Schlechte e-Gewohnheiten an der Wurzel bekämpfen

Eine amerikanische Initiative, um den Kindern im Computer- und Internetzeitalter Moral zu lehren

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Im letzten Jahr hatte die Generalstaatsanwältin Janet Reno die Initiative nach den DDoS-Angriffen auf einige kommerzielle Websites schon angekündigt. Jetzt haben das Justizministerium, das FBI und die Information Technology Association of America (ITAA) Cybercitizen Partnership gestartet, um vornehmlich den Kindern und Jugendlichen die richtige Moral im digitalen Zeitalter zu lehren: "Draw the Line Online!"

Reno sagte bei der Ankündigung, dass es vor einem Jahrzehnt Cyberkriminalität und Cyberterrorismus nur in Hollywoodfilmen gegeben habe, dass diese aber heute wirkliche Gefahren darstellen: "Wir dürfen nicht zulassen, dass der Cyberspace zum Wilden Westen des Informationszeitalters wird."

Besonders fortschrittlich klingt das Motto nicht, wenn es da heißt, dass Cyberethik bedeutet, alte Werte auf ein neues Medium zu übertragen. Zumindest ist man eine so konservative Haltung ansonsten nicht gewohnt. Wenn vornehmlich die Eltern ihren Nachkommen beibringen sollen, wie diese "verantwortliche Cybercitizen" werden sollen, dann gibt es dazu ganz im Sinne des Edutainment nicht nur ein Quiz, bei dem solche Fragen wie "Ist es illegal eine Website zu entstellen?" gestellt werden, sondern dann soll den Eltern wohl auch durch einen Spruch geholfen werden: "Surfe wie ein Held, nicht wie eine Null!" Das werden sich cyberethisch braven Kids wohl gleich zu Herzen nehmen.

Neben der Website und der Aufforderung an die Eltern will man mit Seminaren und Unterrichtsmitteln auch die Lehrer gewinnen, den Kindern beizubringen, dass Cybervandalismus auch nicht besser ist als das Anbringen von Graffitis und dass der Schritt in die Kriminalität schnell gemacht ist. Das große Problem nur ist angeblich, dass die Kinder bislang meinen, im Cyberspace alles machen zu können. Als besonders erschreckend wird auf der Website herausgestellt, dass aufgrund einer kürzlich durchgeführten Befragung von Schülern fast die Hälfte Cracken nicht als Verbrechen ansieht. "Schlechte e-Gewohnheiten", so kann man auch lesen, beginnen bekanntlich schon in einem frühen Alter. Beunruhigend sei, dass "schlechtes Verhalten zunimmt und Cyberkriminalität die Online-Gemeinschaft wie niemals zuvor überschwemmt."

Möglichst anschaulich will man den Kindern vermitteln, wieso sie im Internet das nicht machen sollen, was sie im wirklichen Leben auch nicht dürfen, also dass im Cyberspace dieselben Gesetze gelten. Hatte man früher eher die Angst geäußert, dass die Menschen nicht mehr zwischen dem Realen und dem Virtuellen unterscheiden können, so sollen sie das jetzt also nicht mehr, nachdem das Internet zu einem wesentlichen Bestandteil des Alltagslebens geworden ist. Michael Vatis vom National Infrastructure Protection Center des FBI macht das so deutlich: "Glaubt ihr, dass es ok ist, wenn ihr loszieht und mit Sprühdosen das Haus des Nachbarn oder den Laden um die Ecken anmalt? Bei einer Website ist es genau dasselbe: Das ist das Schaufenster oder die Verlängerung von Jemanden." Vatis spricht von "extension", also von dem, was auch für McLuhan das entscheidende Merkmal der Technik war.

Verboten ist gar viel. Man soll nicht Computer nutzen, um anderen Menschen Schaden zuzufügen, sie bei ihrer Computerarbeit stören oder in ihren Dateien herumschnüffeln. Im Sinne der Partnerschaft mit der Industrie ist natürlich der Schutz des Eigentums ganz zentral, also dass die Kinder keine proprietäre Software benutzen, für die sie nicht bezahlt haben, oder sich fremdes geistiges Eigentum aneignen. Da wird denn auch nicht unterschieden zwischen einer privaten oder einer kommerziellen Nutzung, sondern nur gesagt, dass Menschen für die Herstellung geistigen Eigentums wie Musik oder Bücher hart arbeiten mussten. Online würden sich Menschen unbeobachtet und anonym fühlen und deswegen Dinge machen, die sie sonst nicht machen würden, weil sie wissen, dass sie falsch sind.

Jugendliche Hacker würden nicht nur, wie Vatis klagt, knappe Ressourcen beanspruchen, wenn die Strafverfolgungsbehörden nach den Verantwortlichen für einen Angriff suchen, schließlich könne man nicht ohne weiteres unterscheiden, ob dieser nicht auch von Terroristen oder vom Militär anderer Länder ausgeführt wurde. Und auch bei den Jugendlichen könne jeder sehen, wie gefährlich und teuer ihre Aktionen sein können, auch wenn sie nicht bewusst kriminell handeln, sondern sich nur daneben benehmen wollen.