SPD konnte sich bei Ministerposten gut durchsetzen

Bis auf Heiko Maas als Justizminister soll es keine Überraschungen geben - und mehr als 90 Prozent der SPD-Anhänger glauben nach einer Umfrage, dass die Basis dem Koalitionsvertrag zugestimmt hat

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Natürlich war es ein schlechter Witz der SPD-Führung, wenn sie behauptet hat, dass die Besetzung der Ministerposten im Fall des Zustandekommens der Großen Koalition noch nicht beschlossen sei. Gerade war die Abstimmung der Basis zu Ende, sickerte die Liste durch. Naja, ein Leak gab es da wohl nicht, man müsste eher sagen, dass die Liste lanciert wurde. Die Union hält sich noch bedeckter. Gesetzt ist offenbar Wolfgang Schäuble als Finanzminister. Mit Finanzen, Inneres und Verteidigung behält die Union jedoch wichtige Ministerien.

Die SPD hat offenbar sechs Ministerien für sich reklamieren können, d.h. eines mehr als die FDP in der Vorgängerregierung. Interessant wird sein, ob die CSU oder die CDU einen Ministerposten verliert. Jedenfalls hat sich die SPD, wenn denn die Aufstellung stimmt, gut durchgesetzt. Sigmar Gabriel soll Vizekanzler und Wirtschaftsminister werden. Weil er Schäuble nicht verdrängen konnte, wird er Superminister und bekommt als früherer Umweltminister noch die Energie und damit die Energiewende dazu. Für den neuen Umweltminister, d.h. die neue Umweltministerin Barbara Hendricks, die SPD-Schatzmeisterin bleibt dann nicht mehr viel übrig.

Dass die Sozen den allseits beliebten Schröder-Mann Frank-Walter Steinmeier wieder auf den Stuhl des Außenministers setzen wollen, überrascht nicht, zeigt aber, wie schwer es ist, sich von der Vergangenheit zu lösen. Thomas Oppermann, der sich während der Koalitionsverhandlungen so in den Vordergrund gespielt hat, dürfte auch Anspruch auf ein Ministeramt angemeldet haben, soll aber nun den Fraktionsvorsitz übernehmen und anderen den Vortritt überlassen.

Dass Andrea Nahles Arbeits- und Sozialministerin und Manuela Schwesig Familienministerin werden soll, dürfte auch niemanden verwundern. Interessant wird aber sein, was dann Ursula von der Leyen machen wird. Bleibt eigentlich nichts anderes als das Gesundheitsministerium. Sonderlich glücklich dürfte sie darüber nicht sein. Eine Möglichkeit wäre auch das Bildungsministerium, Johanna Wanka ist hier ganz blass geblieben. Die einzige wirkliche Überraschung ist, dass der saarländische SPD-Chef Heiko Maas als Justizminister gesetzt ist. Weil er hier das Amt von Leutheusser-Schnarrenberger übernehmen würde, ist das für die Union auch nicht sehr schmerzvoll. Aber er könnte sich gleich als Schützer der Bürgerrechte beweisen und die Einführung der Vorratsdatenspeicherung wie seine Vorgängerin blockieren sowie überhaupt einen Gegenpart zum Innenminister spielen.

Man könnte sich vorstellen, dass Peter Altmaier Chef des Bundeskanzleramts wird, nachdem Ronald Pofalla, der sich vor allem bei der NSA-Affäre blamiert hat, nicht mehr will. Nachtrauern dürfte ihm niemand, abgesehen vielleicht von der Kanzlerin. Thomas De Maiziere dürfte weiter Verteidigungsminister bleiben. Wie es mit der CSU steht, ist offen. Sie dürfte jedenfalls Innen-, Verkehrs- und Landwirtschaftsministerium besetzen. Könnte gut sein, dass Seehofer dem glücklosen Friedrich durch Dobrindt ersetzt.

Nach dem aktuellen Politbarometer sind die Deutschen doch nicht mehr so von der Großen Koalition begeistert. 49 Prozent würden sie begrüßen, schlecht finden sie allerdings nur 33 Prozent. 63 Prozent der Unionsanhänger würden die Große Koalition finden, aber auch 57 Prozent der SPD-Anhänger. 92 Prozent der SPD-Anhänger glauben, dass die SPD-Mitglieder dem Koalitionsvertrag zugestimmt haben, 83 Prozent aller Befragten sagen dies auch. Die Basis könnte also noch für eine Überraschung sorgen, aber das ist wenig wahrscheinlich.