Seltsame Dinge im Hexenwald

"Blair Witch 2" kann an den Vorgänger "Blair Witch Project" nicht heranreichen

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Aller guten Dinge sind Drei - wollen wir zumindest mal hoffen. Teil 2 ist nämlich für die zahlreichen Fans des "Blair Witch Project" eine herbe Enttäuschung, wenngleich der Film selbst ein durchaus ordentlich gemachter und bisweilen sogar recht spannender Horrorstreifen ist. Aber der ungewöhnliche Reiz des ersten Films, der, als vermeintlich echtes Video-Dokument getarnt, eine seltsame Spukgeschichte erzählte (Interview mit Eduardo Sanchez über den Film "Blairwitch Project"), stellt sich leider zu keinem Zeitpunkt ein, obwohl Regisseur Joe Berlinger in den USA ein bekannter und mehrfach preisgekrönter Dokumentarfilmer ist.

So rutschte dann auch "Blair Witch 2" (BW2) nach dem Start in den USA bereits in der zweiten Woche vom ersten zurück auf den fünften Rang der Kinohitparade. Und auch die aufgeregten Debatten, die die erste Folge schon vor dem Kinostart im Internet auslöste und die mit eine Ursache seines weltweit 230-Millionen-Dollar-Erfolges gewesen sind, sucht man vergeblich.

Zwar verspricht die offizielle Netzseite alle möglichen "aktuellen" Enthüllungen über einen gar finsteren Serienmörder, der irgendwie in die erzählte Hexengeschichte involviert ist, doch wer es glaubt, wird selig. Oder greift besser gleich alternativ zum mittlerweile ebenfalls veröffentlichen Blair-Witch-PC-Spiel.

Daher scheint es fast schon konsequent, dass der Regisseur auf die ach so authentischen Video-Wackelbilder des ersten Teils nur in den Anfangssequenzen zurückgreift. In ihnen wird scheinbar seriös berichtet, wie sich der Erfolg des Films auf den Drehort, das Provinzkaff Burkittsville, ausgewirkt hat, wie die Bewohner von Kamerateams und Fans belagert worden sind und wie sich ein wahrer Devotionalienhandel um die Dorf-Hexe entwickelt hat.

Leider wird dabei vornehm verschwiegen wird, dass die realen Einwohner das Filmteam von BW2 in Wirklichkeit arg unfreundlich aufgenommen haben. Sie befürchteten nämlich nicht ganz zu Unrecht, dass ihr Ort nun endgültig als blutrünstiges Horrorkaff nicht nur in die Filmgeschichte eingehen würde. Und blutrünstig geht’s es im zweiten im Unterschied zum ersten Teil tatsächlich auch alsbald zur Sache.

Im Mittelpunkt steht eine Gruppe junger Leute, die sich in einem Internet-Chatroom kennengelernt hat und die nun unter der Leitung des ortskundigen Videofilmers Jeffrey (Jeff Donovan) auf einer Blair Witch Hunt die Spuren der Hexe von Burkittsville und der merkwürdigen Geschehnisse des Jahres 1994 (auf denen Teil 1 basiert) verfolgen will.

Schon in der ersten Nacht im Hexenwald geschehen seltsame Dinge, und als das Quintett am nächsten Morgen aufwacht, fehlt ihm in der Erinnerung fünf Stunden. Auch die Videokameras, die die ganze Nacht lang gelaufen sind, sind verschwunden, doch dann tauchen plötzlich die Filme wieder auf. In Jeffreys Wohnung, einer Mischung aus Lagerhalle und Spukschloss, schauen sie sich anschließend die Bilder an, entdecken darauf gar schreckliche Dinge - und danach wird gemetzelt.

Der Regisseur greift dabei in das altbewährte Arsenal aus der Horrorkiste, zeigt Ritualmorde, präsentiert Geister und andere mysteriöse Erscheinungen - und lässt völlig offen, ob die Bilder real oder nur in der Phantasie seiner Protagonisten existieren. Denn BW2, das verriet Joe Berlinger in einem Interview, sei nämlich auch ein Film, der die aufgeregte Diskussion über Gewalt, die durch Medienkonsum vermeintlich ausgelöst werde, in einer Mischung aus Horrorfilm und Krimi thematisiere. Also in diesem Fall am Beispiel der fünf Blair-Witch-Fans, die sich in die teuflische Welt ihres Lieblingsfilms hinein phantasieren und dadurch womöglich selbst zum Mörder werden.

Ein gewiss hehrer Anspruch, der allerdings in dem finalen Hexenspektakel nur schwer zu entdecken ist. Aber am letzten Teil dieser Trilogie wird ja schon gearbeitet, und aller guten Dinge sind bekanntlich Drei.