Speed Matters VII

In nur einem Tag und damit rekordverdächtig schnell haben amerikanische Wissenschaftler das Genom eines gefährlichen Bakteriums sequenziert

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Gerade einmal in einem Tag und damit rekordverdächtig haben Wissenschaftler am Joint Genome Institute (JGI) des amerikanischen Energieministeriums und des Baylor College of Medicine, beide auch am internationalen Human Genome Project beteiligt, das Genom eines Bakteriums sequenziert.

Dabei handelt es sich um Enterococcus faecium, ein an sich normalerweise relativ harmloses Bakterium, das jedoch vornehmlich in den Krankenhäusern eine Resistenz gegen Antibiotika entwickelt hat und zu einer der häufigsten Ursache von Infektionen in Krankenhäusern wurde. In manchen Fällen können die Infektionen auch lebensgefährdend sein, besonders bei Patienten, die unter einer Immunschwäche leiden. Schon 1989 wurden Bakterien dieser Art entdeckt, die nicht nur gegen Penicillin resistent waren, sondern auch gegen das Antibiotikum Vancomycin, das letzte Mittel, zu dem man greift. Deswegen werden diese Bakterien auch als "Superbugs" bezeichnet. Zwischen 1989 und 1993 sind die Fälle mit Infektionen durch Enterococcus-Bakterien, die gegen Vancomycin resistent sind, um das Zwanzigfache angewachsen. Man nimmt an, dass für die Entwicklung der Resistenz bestimmte Proteine verantwortlich sind, die durch neue Gene erzeugt werden. Mit der Sequenzierung des Genoms erhofft man sich neue Erkenntnisse über Möglichkeiten, die Bakterien wirksamer bekämpfen zu können. Zunächst aber müssen erst einmal die angenommenen 3000 Gene lokalisiert werden.

Natürlich aber dient dieser Geschwindigkeitsrekord auch dem Nachweis, dass die mit öffentlichen Geldern geförderte Wissenschaft durchaus noch mit der Privatwirtschaft konkurrieren kann. Bei der Sequenzierung des menschlichen Genoms ist es zwischen dem internationalen Human Genome Project und vor allem der Firma Celera zu einem Konflikt gekommen, bei dem es nicht nur darum geht, wer schneller das menschliche Erbgut analysiert, sondern auch, welche Methode genauer ist und wie die Sequenzierungsdaten veröffentlicht werden.

So verweist das Joint Genome Institute auch darauf, dass man erst vor drei Wochen eine vorläufige Version der Chromosomen 5, 16 und 19 des menschlichen Genoms fertiggestellt habe - und dass man eben das ganze Genom eines Bakteriums mit 2,8 Millionen Basenpaaren jetzt in nur einem Tag sequenzieren konnte. Stolz meint Elbert Branscomb, Direktor des JGI: "Ich habe schon immer gesagt, dass wir an einem Tag ein Bakterium sequenzieren können. Als ich gefragt wurde, ob wir bei der Arbeit an diesem Krankheitskeim mithelfen könnten, haben wir die Chance ergriffen, um sowohl unsere Leistungskraft zu demonstrieren, als auch der medizinischen Gemeinschaft einen nützlichen Dienst zu erweisen." Und auch der Energieminister Bill Richardson ergriff die Gelegenheit, um wohl mit einem Seitenblick auf die privatwirtschaftliche Konkurrenz zu sagen: "Diese neue Möglichkeit, schnell die DNA von Mikroorganismen zu sequenzieren, kann dafür eingesetzt werden, um den Wissenschaftlern eine gewaltige Menge grundlegender Daten über das Leben und die Welt der Bakterien zu geben."

Bakterien sind schließlich nicht nur Krankheitserreger, die man bekämpft, sondern auch in Zukunft immer wichtigere und damit kommerziell interessante Arbeitskräfte, die - gentechnisch verändert - beispielsweise zur Beseitigung von Umweltgiften oder zur Herstellung bestimmter Produkte eingesetzt werden können.