Subprime-Krisen-Revival mit PrimeX-Index?

Die 2008er-Finanzkrise hatte mit dem Einbruch eines Index begonnen, mit dem Spekulanten auf den Einbruch des Subprime-Marktes spekulieren konnten. Das scheint sich zu wiederholen

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Seit zwei Wochen kommt es nun bei einem ähnlichen Index zu Panikverkäufen, was etliche Hedge Fonds fieberhaft spekulieren und auf ähnlich hohe Gewinne hoffen lässt. Die internationalen Großbanken bezeichnen den Einbruch hingegen als weit übertrieben, dürften aber selbst große Bestände in den Büchern haben.

Betroffen ist diesmal das beste Kreditsegment, also Eigenheim-Hypotheken, die zu hoch sind, um eine staatliche Garantie zu erhalten ("Jumbo") und nur an erstklassige ("Prime") Kunden vergeben wurden. Diese Schuldner hatten sich in der 2008er Krise noch recht gut gehalten und standen Anfang 2010 erst bei einer Delinquenzrate von rund zehn Prozent, während die Subprime-Hypotheken bereits zu 45 Prozent geplatzt waren.

Allerdings haben sich die Subprime-Hypotheken laut DB inzwischen wieder auf eine Delinquenzrate von 38 Prozent erholt, bei den Prime-Jumbos hat sie sich seither jedoch weiter verschlechtert und liegt inzwischen bei rund 14 Prozent. Auch die Preise, die bei der Verwertung der Immobilien erzielt werden können, sind inzwischen von 60% auf 55 % der Kreditsumme gesunken. Allerdings erfolgten diese Verschlechterungen langsam und waren zudem von den meisten Analysten vorhergesagt worden.

Dennoch löste eine negative Analyse der Ratingagentur Fitch vom 5. Oktober regelrechte Panik aus, die von einem Bericht des Finanzblogs Zerohedge weiter geschürt wurde. Laut Deutsche Bank fragen sich jetzt Investoren aus aller Welt, ob der PrimeX von 2011 das ABX-Wunder von 2007 wiederholen werde.

Investors from around the world have been wondering whether the PrimeX of 2011 will repeat the ABX miracle of 2007.

Deutsche Bank

Der Einbruch erschien nicht nur deshalb so dramatisch, weil gleichzeitig der US-Aktien-Leitindex S&P 500 mit plus elf Prozent die stärkste Rally seit 2009 hingelegt hatte, sondern auch weil es vergleichbarer Index namens ABX im Jahr 2007 die Subprimekrise angekündigt hatte. Der ABX war eigens von den großen Investmentbanken etabliert worden, um in großem Stil Wetten gegen den Subprime-Markt abschließen zu können. Laut der Financial Crisis Inquiry Commission des Kongresses hatten mehr als 50 Hedge Fonds davon Gebrauch gemacht, wobei John Paulsons' Paulson & Co zusammen mit Spekulationen mit anderen Instrumenten 15 Milliarden Dollar an Gewinn erzielt haben soll.

Die nun betroffenen vier PrimeX-indizes bilden Portfolios aus Immobilienhypotheken ab, die in den Jahren 2006 und 2007 generiert wurden. Dabei wird nach Jahrgang und nach variabel oder fix verzinsten Hypotheken differenziert, wobei die den Wertpapieren zugrundeliegenden Hypotheken generell höher als 417.000 Dollar sind. Insgesamt sind aus in den indizierten Jahren Prime/Jumbo-Anleihen im Volumen von mehr als 170 Mrd. USD ausständig und weitere rund 90 Milliarden aus anderen Jahren, was knapp mehr als der Hälfte der ausstehenden Schulden Griechenlands entspricht.

Da die Preisbildung im PrimeX synthetisch über die CDS-Quoten (die Marktpreise für entsprechende Kredit-Ausfallversicherungen) erfolgt und nicht über die Markpreise der wenig gehandelten Papiere selbst - die Preise also fallen, wenn die Kosten steigen, sich gegen einen Ausfall zu versichern -, konnte sich der Index inzwischen weit von den Preisen der Anleihen entfernen. So http://www.bloomberg.com/news/2011-10-19/mortgage-derivatives-breaking-with-bonds-as-primex-tumbles-credit-markets.html Bloomberg, dass laut dem Index-Provider Markit und der US-Großbank JPMorgan Chase & Co. einer der Indizes zuletzt um 10,6 Prozent gefallen ist, während die dem Index zugrundeliegenden Bonds um weniger als ein Prozent nachgegeben hätten.

Allerdings werden die zugrundeliegenden Titel nach wie vor sehr dünn gehandelt und es lässt sich vermuten, dass gerade diese Jahrgänge auf Vermarktungsschwierigkeiten gestoßen sind. Große Teile davon sollten sich daher nach wie vor in den Büchern diverser Großbanken befinden, wobei diese Bestände in der Regel nur in aggregierter Form angegeben werden und oft nicht nachvollziehbar ist, mit welchen Bewertungen sie angesetzt sind. Wenigstens die "mark-to-market" im Handelsbuch (bzw. als Level 2 Assets in den USA) gehaltenen Papiere werden vermutlich aber häufig nach dem PrimeX bewertet werden, womit sich der Preiseinbruch unmittelbar auf die Bankbilanz auswirkt. Der überwiegende Teil wird aber entweder im Bankbuch oder gleich außerhalb der Bilanz verbucht worden sein, so dass es wohl auf den Buchprüfer ankommt, wann eine wesentliche Preisänderung im PrimeX zu Wertberichtigungen führen muss.

Insofern könnte man unterstellen, dass die banknahen Analysten durchaus auch die Interessen des Mutterhauses verfolgen. Denn nachdem die vier Tranchen seit Anfang Oktober zwischen 10 und 15 Prozent eingebrochen waren und der Handel in der ersten Oktoberwoche mit 1,2 Milliarden Dollar so hoch war wie im gesamten September, trat nach JPM und Wells Fargo Anfang der Woche auch die in diesem Segment stark engagierte Deutsche Bank zur Verteidigung des PrimeX an.

Und geht es nach den Analysen der Deutschen Bank, dann sollten sich die fieberhaft engagierten Spekulanten diesmal die Finger verbrennen. So wären die künftig absehbaren Einbrüche der Eigenheimpreise längst in den Kursen enthalten, darüber hinaus machen es die hohen laufenden Coupons der Papiere sehr teuer, Spekulationen lange durchzuhalten. Der Markt sei stark überverkauft, und das werde angesichts der Fundamentaldaten nicht lange so bleiben können. Genau so ließe sich freilich auch gegenüber Aufsichtsbehörden und Buchprüfern argumentieren, warum die zum Einstandspreis im Bankbuch potentiell bis zur Endfälligkeit gehaltenen Papiere weiterhin zu diesen Kursen notieren sollten.