Störfeuer und Vorreiter

Während man dem Entwurf für eine Schlusserklärung arbeitet, versuchen Industriestaaten wie Kanada weiterhin das Prinzip der "gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung" zu unterlaufen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Man kann es nicht oft genug wiederholen: Vor allem die Industriestaaten haben den Klimawandel verursacht und verursachen ihn. Seit Beginn der Industrialisierung verbrennen sie fossile Energieträger in exorbitantem Maße und verstärken auf diese Weise stetig den Treibhauseffekt. Und deshalb müssen die Industriestaaten jetzt auch zuerst handeln.

Kanada aber verlangt hier auf Bali bindende CO2-Reduktionsziele für alle Staaten - also auch für Entwicklungsländer, die weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart pro Kopf gesehen erwähnenswert zu den globalen Treibhausgasemissionen beigetragen haben. Mit dieser Forderung verstoßen die Kanadier gegen ein zentrales - in der UN-Klimarahmenkonvention fixiertes - Prinzip: Die "gemeinsame, aber unterschiedliche Verantwortung". Die Industriestaaten sind es, die für hohe Pro-Kopf-Emissionen und hohe absolute Emissionen hauptverantwortlich sind. Zugleich sind sie die wohlhabendsten Wirtschaftsnationen. Dies beides verpflichtet sie auch dazu, beim Klimaschutz voranzugehen.

Statt Störfeuer werden jetzt echte Vorreiter gebraucht. So wie zum Beispiel Norwegen, das gestern ankündigte, jährlich 545 Millionen US-Dollar für waldschützende Maßnahmen in den Tropen bereitzustellen. An diese Zusage knüpfte der norwegische Premier weder Bedingungen noch Ansprüche. Das heißt, der skandinavische Staat will sich mit seiner Initiative nicht von Emissionsverpflichtungen freikaufen. Das sind die nötigen Zeichen, die hier auf Bali gesetzt werden müssen.

Ein erster Entwurf einer Bali-Schlusserklärung enthält bereits einige Elemente, die es zu verteidigen gilt. Obwohl der Generalsekretär der Klimarahmenkonvention, Yvo de Boer, eine Einigung auf konkrete Emissionsziele kaum für möglich gehalten hat, beginnt der bisher vorliegende Text jetzt mit solchen - für die Weltgemeinschaft entscheidenden - Zahlen. Die Industriestaaten sollen ihre Emissionen bis 2020 um 25-40 Prozent mindern und global sei mindestens eine Halbierung der Treibhausgase gegenüber dem Basisjahr 2000 nötig.

Papier ist jedoch bekanntlich geduldig und dieser Entwurf hat noch nicht einmal den Status eines offiziellen Dokumentes. Viel Verhandlungsdiplomatie wird noch erforderlich sein, um diese Vorgaben zu erhalten, insbesondere angesichts von Querschlägern der "kanadischen Art".