Stipendienprogramm und Telemedizin

Wie Bayern den Ärztemangel auf dem Land lindern will

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Seit letztem Jahr gibt es in Bayern ein Programm, das einem Medizinstudenten ein Stipendium verspricht, wenn er sich verpflichtet, seine Facharztausbildung im ländlichen Raum zu absolvieren und danach mindestens fünf Jahre lang in einem unterversorgten Gebiet tätig zu sein. Dabei hat er die Wahl zwischen einem Krankenhaus, einer Haus- oder einer Facharztpraxis.

Die Zahl von 52 Förderbescheiden, die letzte Woche bekannt gegeben wurde, erweckt allerdings nicht den Eindruck, dass das Programm maßgeblich dazu beitragen wird, dem Ärztemangel auf dem Land vollständig abzuhelfen. Die Frage, wie viele Stipendien maximal möglich gewesen wären, kann man beim Bayerischen Gesundheitsministerium nicht beantworten, meint aber, es stünden noch "ausreichend Mittel zur Verfügung".

Grafik: Dr. Harry Gouvas. Lizenz: CC BY-SA 2.0.

Weil die Höhe des Stipendiums nur bei monatlich 300 Euro liegt, mit denen in einer Universitätsstadt wie München im Regelfall nicht einmal ein Zimmerchen bezahlt werden kann, befürchten Beobachter, dass der vermeintliche Anreiz in Mitnahmeeffekten untergeht und dass die Stipendien vor allem von Medizinstudenten beantragt werden, die bis zum Abitur auf dem Land lebten und ohnehin vorhaben, nach dem Studium nach Grafenkirchen, Gleißenberg oder in andere unterversorgte Ortschaften zurückzukehren. Dazu, wie vielen der Stipendiaten aus solchen Gegenden stammen, gibt es keine Zahlen.

Darauf, dass man mit dem Programm noch nicht ganz zufrieden ist, deutet auch die Äußerung der Bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml hin, sie werde "weiterhin nach Wegen suchen, um gemeinsam mit den Verbänden, Universitäten und Kommunen die medizinische Versorgung im Freistaat stetig zu verbessern".

Neben Stipendien setzt das Bayerische Gesundheitsministerium derzeit auf eine bis zu 60.000 Euro pro Person umfassende Anschubfinanzierung für Hausärzte, die sich in unterversorgten Regionen niederlassen, und auf "innovative Versorgungskonzepte" wie die Zusammenarbeit zwischen Arztpraxen oder die Telemedizin.

Bislang existieren sieben vom Gesundheitsministerium geförderte telemedizinische Netzwerke und über 50 kleinere telemedizinische Projekte in Bayern. Sie sollen Kompetenzen bündeln und Krankenhäuser im ländlichen Raum stärken. Im unlängst ins Leben gerufenen Schlaganfallversorgungs-Telemedizinnetzwerk Transit arbeiten beispielsweise das Universitätsklinikum Würzburg, die Neurologische Klinik Bad Neustadt an der Saale, das Leopoldina Krankenhaus Schweinfurt und das Klinikum Aschaffenburg als Expertenzentren mit neun kleineren fränkischen Kliniken zusammen. Dort können Ärzte Schlaganfallexperten via Videokonferenz befragen und so eine fundiertere Entscheidung treffen, wenn es auf Sekunden ankommt. Auch von bayerischen Rettungswagen aus lassen sich Patientendaten per Computer an Spezialisten übermitteln.

Deutschlandweit gibt es für den Ausbau der Telemedizin allerdings noch Hürden wie das Fernbehandlungsverbot, das andere europäische Länder nicht kennen. Gegen die Aufhebung dieses Fernbehandlungsverbots sträuben sich bislang vor allem Standesorganisationen wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Bundesärztekammer.

Ein weiteres Problem der Telemedizin ist weniger leicht aus der Welt zu schaffen als eine Berufsordnungsvorschrift: Dort, wo es zu wenige Ärzte gibt, gibt es im Regelfall auch zu wenig Breitband-Internet, das für Online-Diagnosen absolut notwendig ist. Hier ist Huml auf die Unterstützung ihrer Parteifreunde Alexander Dobrindt und Markus Söder angewiesen, die dafür sorgen sollen, dass sich die seit fast fünfzehn Jahren klaffenden Lücken schließen.

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