SPD-Politiker fordert bessere finanzielle Ausstattung der Nachrichtendienste

Der bayerische Innenminister versichert, er sehe "keine Defizite der kriminalpolizeilichen Arbeit" und man habe den rechten ebenso den linken und islamistischen Extremismus beobachtet

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Für den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann haben sich die Sicherheitsbehörden nichts vorzuwerfen, dass eine bekannte, aber 1998 abgetauchte rechte Terrorzelle 13 Jahre lang unbehelligt in Deutschland Anschläge, Morde und Banküberfälle ausführen konnte. Man habe "seit jeher, egal ob Rechts- oder Linksextremismus, ob islamistischer Extremismus, ein sehr sorgsames Auge darauf", sagte er dem Deutschlandfunk, um zu belegen, dass man auf einem Auge nicht blind gewesen sei.

Bislang könne er keine "Defizite der kriminalpolizeilichen Arbeit" erkennen, er sei "natürlich sehr überrascht" von den neuen Kenntnissen über die rechte Terrorgruppe und damit offenbar auch, dass die in Deutschland gepflegte Ausländerfeindlichkeit, seit einigen Jahren im Gewand der so genannten "Islamkritik", in systematische Gewalt umschlägt. Aus dem Innenministerium, das von Herrmanns Parteikollegen Friedrich, dem auch der Verfassungsschutz untersteht, geführt wird, wurde noch vor kurzem versichert, es gebe in Deutschland keinen Hinweis auf Rechtsterrorismus (Bundesregierung hat nach dem Massaker in Norwegen keine Probleme mit islamfeindlichen Gruppierungen). Der Bundesgerichtshof teilt mit, dass die Gruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU), "aus einer fremden- und staatsfeindlichen Gesinnung heraus vor allem Mitbürger ausländischer Herkunft" töten wollte. Ausländerfeindlichkeit ist mörderisch, das weiß man allerdings schon nach den blutigen Angriffen der 90er Jahre.

Herrmann will nun wieder das Verbot der NPD trotz der weiterhin bestehenden, vom Verfassungsgericht gerügten Unterwanderung mit Verfassungsschutzspitzeln durchsetzen. Das folgt auch der Linie, die einst Strauß vorgegeben hatte, nämlich dass rechts von der CSU sich keine demokratische legitimierte Partei breit machen dürfe. Direkt mit der NPD war allerdings die Terrorzelle nicht verbunden, ob ein Verbot die Radikalisierung von Rechten verhindern würde, darf bezweifelt werden. Dass Herrmann die Verbotsforderung eher als Geste versteht, um zu zeigen, wie entschlossen und handlungsfähig man ist, kann man schon daran ableiten, dass er mit keinem Wort auf die Beendigung des Spitzelunwesens bei der NPD dringt, was eine Voraussetzung für die Verwirklichung eines Verbots wäre. Möglicherweise sind vielen Spitzel in der rechten Szene auch ein Grund dafür, warum man weniger genau hinsieht.

Immerhin stellte Herrmann dem Verfassungsschutz, vor allem dem in Thüringen, keinen Persilschein aus und bislang hat er auch in diesem Kontext gefordert, dass nun schnellstmöglich die Vorratsdatenspeicherung umgesetzt werden müsse. Verwundert reibt man sich aber die Augen, wenn nun der Innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, nicht nur die wiederkehrende Forderung nach einem NPD-Verbot kritisiert und vor schnellem Aktionismus warnt, sondern in einem Interview mit dem Deutschlandfunk gleichzeitig verlangt, dass die Verfassungsschutzbehörden finanziell besser ausgestattet werden sollen.

Die aber haben offenbar genug Geld, um eine unübersehbare große Gruppe an Spitzeln zu bezahlen, die anscheinend keine Informationen liefern, auch wenn es Verbindungen von Spitzeln mit der Terrorzelle gegeben hatte. Es ist aber auch, wenn es stimmt, dass bei der Terrorzelle "legale illegale Ausweise" gefunden wurden, nicht auszuschließen, dass es rechte Netzwerke gibt, die bis in den Verfassungsschutz reichen, schließlich ist es ja auch schön, wenn man als Rechtsextremer auf Kosten des Staats leben und weiterhin seinen politischen Zielen nachgehen kann. Offenbar gab es bereits 2001 den Verdacht, dass Beate Zschäpe, die nun Zuflucht bei der Polizei gesucht hat, Informantin des Verfassungsschutzes gewesen sein könnte. Timo B., der damalige Chef des "Thüringer Heimatschutzes", bei dessen Veranstaltungen die drei Rechtsterroristen vor ihrem Abtauchen teilnahmen, war seit 1994 ein V-Mann des thüringischen Verfassungsschutzes, wie sich 2011 herausgestellt hatte.

Anstatt also die Aktivitäten des Verfassungsschutzes in Thüringen und anderswo im Hinblick auf dunkle Verbindungen rigoros auszuleuchten und vor allem das Informantenunwesen zu überprüfen, kritisierte der SPD-Politiker, dass es nicht angehe, wenn den Verfassungsschutzbehörden die Mittel immer weiter gekürzt würden und gleichzeitig erwartet werde, dass sie "geradezu wundertätig unterwegs" seien. Und bei einer Reform der Nachrichtendienste geht es ihm anscheinend vor allem darum, den Informationsfluss zu verbessern, also "mehr Mitteilungspflichten und eine stärkere Mitteilungsintensität (...) im Kampf gegen Rechts" zu schaffen.