Sterilisierung verhilft zum längeren Leben

Zumindest bei Fruchtfliegen haben US-Wissenschaftler zeigen können, dass die Entfernung der primordialen Keimzellen die Lebensdauer um bis zu 50 Prozent verlängern kann

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Eine neue Möglichkeit, das Leben zu verlängern, haben US-Wissenschaftler bei Experimenten mit Fruchtfliegen (Drosophila) entdeckt. Werden bei diesen die Stammzellen entfernt, aus denen sich Eizellen und Spermien bilden, dann verlängert sich das Leben der Insekten. Nach den Wissenschaftlern, die ihre Ergebnisse in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichen, könnte hier ein allgemeines Prinzip entdeckt worden sein, bei dem Signale aus dem Reproduktionssystem den Alterungsprozess und den Metabolismus auch in höheren Tieren und so auch beim Menschen beeinflussen könnten.

Die Wissenschaftler haben in ihrer Studie die Forschung von Cynthia Kenyon aufgegriffen, die bereits vor 9 Jahren herausgefunden hat, dass die Entfernung der primordialen Keimzellen (EG-Zellen) das Leben von Fadenwürmern (C. elegans) um 60 Prozent verlängert, wenn die Keimdrüsen erhalten bleiben und der Transkriptionsfaktoren DAF 16 sowie der Hormonrezeptor DAF 16 aktiviert werden. Sterile Würmer, bei denen EG-Zellen und Keimdrüsen entfernt werden, lebten hingegen nicht länger. Eine Rolle dürfte dabei Insulin oder ein Insulin ähnlicher Wachstumsfaktor (IGF) spielen, der mit dem inversen Verhältnis von Fruchtbarkeit und Lebenszeit zu tun hat und über die Aktivität der EG-Zellen DAF 16 unterdrückt. Wenn die Fruchtbarkeit abnimmt, nimmt offenbar die Lebenserwartung zu.

Marc Tatar, der Leiter des Teams am Institut für Ökologie und Evolutionsbiologie der Brown University, sagt, dass man prüfen wollte, ob sich die Ergebnisse auch bei Fruchtfliegen reproduzieren ließen. Dann nämlich, so folgert er vermutlich ein wenig verwegen, würde man wissen, "dass die reproduktive Steuerung der Lebenszeit ein allgemeines Prinzip in der Biologie" sei.

Auch bei Fruchtfliegen führt die Aktivierung des von EG-Zellen unterdrückten Transkriptionsfaktors DAF 16 zu einem längeren Leben. Die sterilen Fliegen lebten bis zu 50 Prozent länger. Allerdings stellten die Wissenschaftler fest, dass die Insulin produzierenden Gehirnzellen durch die Entfernung der EG-Zellen nicht weniger, sondern mehr Insulin ausschütteten. Das widerspricht eigentlich der Beobachtung, dass hohe Insulinwerte die Lebenserwartung verkürzen. Die Wissenschaftler fanden jedoch heraus, dass die Insulinüberproduktion im Gehirn offenbar damit zusammenhängt, dass die Keimdrüsen ein Protein produzieren, das das Insulin im Körper bindet und dessen Signale abblockt. Aufgrund einer Wechselwirkung zwischen Gehirn und Keimdrüsen könnte also der Körper so reagieren, als wären die Insulinwerte niedrig, wodurch seine Lebenserwartung steigt, weil er gegenüber Stress resistenter wird und die Zellen sich besser schützen können.

Sollte dieser Zusammenhang auch auf Menschen übertragbar sein, dann könnten sich diese vielleicht nicht nur mit strenger Diät und anderen Mitteln, sondern auch durch Sterilisierung ein längeres Leben erkaufen wollen. Um langes steriles Leben dennoch mit eigenen Kindern zu verbinden, wird die Reproduktionsmedizin bis dahin etwa durch Herstellung von Spermien aus Hautzellen schon Möglichkeiten anbieten, wenn nicht doch gleich zum reproduktiven Klonen gegriffen wird.