Streit um die Ausstrahlung des RTL-Films Todesurteil

Das Imperium schlägt zurück

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Drei Tage lang hat die "Süddeutsche Zeitung" aus wirklich allen journalistischen Rohren auf den TV-Sender RTL eingefeuert, um die Ausstrahlung des Films "Todesurteil - Ein Deutscher hinter Gittern" am heutigen Mittwochabend um 20.15 Uhr zu verhindern. Offenbar vergeblich. Passend hatte man die Ausstrahlung des Films auf den Termin gelegt, an dem der Oklahoma-Attentäter McVeigh ursprünglich hätte sterben soll, wenn nicht das FBI Akten verschlampt hätte, die vor wenigen Tagen gefunden worden sind.

Die Anwälte und Angehörigen von Dieter Riechmann, eines in den USA im Todestrakt einsitzenden Deutschen, befürchten nämlich, dass der Film negative Auswirkungen haben könnte: auf die Richter und Staatsanwälte, die Ende Mai über eine Wiederaufnahme seines Falls (Infos) entscheiden werden. Den Grund für diese Sorge liefern die tatsächlich vorhandenen Parallelen zwischen dem übrigens bemerkenswert gut inszenierten Film und dem Fall Riechmann, die nach Meinung seiner Anwälte eventuell dazuführen könnten, dass der RTL-Film von der US-Staatsanwaltschaft in den realen Fall einbezogen werden könnte.

Das jedoch sei purer Unsinn, behauptet nun der RTL-Geschäftsführer Gerhard Zeiler. Schließlich, schreibt er, habe man genau dies vorher durch amerikanische Experten prüfen lassen, und die hätten das verneint. Diese Stellungnahme steht zwar nun auch in der Süddeutschen, allerdings nicht im redaktionellen Teil, dort wird auch heute weiter gegen den vermeintlich zynischen Zeiler gefeuert, sondern in einer halbseitigen Anzeige. Schön wenn man sich so etwas leisen kann.

Weniger schön, weil richtig lebensgefährlich ist jedoch das Restrisiko für Dieter Riechmann, das RTL bereit ist einzugehen. Denn vor US-Gerichten scheint wirklich vieles möglich zu sein: So wurde Riechmann bei der Verhandlung vor 13 Jahren von der Staatsanwaltschaft tatsächlich der Besitz des Truman-Capote-Thrillers "Kaltblütig" negativ angekreidet. Und wer so von Amts wegen argumentiert, dem ist alles zuzutrauen, auch ein fiktiver TV-Film als Indiz. Aber dem Sender aus dem Bertelsmann-Imperium ist das scheinbar egal, der schlägt lieber zurück mit einer teuren Annonce - und strahlt anschließend kaltblütig den Film aus.