Spuren aus der biogeologischen Geschichte der Erde

Wissenschaftler entdeckten die bislang ältesten Ölfunde und konnten erstmals geologisch den plötzlichen Anstieg von Sauerstoff in der Atmosphäre nachweisen

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Die bislang ältesten Erdölrückstände in Steinen haben australische Wissenschaftler gefunden. Da Öl aus den Kohlestoffverbindungen von Organismen entsteht, könnten die Bakterien, aus denen sich das Öl gebildet hat, vor 3,2 Milliarden Jahren mit zu den ersten Bewohnern der Erde gehört haben, die in großen Massen existiert haben. Erstmals konnten auch geologische Spuren von Sauerstoff, der vor über 2,5 Milliarden Jahren sich auch dank der Tätigkeit von Cyanobakterien in der Atmosphäre angereichert hat, entdeckt werden.

Birger Rasmussen von der University of Western Australia und Roger Buick von der University of Sydney, die den Öl-Fund in einem Artikel der Zeitschrift Geology beschrieben haben, gehen davon aus, dass Erdöl heute in einigen Schloten im Meer, bei denen organische Sedimente schnell von hydrothermalen Strömungen erfasst werden, gebildet wird. Der Großteil des Erdöls trete ins Meerwasser ein, manche der Hydrokarbonate würden aber auch etwa in Form von flüssigen Einschlüssen in den hydrothermalen Niederschlägen zurückbleiben.

Allerdings hatte man solche geologischen Spuren der Erdölbildung noch nicht gefunden. Die beiden Wissenschaftler haben aber jetzt im Pilbara-Krater Erdöl als flüssige Einschlüsse in hydrothermalen Barit in einer über 3,2 Milliarden Jahre alten vulkanischen Sulfidablagerung gefunden, die sich einer Schwefelquelle verdankt. Das weist darauf hin, dass zu dieser Zeit Erdöl gebildet wurde, das möglicherweise als Energie- und Kohlenstoffquelle für extremophile Bakterien gedient haben könnte, die in solchen heißen Schwefelquellen am Meeresgrund gelebt haben. Die kleinen, nur einen hundertstel Millimeter großen Tröpfchen sind mindesten 250 Millionen Jahre älter als Funde, die vor zwei Jahren von denselben Wissenschaftlern gemacht wurden. Bislang stammten die ältesten Ölfunde aus der Zeit vor 1,5 Milliarden Jahren. Man geht davon aus, wobei sich das immer weiter nach vorne verschiebt, dass die ersten Zellen vor 3,5 bis 3,8 Milliarden Jahren existiert haben.

Doch weil es Öl bereits zu dieser frühen Zeit gegeben hat, sind möglicherweise auch die Meere dichter als man bislang angenommen hat, bevölkert gewesen, denn Öl bildet sich durch die Kohlenstoffverbindungen, die von Lebewesen stammen. Die Wissenschaftler hoffen jetzt, durch eine genauere Analyse der Öltröpfchen genauere Informationen über die frühe Biosphäre im Meer zu erhalten. Insbesondere suchen sie nach chemischen Verbindungen der Mikroorganismen, aus denen sich das Öl gebildet hat. Schwefelquellen am Meeresgrund gelten als Orte, an denen es zuerst Leben gegeben haben könnte.

Schon länger bekannt ist aus indirekten Hinweisen, dass zwischen 2,1 und 2,5 Milliarden der Sauerstoffgehalt in der Erdatmosphäre stark angestiegen ist. Erkennen ließ sich dies aus über 2 Milliarden Jahren alten Eisenablagerungen, die aufgrund des Sauerstoffes oxidierten. Ein großer Teil dieses Sauerstoffes wurde vermutlich von Cyanobakterien produziert, die es etwa seit mindestens 3,5 Milliarden Jahren gibt (Bakterienkolonien und kollektives Gehirn). Solange zurück kann man deren Spuren in Form der Stromatolithen erkennen, also der mineralischen Ablagerungen der Bakterienkolonien in seichten Gewässern. Cyanobakterien beherrschten bereits die Photosynthese und wandelten ganz besonders auffällig durch die Freisetzung von Sauerstoff die Oberfläche unseres Planeten und seine Atmosphäre um. Schließlich verdankt sich auch die jetzt durch die Menschen bedrohte Ozonschicht, die das Leben auf der Erde vor UV-Strahlen schützt, den Cyanobakterien, die wiederum wahrscheinlich aus schwefelliebenden, bereits das gefährliche Gift Sauerstoff ertragenden Bakterien entstanden sind. Die Anreicherung der Atmosphäre mit Sauerstoff dürfte zu einem der ersten von Lebewesen selbst veranlassten Massenaussterben geführt haben.

Chemiker der University of California in San Diego (UCSD) haben jetzt in 3,8 Milliarden Jahre alten Gesteinsschichten Hinweise auf eine "tiefgreifende Veränderung" der chemischen Reaktionen entdeckt, die mit Schwefel und Sauerstoff in der Atmosphäre verbunden sind und zwischen 2,5 bis 2,1 Milliarden stattgefunden haben. Nach Mark Thiemens, Professor für Chemie und Leiter der Naturwissenschaftlichen Abteilung der UCSD, ist dies das erste Mal, "dass jemand einen Sauerstoffniederschlag von der frühen Atmosphäre sehen konnte." Interessant könnte die von den Wissenschaftlern entwickelte Methode des Nachweises von Sauerstoff in der Atmosphäre durch Oxydierungsprozesse in Gesteinen sein, um festzustellen, woher der Sauerstoff stammt, der nicht nur durch Bakterien, sondern auch durch Aufspaltung von Wassermolekülen gebildet werden konnte. Anhand von vier Schwefelisotopen, die in die Gesteinsschichten eingelagert und durch Oxydation von Schwefel in der Atmosphäre entstanden sind, erschlossen die Wissenschaftler, wie sie in Science vom 4.8.2000 schreiben, dass noch vor 2,45 Milliarden Jahren nur relativ wenig Sauerstoff in der Atmosphäre freigesetzt war und die meisten chemischen Reaktionen mit Schwefel zu tun hatten. Dann aber beginnt relativ sprunghaft eine Anreicherung der Atmosphäre.

"Die Eisenablagerungen sagen uns, dass es auf der Erde damals große Mengen von Sauerstoff gegeben haben muss", erklärt Thiemens. "Aber man erkennt daraus nicht, wie viel es gegeben hat und woher er gekommen ist. Weil die Fossilien so verschwommen sind, ist die Periode von den ältesten bekannten Steinen vor 3,9 Milliarden Jahren bis vor 2,2 Milliarden Jahren ein Schwarzes Loch des Wissens über die Atmosphäre und das Leben. Diese Methode eröffnet die Möglichkeit, die Sauerstoffspuren in der Atmosphäre und, was noch wichtiger ist, die Spuren von Ozon bis zu den ältesten Gesteinsschichten zurückzuverfolgen." Möglicherweise lassen sich damit nicht nur neue Erkenntnisse in der Biogeologie gewinnen, sondern auch für künftige Entwicklungen in der Atmosphäre wie der globalen Erwärmung. "Man hört", so Thiemens, "immer wieder das Argument: 'Ist die globale Erwärmung nicht nur Teil eines natürlichen Kreislaufs?' Um diese Frage zu beantworten, muss man wirklich umfassende Datenaufzeichnungen haben. Das wird sie uns geben. Wir müssen die Vergangenheit verstehen, um die Gegenwart und die Zukunft verstehen zu können."