Schlechtes Forschungsmaterial

Für die vielversprechende Forschung mit Stammzellen fordert Austin Smith vom britischen Centre of Genomic Research eine gesetzliche Grundlage und bessere Embryonen

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Das Centre for Genomic Research an der Edinburgh University will zwar in seinem umstrittenen, vom Europäischen Patentamt angeblich versehentlich bewilligten Patent ausschließen, dass es sich auch auf menschliche Embryonen erstreckt, aber natürlich weiterhin mit menschlichen embryonalen Zellen experimentieren. Stammzellen, die Embryonen entnommen werden, könnten dazu dienen, Zellgewebe oder auch ganze Organe zur Transplantation zu züchten (Patent auf menschliche Embryonen entschärft). Aber für eine erfolgreiche Forschung brauche man Embryonen von besserer Qualität als bisher, sagte der Leiter der Forschungsabteilung für Stamzellentherapie.

Nachdem bereits erste Erfolge mit der Züchtung von Stammzellen gelungen sind und ein entsprechendes Verfahren zur Herstellung bestimmter Zellen natürlich ein großes Geschäft zu werden verspricht, tritt ein Problem auf: eine ausreichende Versorgung der Wissenschaftler mit Embryonalzellen. Zwar könnte es auch möglich sein, aus Stammzellen, die man dem Körper von Erwachsenen entnimmt, Zellgewebe zur Transplantation zu züchten, aber embryonale Zellen haben wahrscheinlich den Vorteil, sich prinzipiell zu allen Zellarten entwickeln zu können.

In Großbritannien steht vermutlich, um den biotechnologischen Standort im Wettbewerb um die vielversprechende Anwendung zu sichern, ebenso wie in den USA eine Lockerung der Forschung an menschlichen Zellen an, die Embryonen entnommen werden (Therapeutisches Klonen von menschlichen Stammzellen). Während das sogenannte therapeutische Klonen also gefördert werden soll, bleibt das reproduktive Klonen verboten. Man will nicht in der Forschung gegenüber anderen Ländern zurückfallen, schließlich ist Biotechnik neben der Computertechnik einer der wichtigsten Innovationsbereiche in der Wissensgesellschaft. Bislang werden die für die Experimente benötigten Zellen Embryonen entnommen, die für die künstliche Befruchtung erzeugt und nicht gebraucht wurden.

In Großbritannien dürfen menschliche Zellen aus Embryos bislang nur für die Erforschung von Reproduktionskrankheiten gezüchtet werden. In der Genehmigung, die das Centre of Genomic Research von der Human Fertilisation and Embryo Authority erhalten hat, steht allerdings, dass als Nebenprodukt der Forschung auch das Wissen entstehen könne, wie man Zellen für Transplantationen züchten kann. Das hat es dem Centre erlaubt, seit 1996 mit embryonalen Stammzellen zu forschen, auch wenn das möglicherweise am Rand des eigentlich gesetzlich Erlaubten stattfindet.

Austin Smith vom Centre fordert jetzt nicht nur, dass die Forschung an menschlichen Embryonalzellen explizit erlaubt werden soll, sondern beklagt sich auch über eine weitere Beschränkung der Forschung, wie er dem Guardian sagte. Die Zellen, die man bislang erhalte, seien für die Forschung nämlich nur wenig geeignet, weil sie von überschüssigen befruchteten Eiern oder Embryonen für die In-vitro-Fertilisation stammen: "Die meisten der befruchteten Eier oder Zellenpaare, die wir erhalten, können sich gar nicht entwickeln. Sie teilen sich vielleicht einmal oder zwei Mal und dann ist alles zu Ende. Wir beginnen mit einer Population, die wegen ihrer Fruchtbarkeitsprobleme ausgewählt wurde ... Wir erhalten die schlechteste Auswahl, die möglich ist."

Smith kritisiert, dass nicht einmal ein Vorschlag diskutiert werde, der es auch anderen Frauen und Paaren erlauben würde, für diese Forschung an Stammzellen Eier oder Embryos zu spenden. Für Smith wird gegenwärtig die Diskussion vom Thema des Klonens von Menschen abgelenkt, das noch weit jenseits der Möglichkeiten liege, aber auch von der emotionalen Bedeutung, die das Wort Embryo enthält. Smith glaubt, die Öffentlichkeit verstehe nicht, dass man zur Forschung an Stammzellen nur einen "Ball von 100 Zellen" benötigt. "Eine gesetzliche Veränderung, ein positives Signal von der Regierung und hoffentlich eine positive Berichterstattung in den Medien könnte die Menschen dazu ermutigen, mehr Embryos für diese Forschung zu spenden, als dies bisher der Fall gewesen ist. Und wenn mehr Menschen forschen, dann könnte die Gesamtzahl der verfügbaren guten Embryos die Erfolgsaussichten steigern ... Im Augenblick müssen wir akzeptieren, was wir erhalten. Wir haben keinen Zugang zu guten Embryos, die nur weggeworfen werden."

Auch hier beginnt also wieder einmal die Diskussion, ab wann menschliches Leben geschützt werden soll und muss. Man darf erwarten, dass angesichts der medizinischen Möglichkeiten, die aus der Forschung an Stammzellen entstehen könnten, und natürlich auch angesichts der wirtschaftlichen Aussichten die noch bestehenden Beschränkungen aufgelöst werden. Ob Deutschland mit dem besonders strengen Embryonenschutzgesetz eine Insel bleiben kann und soll, wird auch hier noch zu Diskussionen führen, die nicht allein stets mit dem Verweis auf Eugenik und Nationalsozialismus abgewürgt werden sollten. Allerdings wird man annehmen dürfen, dass die Äußerungen von Smith für weitere Aufregung sorgen dürften.