Subtropische Winterspiele

Öffentlichkeitswirksame, aber nicht unbedingt ökologisch wirksame Baumpflanzungen bei den Olympiabauarbeiten 2009. Bild: Jutta Blume

Die Energie- und Klimawochenschau: Fehlende Bäume in Sotschi, unproduktive Bäume in Amazonien und der bayerische Kampf gegen Hochspannungsleitungen

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Während das Wetter in Kalifornien und Großbritannien weiter wie vorausgesagt dramatische Kapriolen schlägt (Photovoltaik erstmals im Zubaukorridor), verhält es sich wenigstens im Olympiaort Sotschi der Jahreszeit angemessen. Am Dienstag war es mit 10 Grad äußerst mild, für Mittwoch sind sogar 15 Grad angesagt. Das liegt vor allem daran, dass der Badeort an der Schwarzmeerküste in den Subtropen liegt und sich die Durchschnittstemperaturen im Februar zwischen 3 und 10 Grad betragen. Zwar müssen die Eislaufhallen an der Küste bei Frühlingstemperaturen betrieben werden, immerhin die Ski- und Rodelpisten liegen höher im Kaukasusgebirge, wo eine Chance auf echten Schnee besteht.

Olympisches Dorf. Bild: kremlin.ru/CC-BY-SA-3.0

Nicht nur die Auswahl eines der wärmsten Orte Russlands für die Olympischen Winterspiele erscheint unter Umweltgesichtspunkten fragwürdig, sondern auch die Durchführung. Seit Beginn der Bauarbeiten beklagen russische Umweltaktivisten die Zerstörung einzigartiger Ökosysteme sowie der Verschmutzung des Flusses Msymta und des Trinkwassers der Bewohner des Küstenortes Adler.

Aber nicht nur das, die Spiele sind auch nicht klimaneutral, wie es von den Veranstaltern so gerne behauptet wird. Dem Umweltaktivisten Dimitri Schewtschenko von der Ökologischen Wacht im Nordkaukasus (EWNC) zufolge wurden die Rodungen von Urwald und Kulturwald für Pisten und Infrastruktureinrichtungen nicht kompensiert.

Für den Betrieb der Sportanlagen sei extra ein neues Gaskraftwerk gebaut worden, statt hierfür erneuerbare Energien zu nutzen - auf den Dächern hätten sich beispielsweise Solarmodule installieren lassen. Mit Gazprom als einem der wichtigsten Investoren in die olympischen Einrichtungen ist dies allerdings nicht weiter verwunderlich. Gazprom investierte u.a. in den Biathlon- und Skikomplex, das Olympische Bergdorf und die touristischen Einrichtungen in den Bergen.

Die Umweltschützer von der Ökologischen Wacht im Nordkaukasus machen Gazprom daher nicht nur für den unnötigen Einsatz fossiler Brennstoffe, sondern auch für die Umweltzerstörung beim Bau von Olympiastätten verantwortlich. Das politische Klima gegenüber den Umweltschützern ist rau: Der Biologe und Aktivist Suren Gasarjan musste nach Estland fliehen, Jewgenij Witischko wurde wegen angeblichen Rowdytums ins Gefängnis gesperrt, um ihn für die Dauer der Olympischen Spiele mundtot zu machen, wahrscheinlich - in einem anderen Verfahren - aber noch weit darüber hinaus. Seit Jahren sind die Umweltschützer der Überwachung durch den Geheimdienst und Kriminalisierung ausgesetzt.

Die offizielle Olympiaseite verspricht entgegen aller Kritik Spiele in Harmonie mit der Natur und rühmt die Veranstalter für die schier unglaublichen Ausgleichsmaßnahmen, unter anderem dieser: "Derzeit wurden in der Stadt 1,5 Millionen Bäume gepflanzt und es wurden etwa 3 Millionen junge Fische in die Flüsse eingesetzt, darunter 1,5 Millionen Lachse." () Zum Vergleich: Berlin hat einen Bestand von rund 440.000 Straßenbäumen.

Gemeint dürfte wohl nicht die Stadt Sotschi, sondern die gesamte Region sein. Auch IOC-Präsident Thomas Bach sprach davon, dass für jeden gefällten Baum drei neue gepflanzt worden seien. Der Umweltaktivist und Biologe Suren Gasarjan meint hingegen, dass weit weniger Bäume gepflanzt wurden, als behauptet, die Hälfte davon inzwischen wieder eingegangen sind, und sie zum Teil nicht einmal aus Baumschulen stammten, sondern an anderer Stelle im Nationalpark ausgegraben worden seien.

Klimaschädlicher Regenwald

Vom olympischen Zahlenspiel mit Bäumen zu den Bäumen des Amazonas: Diese können sich nämlich auch klimaschädlich verhalten, wenn sie nicht genügend Wasser erhalten. Zu dem Ergebnis kommt ein Forschungsteam um Luciana Gatti vom Energieforschungsinstitut Sao Paolo.

Die Forscher maßen in den Jahren 2010 und 2011 regelmäßig den Kohlendioxidgehalt in der Luft oberhalb des Amazonas-Regenwaldes, um zu bestimmen, welche Menge des Gases die Vegetation aufgenommen hatte. Im trockenen Jahr 2010 wurden über dem Amazonasbecken rund 500 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt. Während die Produktivität der Pflanzen und damit auch ihre Fähigkeit, CO2 aus der Luft aufzunehmen, sank, entstanden bei Bränden große Mengen von Treibhausgasen.

Normalerweise ist der Amazonas in der Lage, dies zu kompensieren. So war die CO2-Bilanz im niederschlagsreichen Jahr 2011 auch wieder neutral. "Im Amazonas treten, wie an vielen anderen Orten, häufiger extreme Klimabedingungen auf", sagt Gatti. "Wenn die trockenen Jahre häufiger werden, kann eine Ausbreitung der Brände dazu führen, dass sie sich zu einer starken Quelle des CO2-Ausstoßes entwickeln und dadurch in einem Rückkopplungseffekt zu unseren Befürchtungen des Klimawandels beitragen."

Die aus Infrarotmessungen abgeleitete Vermutung, dass der Amazonasregenwald in trockenen Jahren stärker wächst als in normalen, konnte hingegen von einem Forscherteam der NASA als optische Täuschung widerlegt werden, die auf den Schattenwurf junger Blätter zurückzuführen war.

2013 war das sechstwärmste Jahr

Das Jahr 2013 war - zusammen mit 2007 das sechstwärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1850, teilte die Weltorganisation für Meteorologie am vergangenen Dienstag mit. Die Temperatur lag 0,5 Grad über dem Durchschnitt von 1961 bis 1990. Für den WMO-Generalsekretär Michel Jarraud fügt sich 2013 damit in einen langfristigen Erwärmungstrend ein. 13 der 14 wärmsten Jahre entfielen auf das 21. Jahrhundert - das heißt, alle bis auf das Jahr 2000.

Temperaturrekorde an 6000 Wetterstationen weltweit sind jetzt übrigens auch für die Nutzer von Google Earth zugänglich. Die Applikation wurde von Wissenschaftler der Universität East Anglia entwickelt und hat zum Ziel, Klimadaten sowohl über das Klima der Vergangenheit als auch über den Klimawandel so transparent und zugänglich wie möglich zu machen.

Zeigte sich die EU-Kommission mit den vor zwei Wochen vorgelegten relativ laxen Klimazielen noch recht unbeeindruckt vom Klimawandel, so verlangt das Europäische Parlament nun strengere Vorgaben. Das EU-Parlament hält weiter an drei verbindlichen Klimazielen fest: 40% CO2-Reduktion, 30 % Erneuerbare-Energien-Anteil und die Erhöhung der Energieeffizienz um 40 % bis zum Jahr 2030. Die EU-Kommission hatte sich lediglich auf eine Treibhausgasreduktion um 40 % und einen Erneuerbare-Energien-anteil von 27% verständigt. Nun wird ein neuer Kompromiss ausgehandelt werden müssen.

Widerstand gegen Stromtrassen aus Bayern

Zum Schluss noch ein kurzer Blick nach Deutschland: Kaum liegen die Pläne für die Nord-Süd-Stromtrasse SuedLink auf dem Tisch, funkt der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer dazwischen und fordert ein Moratorium. Die Gleichstromverbindung wurde von den beiden Netzbetreibern TenneT und TransnetBW geplant und soll ab 2022 Windstrom aus Norddeutschland in den Süden transportieren.

"Die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen werden im Jahr 2023 rund 30 Prozent ihres Jahresverbrauchs an Strom importieren müssen", so TenneT-Geschäftsführer Rainer Joswig. Genau genommen besteht SuedLink aus Trassen: Einer Verbindung von Wilster bei Hamburg nach Grafenrheinfeld bei Schweinfurt sowie einer Verbindung von Brunsbüttel nach Großgartach in Baden-Württemberg. Bislang wurde die Trassenplanung von Wilster nach Grafenrheinfeld genauer vorgestellt. In Grafenrheinfeld ist derzeit noch ein Atomkraftwerk am Netz, das eigentlich 2015 seinen Betrieb einstellen soll.

Die bayerische Wirtschafts- und Energieministerin Ilse Aigner fordert nun an Stelle des Netzausbaus und als Ersatz für das AKW Grafenrheinfeld den Bau eines neuen Gaskraftwerks in dessen Umgebung. Ein schnell hochfahrbares Gaskraftwerk könnte die Versorgungssicherheit und die Netzstabilität in Bayern besser gewährleisten als die Stromlieferung aus dem Norden.

Mit der Veröffentlichung des Trassenkorridorvorschlags würde das Planungs- und Genehmigungsverfahren beginnen. In der Folge hätten dann Bürger, Kommunen und Verbände die Möglichkeit, Stellung zu beziehen und Einwände und Änderungsvorschläge einzubringen. Wegen des bayerischen Moratoriums haben die beiden Netzbetreiber nun alle Auftakt- und Informationsveranstaltungen zu dem Projekt abgesagt, die Antragstellung wird bis auf Weiteres verschoben.