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Schoigu-Anruf: Russland warnt Frankreich, Truppen in Ukraine zu schicken

In Paris sieht jemand die Fernsehübertragung, bei der Sergei Schoigu der Rede vom russischen Präsident Wladimir Putin am 21. Februar 2023 zuhört

In Paris sieht jemand die Fernsehübertragung, bei der Sergei Schoigu der Rede vom russischen Präsident Wladimir Putin am 21. Februar 2023 zuhört. Bild: Hadrian / Shutterstock.com

Russischer Verteidigungsminister droht Paris mit Reaktion. Aber signalisiert auch Verhandlungsbereitschaft. US-Militärstratege fordert hingegen Nato-Truppen.

Das russische Verteidigungsministerium gab bekannt, dass der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu seinen französischen Amtskollegen Sébastien Lecornu in einem Telefongespräch vor den Problemen gewarnt hat, die Frankreich bei der Entsendung von Truppen in die Ukraine begegnen könnten.

Diese Information wurde durch die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti verbreitet [1].

Moskauer Anschlag und Ukraine-Krise

Das Gespräch zwischen Schoigu und Lecornu fand auf dringenden Wunsch der französischen Seite statt. Schoigu betonte, dass der Moskauer Terroranschlag vollständig untersucht werden würde, um die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen.

Er äußerte außerdem die Hoffnung, dass die französischen Geheimdienste nicht in Aktionen des Kiewer Regimes verwickelt sind, welches laut Schoigu ohne Zustimmung seiner westlichen Unterstützer keine Schritte unternimmt. Russland beschuldigt die Ukraine, in den Anschlag involviert gewesen zu sein, Beweise dafür sind bisher dafür nicht vorgelegt worden.

Bereitschaft zu Friedensinitiative für die Ukraine

Beide Minister betonten ihre Bereitschaft zum Dialog über die Situation in der Ukraine. Das russische Verteidigungsministerium wies darauf hin, dass die Friedensinitiative, die 2022 in Istanbul entwickelt wurde, als Grundlage für Gespräche dienen könnte. Zudem wurde betont, dass ein Gipfeltreffen in Genf ohne russische Beteiligung keinen Sinn hätte.

Der Standpunkt Moskaus

Moskau hat wiederholt seine Bereitschaft zu Gesprächen bekundet, während die ukrainischen Behörden gesetzlich solche Gespräche verboten haben. Der Kreml hat kritisiert, dass der Westen Kiews ständige Ablehnung des Dialogs ignoriert und betonte, dass die Erreichung der Ziele der Sonderoperation für Russland höchste Priorität hat, welche derzeit nur militärisch möglich erscheint.

Der russische Präsident Wladimir Putin forderte, dass, wenn Kiew einen Dialog wünscht, das Dekret, das Verhandlungen mit Russland verbietet, aufgehoben werden sollte. Putin erklärte, dass Russland nie gegen eine friedliche Lösung des Konflikts gewesen sei, vorausgesetzt, dass Russlands Sicherheitsgarantien beachtet werden.

Konservativer US-Militärexperte fordert Nato-Truppen

In den USA argumentiert Edward Luttwak [2], konservativer Militärstratege sowie ehemaliger Berater von US-Regierungen und der Nato, auf der Medienplattform Unherd, dass die Nato Truppen in die Ukraine schicken müsste, da Kiew die Soldaten ausgingen.

Die Gesamtzahl der ukrainischen Streitkräfte belaufe sich auf weniger als 800.000 aktive Soldaten. Russland sei dem zahlenmäßig weit überlegen.

Die Arithmetik ist unausweichlich: Die Nato-Länder müssen bald Soldaten in die Ukraine entsenden, sonst wird man eine katastrophale Niederlage erleben. Die Briten und Franzosen sowie die nordischen Länder bereiten sich bereits in aller Stille darauf vor, Truppen zu entsenden – sowohl kleine Eliteeinheiten als auch Logistik- und Unterstützungspersonal –, die weit von der Front entfernt bleiben können.

Die westlichen Einheiten könnten die Ukraine dabei unterstützen, Soldaten für Kampfeinsätze zu trainieren, und dem Militär bei der Reparatur von militärischer Ausrüstung helfen. Es bestehe auch keine Gefahr, da man nicht direkt kämpfen müsse.

Gefährliches Szenario, das im Atomkrieg enden könnte

Luttwak hält bei dem Szenario einen Zusammenstoß zwischen russischen und Nato-Truppen für nicht gegeben, im Gegensatz zu anderen Experten, die davor warnen [3]. Zudem stellt sich die Frage, ob Ausbildung und Reparaturdienste abseits der Front ausreichen, um das grundlegende Streitkräfte-Problem der Ukraine auf dem Schlachtfeld zu lösen.

Zudem sieht Luttwak in den Warnungen Moskaus, im Zweifelsfall taktische Nuklearwaffen einzusetzen, keinen Hinderungsgrund, westliche Streitkräfte in die Ukraine zu schicken. Die Warnung hätte sich nur auf den Fall bezogen, "wenn die Existenz des Staates selbst bedroht ist – also durch eine entsprechende nukleare Bedrohung."

Ob die russische Führung das genauso sieht und interpretiert wie Luttwak und andere, die für den Einsatz westlicher oder Nato-Truppen in der Ukraine votieren, steht auf einem anderen Blatt. So oder so ist es ein gefährliches Spiel mit dem Feuer angesichts der Risiken einer atomaren Eskalation.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-9675153

Links in diesem Artikel:
[1] https://ria.ru/20240403/peregovory-1937718100.html
[2] https://unherd.com/2024/04/its-time-to-send-nato-troops-to-ukraine/
[3] https://www.telepolis.de/features/Der-letzte-Versuch-der-Europaeer-den-Sieg-fuer-die-Ukraine-zu-erringen-9644037.html?seite=all