkrise samt Sanktionen" rund 1,9 Millionen Arbeitsplätze in EU-Ländern plus der Schweiz gefährdet und 80 Milliarden Euro Wertschöpfung.

Das Wortpaar "Russlandkrise samt Sanktionen" zeigt dabei an, dass es den Wirtschaftsforschern nicht möglich war, den Effekt der Handelssanktionen abgesondert zu ermitteln. Der sei von den Folgen des niedrigen Ölpreises und des Rubelverfalls nicht abzugrenzen, so Oliver Fritz vom Wifo.

Wir betrachten die russischen Importaktivitäten als Ganzes. Dabei gehen wir allerdings fest davon aus, dass die Sanktionen einen erheblichen negativen Einfluss haben, wenn wir auch die Gegenreaktion Russlands auf die Maßnahmen der EU berücksichtigen.

Deutschland sei besonders betroffen, so die Studie, die von einer europäischen Tageszeitungsallianz in Auftrag gegeben wurde. Die andauernde Wirtschaftskrise in Russland könnte Deutschland in den nächsten Jahren mehr als einen Prozentpunkt der Wirtschaftsleistung kosten.

Vorrangig sind bisher die Landwirtschaft betroffen, der Einzelhandel, die Bauwirtschaft, der Großhandel, aber auch Lebensmittel, Maschinenbau und Fahrzeugbau.

Zwar könne einiges durch Exporte in andere Länder wettgemacht werden, aber das gilt auch für Russland. Zitiert werden Aussagen des Vorsitzenden des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Eckhard Cordes, wonach zum Beipsiel China europäische Handelspartner ersetze:

Wir hören immer öfter: "So viel schlechter als die Deutschen sind die Chinesen auch nicht." Das ist besorgniserregend.