Spam vom Kanzler

Ein unbekannter Spammer nimmt die österreichische Politik aufs Korn

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Eine Serie von Emails überflutet derzeit die elektronischen Briefkästen im Nachbarland Österreich. Als Absender scheinen der Kanzler, der Finanzminister und Justizbeamte auf. Sie fordern zur Unterzeichnung von Volksbegehren auf, empören sich über Vorsteuerbetrug oder über zu lange Sommerferien für Politiker in der Alpenrepublik.

"Sehr geehrte Österreicherinnen und Österreicher! Als Bundesminister für Finanzen unserer Republik fällt es mir nicht leicht ansehen zu müssen wie erhebliche Steuergelder verwendet werden für 'absolut fragwürdige' militärische Ankäufe in Milliardenhöhe. An dieser Tatsache können auch miteingebundene Kompensationsgeschäfte, nicht wirklich wesentliches ändern. Als Österreicher stehe ich an der Seite einer Mehrheit von Staatsbürgern die den Ankauf von Abfangjägern zum jetzigen Zeitpunkt aus volkswirtschaftlichen Gründen ablehnen." Absender: Karl Heinz Grasser, österreichischer Finanzminister.

Der wusste freilich nichts von derartigen Aussagen zu dem von seinem Parteifreund und derzeitigem Verteidigungsminister Herbert Scheibner geplanten Ankauf von Abfangjägern. Grassers Pressesprecher musste gleich zweimal dementieren, zumal der bislang unbekannte Scherzbold es nicht bei einer Mail im Namen des Finanzministers bewenden ließ.

Seit Anfang Juli wurden insgesamt vier Fakes mit offiziellem Anstrich versandt. Sogar Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) musste als Versender herhalten. Jüngster Streich: Ein Spam-Mail mit dem Betreff "Volksbegehren gegen den Vorsteuerbetrug". Dazu das Justizministerium:

"In den letzten Tagen wurden viele Österreicher mit E-Mails belästigt, (...) unter dem Absender 'max.ortner@bmj.gv.at' (...) Diese Mails kommen nicht aus dem Bereich der österreichischen Justiz, wie der gefälschte Absender glauben machen will, sondern werden offenkundig aus Brasilien verschickt."

Auch in den anderen Fällen führt eine Spur nach Brasilien. Medienberichten zufolge geriet der österreichische Steuerflüchtling Werner Rydl, seit einigen Jahren brasilianischer Staatsbürger, in Verdacht, Urheber der Hoax-Mails zu sein. Der verwahrte sich indes gegen die Vorwürfe. Auch der echte Initiator eines Anti-Abfjangjäger-Volksbegehrens Rudolf Fußi will mit der Sache nichts zu tun haben.

Wie auch immer, die betroffen VP- und FP-Politiker ärgern sich über diesen bösen Scherz im Sommerloch, die Staatsanwaltschaft ermittelt - und viele regierungskritischen Österreicher amüsieren sich ...