Stärkung der Polizei: ja - Kontrolle der Polizei: nein

Grafik: TP

Die Opposition im Bundestag will einen Polizeibeauftragten - dagegen gibt es Widerstand - Ende Juni zweite Lesung des Gesetzentwurfes?

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Mit einem unabhängigen Polizeibeauftragten soll die Polizei besser kontrolliert werden können. Denn zuletzt hieß es: Stärkung der Polizei: ja - Kontrolle: nein.

Erst vor wenigen Wochen wurde mit entsprechender Begleitmusik ein Gesetz verabschiedet, das Polizisten vor Gewalt schützen soll, indem die Strafen für "tätliche Übergriffe" auf sie verschärft wurden. Ein Sondertatbestand, weil er Bürger in Uniform anders behandelt, als Bürger in Zivil. Aber vor allem eine Maßnahme, um ein Organ des Sicherheitsapparates zu stärken. Doch weil das Terror-Argument, das beim Ausbau der Geheimdienste so gerne benutzt wird, hier wenig überzeugend ist, brauchte man ein anderes.

Die Polizei vor Gewalt durch Bürger und Demonstranten schützen? Nicht nur eine monströse Verzerrung des Kräfteverhältnisses zwischen beiden Seiten, sondern auch eine programmatische Einseitigkeit.

Denn: Die Kehrseite der Respektlosigkeit gegenüber der Polizei, (deren Existenz gar nicht bestritten werden soll) ist die Respektlosigkeit der Polizei gegenüber Bürgern. Duzen, Abkanzelungen, Nötigungen, gewalttätige Übergriffe, mutwillige Sachbeschädigungen - all das gibt es genauso unvermindert. Wenn das Verhältnis Polizei - Bürger und Bürger - Polizei aber derart gestört ist, müssen beide Seiten zusammen betrachtet und Lösungen auf beiden Seiten gesucht werden.

Pro-Polizei-Kampagne

Bei der exklusiven Pro-Polizei-Kampagne, die die Gesetzesverschärfung begleitete, wurden die Verfehlungen der Polizei kategorisch ausgespart. Deutlichstes Zeichen, dass es nicht um die Wiederherstellung von Vertrauen zwischen Souverän und Exekutive geht, sondern um die bloße Stärkung des Sicherheitsapparates in Zeiten - nein, nicht des Terrors, sondern - wachsenden sozialen und politischen Unmutes.

Die Kehrseite der Medaille wird nun in einem aktuellen Gesetzentwurf formuliert - für die Einführung eines oder einer unabhängigen Polizeibeauftragten des Bundes. Darin heißt es in der Problembeschreibung: "Gerade in angespannten Situationen kann es dazu kommen, dass im Bürgerkontakt gesetzliche Grenzen überschritten, unverhältnismäßig Gewalt ausgeübt, Menschenrechte verletzt oder einzelne Bürgerinnen und Bürger diskriminiert oder unangemessen behandelt werden."

Außerdem soll diese Ombudsperson nicht nur Beschwerden von Bürgern über die Polizei entgegennehmen und für Abhilfe sorgen, sondern auch Ansprechpartner für Beamte sein, die "über unangemessenes Verhalten von Vorgesetzten und Kolleginnen bzw. Kollegen und von internen wie externen Diskriminierungen und Menschenrechtsverletzungen berichten."

So der ziemlich moderate Wortlaut des Gesetzes, das die Grünen in den Bundestag eingebracht haben. Bereits im Juni 2016 fand die erste Lesung statt. Jetzt folgte die Anhörung von Sachverständigen. Noch vor der Sommerpause, Ende Juni, soll abgestimmt werden.