SPD-Anhänger abmahngefährdet

Die Sozialdemokraten stellten in Nordrhein-Westfalen ein Werbebild von Hannelore Kraft zur Verfügung, das ein rechtliches Ablaufdatum hat

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Am 13. Mai 2012 gewann die SPD zusammen mit den Grünen die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Vorher hatte die Partei unter anderem eine "Eindämmung des Abmahnwesens" versprochen. Wörtlich hieß es dazu im Wahlprogramm:

Wir setzen uns für ein modernes Urheberrecht ein, das eine faire Balance schafft zwischen den Interessen der Nutzerinnen und Nutzer und der Urheberinnen und Urheber. Daher wollen wir auch das immer stärker um sich greifende Abmahnwesen eindämmen und faire und für Verbraucherinnen und Verbraucher nachvollziehbare Nutzungsbedingungen schaffen.

Nun, gut sechs Wochen nach der Wahl, finden sich bemerkenswerterweise gerade SPD-Anhänger in besonderer Abmahngefahr, wie das Ruhrbarone-Blog entdeckte. Denn die Partei hatte ihren "Gliederungen" für den Wahlkampf ein "Auftaktplakat" der Spitzenkandidatin Hannelore Kraft angedient, dessen Nutzung "für Internet, Soziale Netzwerke und Print [nur] bis zum 23.06.2012 frei" ist.

Hannelore Kraft. Foto: Tim Reckmann. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Dazu, wer genau dafür verantwortlich zeichnet, dass die SPD mit einer Agentur oder einem Fotografen solch einen für ihre Anhänger recht unvorteilhaften Handel abgeschlossen hat, mag man bei den Sozialdemokraten keine konkreten Auskünfte geben. Die "lieben Genossinnen und Genossen" warnte man kurz vor Fristablauf am 23. Juni mit dem lapidaren Hinweis, sie sollten das Motiv mit dem Slogan "NRW im Herzen" von den Websites "und aus den sozialen Netzwerken" entfernen, da "andernfalls eine Abmahnung droht".

Dass es der häufig älteren und ehrenamtlich tätigen SPD-Basis in den Ortsvereinen tatsächlich gelingt, das Bild vollständig aus Monate alten Tweets und Facebook-Postings zu entfernen, darf bezweifelt werden. Sollten einige davon abgemahnt werden, wäre es nicht das erste Mal, das so etwas für PR-Bilder geschieht: 2009 hatte die Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht Aufsehen erregt, weil eine Fotografin für ein Porträtbild, das von ihrer Partei elf Jahre lang für Autogrammkarten und Wahlplakate verwendet, Presseerklärungen beigelegt, und explizit als "Pressefoto" gekennzeichnet zum Download bereitgestellt worden war, plötzlich Abmahnungen verschicken ließ, in denen sich die Empfänger per Unterlassungserklärung dazu verpflichten sollten, neben einem Anwaltshonorar im oberen dreistelligen Bereich auch noch "Schadensersatz" in ungenannter Höhe zu leisten.

Seitdem ist viel Zeit vergangen, ohne dass sich etwas an der Abmahnproblematik geändert hätte. Im Juni 2012 machte der Verbraucherzentrale-Bundesverband (VZBV) bekannt, dass in Deutschland mittlerweile mehr als vier Millionen Menschen schon einmal unliebsame Bekanntschaft mit einem Abmahnanwalt machten - das sind sechs Prozent aller Einwohner, zu denen nicht nur Wahlberechtigte zählen, sondern auch Minderjährige und Ausländer. Der Anteil der Stimmberechtigten, die bei der nächsten Bundestagswahl die Piratenpartei wählen würden, liegt aktuell zwischen sieben und zehn Prozent.

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