Schnell ein Flashfile schicken ...

Axel treibt mich in den Wahnsinn

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Ich höre ihn noch ganz deutlich. "Schick mir das einfach als Mail" hat er gesagt. Wie konnte er nur. Man weiß doch, dass der liebe Gott verschiedene Mailformate nur erfunden hat, um die Langmut seiner Gemeinde hart auf die Probe zu stellen.

Es fing eigentlich ganz harmlos an. Ich habe da einen Bekannten, der in vollkommener Verkennung der Dinge Computer immer noch für ein Stück Lebenserleichterung hält. Dabei sage ich ihm immer, er soll mit dem Schwarztee-Saufen aufhören. Das verblödet ihn noch ganz. Sei es drum: Frühling, Euphorie und das dringende Bedürfnis, ein Internetprojekt einfach fertig zu stellen, so fing das bei ihm an. Es fehlte also neulich noch ein Stück Multimedia auf dieser Website. Keine Affäre, da nimmt man das Tool "Flash" für, hat er sich von irgend jemandem sagen lassen. Es gab da einen Entwurf auf einer anderen Festplatte als seiner. Ich sage noch, Junge, so einfach wird das nicht, aber Axel - nennen wir ihn einfach mal so - lachte, schmiss sich eine weitere Tasse Assam Broken First Flush hinter die Binde und ging ans Werk.

"Schick mir das einfach als Mail". Drei Stunden Warten und 2 Minuten Downloadzeit später. Da war es auch schon da. Mensch, ist das Internet doch ein Segen für die Menschheit. Leider steckt der Teufel bekanntermaßen immer im Detail. Da isser drin und grinst. Das war nämlich nicht das Basisfile - unter Kennern: file.fla -, sondern der Film - vulgo: file.swf -, und da lassen sich manche Dinge nicht drin machen. Also ein zweites Mail: "Bitte das fla-File an mich schicken". Axel, lass es. Bitte...

Hier kehrt langsam der Wahnsinn ein. Warum ist man auch nicht Buchdrucker geworden?

So ein Mensch denkt, und wenn er denkt, macht er Fehler. Zum Beispiel den, das fla-File erst einmal zu komprimieren, damit er geringere Übertragungszeiten hat. Das macht ein MAC-Mensch mit "Stuffit" ... und das kann ein WINDOWS-Mensch nicht per "WinZIP" dekomprimieren. Aber das soll ja nicht das Problem sein. "Bitte schicke mir eine Version, die ich ohne Stuffit öffnen kann. Der denkende Mensch von vorhin übersetzt "ohne Stuffit" mit "selbständig" und packt das FLA-File in ein selbstentpackendes SEA-File, das Apple-User glückselig machen kann, allerdings WINDOWS-User zuweilen kalt lässt. Luftholen. Mitgekommen? Axel jedenfalls nicht. Dreimal hab ich ihm das erklärt. Half nix.

Denn das SEA-File kam "geschrottet" und ohne Chance auf Öffnung bei ihm an. Kein Problem. L-L-Locker bleiben. Vor allem im Morgengrauen krakelt Axel die höflichsten Mails. "Würde es Dir was ausmachen, das File einfach zu ZIPPEN, Du verblödete Pappnase". Nun, manchmal hilft der direkte Ton im Umgang miteinander weiter. Stunden später kam das ZIP-File an, hatte im Header "Ich kündige" stehen und den Hinweis, dass der Mensch ein ZIP-Programm für den MAC im Internet gefunden habe. Das nenne ich Einsatz. Axel auch.

Also fröhlich noch vor dem Frühstück dekomprimiert und das FLA-File aufgerufen ... welches Wort fängt auch mit "de" an? Richtig. DEprimiert musste Axel feststellen, dass das dekomprimierte File nun erst recht nicht zu öffnen war. Das muss irgendwie an den ZIP-Daten liegen, wenn sie über einen MAC verschickt werden. Ein interessantes Problem. Wir sollten Geiseln nehmen.

Gut. Luft. Mama. Ich bringe jeden um, der im Leben noch einmal das Wort "Komprimierung" auch nur andenkt. Also Axel noch einmal erklärt, woran das alles scheitert. Nein, danke, jetzt bitte keinen Schwarztee. Krieg ich Blähungen von.

Die einfachen Dinge fallen einem immer am Vormittag ein. "Bitte schicke mir das FLA-File UNKOMPRIMIERT an meine Büroadresse." Das tut der Mensch auch. Allerdings hatte ich vergessen, dass die Firewall von Axels Büroserver MAC-Dateien nicht durchlässt, wenn sie ein Attachment haben, um was gegen Viren zu machen - sagt der Systemoperator, auch so ein Mensch. Das Mail kommt mit einer kryptischen Zahlenflut an. Na und? Karthago wurde auch nicht an einem Tag dem Erdboden gleichgemacht.

Gut. Ganz anders. Diskette. Ein reitender Bote ist unterwegs. Der Fahrradkurier. Das Internet ist ein Scheiß. Es klingelt: Frohe Kunde, die Diskette ist da .... Schreib- und Lesefehler ... Schrbundlsffffffgnnnn.

In solchen Augenblicken wird es unglaublich still in einem. So still, dass man das Geräusch eines aufklatschenden Bildschirms noch 20 Meter vor dem Fenster entfernt hört. Axel hatte sich längst hysterisch kichernd mit einem Räucherstäbchen in die Besenkammer zurückgezogen. Aber man gibt ja ungern auf. Jetzt nicht, nicht so.

Dann eben nicht, dann eben ganz anders. "Bitte eine CD brennen". Aha, danke für das Mail. Ihr habt keinen Brenner und, nein, wir haben keine ZIP-Laufwerke, wir haben Internet. JAZ scheidet auch aus, der Praktikant hat einen MP3-Player, aber das ist mein letztes Wort. Inzwischen herrscht purer Krieg. "Leg Dir doch eine Hotmail-Adresse zu und schick mir die Daten darüber." "Was heißt hier 'Microsoft-Jünger', Du halbtransparente Apfelnulpe?" "Fensterschwuchtel!" "Nein, LINUX ist was für VERSCHWITZTE KAROHEMDENTRÄGER!!!"

Um die Geschichte ein wenig abzukürzen und nichts über die folgende Gruppentherapie mit anschließendem Ausdruckstöpfern zu erzählen: Wir haben uns für pures HTML entschieden. Ist ja auch browserkompatibel. Flash per Mail ist was für Stöfchenanzünder.