Supermächte im Klimawandel

Kraftwerk Datteln mit dem Neubau Datteln 4. Bild: Maschinenjunge/CC-BY-SA-3.0

Die Energie- und Klimawochenschau: Sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Russland warnen Experten vor dem voranschreitenden Klimawandel, im Ruhrgebiet setzt man weiter auf Kohlekraftwerke

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Lange vor der eigentlichen Feuersaison in Kalifornien sind im Landkreis San Diego in der vergangenen Woche über 10.000 Hektar verbrannt, über 39 Häuser wurden zerstört und tausende von Bewohnern mussten evakuiert werden. Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown erklärte, dass sich der Bundesstaat auf eine schlimme Feuersaison einstellen müsse.

Temperaturen über 37 Grad Celsius nach einer langen Trockenperiode, kombiniert mit starken Wüstenwinden hatten das Ausbrechen der Feuer zu dieser frühen Jahreszeit begünstigt. Bei einem der größeren Brände gelten Funken von einer Baustelle als Auslöser, in anderen Fällen wird noch nach den Ursachen ermittelt. Insgesamt wurden in Kalifornien seit Jahresbeginn bereits 1.350 Brände registriert, doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2013.

Der Bundesstaat im Westen der USA erlebt eine der schlimmsten Dürren der Geschichte, im Winter fielen kaum Niederschläge, so dass die Wasserreservoirs nicht gespeist werden konnten. Bereits am 17. Januar rief Gouverneur Brown den Dürrenotstand aus. Dem US-Dürremonitor zufolge herrscht in einem Großteil Kaliforniens inzwischen extreme, in einigen Teilen sogar außergewöhnliche Dürre.

Zwar sind die Feuer im Landkreis San Diego inzwischen gelöscht oder unter Kontrolle, die Bewohner des Bundesstaates werden sich aber Gedanken machen müssen, wie sie sich an die mit steigenden Temperaturen und Trockenheiten zunehmende Brandgefahr anpassen können. Neben einer besseren personellen Ausstattung der Feuerwehr, wie von Brown gefordert, sollte dazu auch gehören, Häuser nicht inmitten feuergefährdeter Vegetation zu bauen.

Typische südkalifornische Chaparral-Vegetation.Bild: MiniHolland/CC-BY-SA-3.0

Die Wald- und Buschbrände sind aber nur eine Auswirkung des Klimawandels in den USA. Anfang Mai hat eine von der US-Regierung beauftragte Expertenkommission ihren Klimabericht für die USA vorgelegt. Für den Südwesten der USA prognostizieren die Klimaforscher einen weiteren Temperaturanstieg, kombiniert mit Trockenheit, während die Erwärmung in Alaska und im kanadischen British Columbia Gletscher zum Abschmelzen und Permafrostböden zum Auftauen bringen dürfte. Der ansteigende Meeresspiegel wird die 164 Millionen Küstenbewohner stärker gefährden als bisher, selbst wenn die Hurricaneaktivität und -stärke nicht zunimmt.

Selbst wenn sich die Landwirtschaft bislang erstaunlich gut an den Klimawandel angepasst hat und sogar von der längeren Wachstumsperiode profitieren konnte, erwarten die Forscher hier eine Umkehr zum Negativen, besonders in Dürregebieten. Die Durchschnittstemperaturen sind dem Bericht zufolge seit 1895 um 0,7 bis 1 Grad Celsius gestiegen, in den kommenden Dekaden wird ein weiterer Anstieg um 1 bis 2 Grad erwartet. Je nach Emissionsszenario könnten die Temperaturen bis zum Ende des Jahrhunderts um 1,7 bis 2,8 bzw. 2,8 bis 5,6 Grad steigen.

Trotz des US-amerikanischen Klimareports machen sich die Bürgerinnen und Bürger nach der jüngsten Gallup-Umfrage kaum Sorgen um die Folgen des Klimawandels. Von 15 Themen landete der Klimawandel auf dem vorletzten Platz, 51 Prozent der Befragten machte das Klima überhaupt keine Sorgen. Wie zu erwarten, war die Differenz zwischen republikanisch und demokratisch gesonnen US-Amerikanern dabei groß. Während sich nur 10 Prozent der Anhänger der Republikaner über den Klimawandel sorgten, waren es immerhin 36 Prozent der Demokraten. Dass Senator Marco Rubio, der sich als Präsidentschaftskandidat der Republikaner 2016 aufstellen lassen will und der Tea-Party-Bewegung angehört, den menschengemachten Klimawandel im Interview schlichtweg leugnet, ist da kaum verwunderlich.

Wie Klimaretter.info berichtet, ist die Durchschnittstemperatur in Russland in 2013 gegenüber 2012 um 1,5 Grad Celsius gestiegen. Damit setzt sich der Trend der letzten Jahre, vor allem für die arktische Region, fort. Dort lag die Lufttemperatur bereits im Jahr 2012 4-7 Grad Celsius über dem langjährigen Mittel.

Russische Experten warnen genauso wie das Woods Hole Research Center, dass die Erwärmung in der Arktis doppelt so schnell verläuft wie auf dem restlichen Globus. Die Wissenschaftler schätzen, dass auf diese Weise im Laufe dieses Jahrhunderts 30 bis 70 Prozent des Permafrostbodens auftauen und damit das darin gespeicherte Kohlendioxid in die Atmosphäre abgeben werden. Die Wissenschaftler des Woods Hole Research Center glauben nicht, dass die CO2-Freisetzung durch ein verstärktes Pflanzenwachstum ausgeglichen werden kann. Angesichts der unterirdisch gespeicherten Kohlenstoffmenge ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Kohlenstofffreisetzung beim Auftauen des Permafrosts durch Pflanzenwachstum ausgeglichen werden kann", sagt die Wissenschaftlerin Sue Natali vom Woods Hole Research Center.

Megawatt-Kohlekraftwerk Datteln 4 steht vor möglicher Genehmigung

Von den Supermächten ins vom Klimawandel bisher wenig gefährdete Ruhrgebiet: Dort könnte der Energiekonzern Eon bald vielleicht doch noch sein 1050 Megawatt-Kohlekraftwerk Datteln 4 zu Ende bauen. Am 14.5. stimmte der Stadtrat einem veränderten Flächennutzungs- und Bebauungsplan zu, die den bereits zum großen Teil fertig gestellten Bau trotz gravierender Planungsfehler nachträglich legitimieren.

2009 hatte das Oberverwaltungsgericht Münster einen Baustopp verhängt, da der Bebauungsplan für das Kraftwerk erheblich von der Landesplanung abwich und das Kraftwerk fünf Kilometer vom vorgesehenen Standort entfernt errichtet wurde. Über ein nachträgliches "Zielabweichungsverfahren" ist der Kraftwerksbau mit nur einem halben Kilometer Abstand zur Wohnbebauung nun legitimiert worden. Bei der geplanten Rauchgaswäsche mit Ammoniak wäre eigentlich ein Mindestabstand von 1,5 Kilometern zu Wohnhäusern gefordert. Um nicht mehr unter die Störfallverordnung zu fallen, wollen die Kraftwerksbetreiber nun verdünntes Ammoniakwasser einsetzen.

Noch fehlt Datteln 4 jedoch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung. "Wir gehen davon aus, dass wir im Frühjahr 2015 alle notwendigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen erhalten, um Datteln 4 schnellstmöglich fertigstellen und betreiben zu können", sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung von Eon Deutschland, Ingo Luge.

"Schwarzbau bleibt Schwarzbau", kritisiert BUND-Vorstand Dr. Thomas Krämerkämper am Vorabend der Stadtratssitzung. "Im Prinzip wird jetzt über das gleiche Kraftwerk entschieden, das schon im ersten Anlauf gescheitert ist. Stimmt der Rat den Plänen trotzdem zu, setzt er sich wissentlich über alle Schutzansprüche von Mensch und Umwelt hinweg. Der Stadtrat würde damit ausschließlich die E.on-Interessen vertreten."

Bereits Ende 2013 hatte der BUND die rot-grüne Landesregierung, und vor allem die Grünen für ihren "Kniefall" vor dem Energieriesen Eon heftig kritisiert. Bis zu 8,45 Millionen CO2 würde dier Kohlemeiler pro Jahr emittieren und damit auch ein langfristiges Hindernis für die Klimaziele Nordrhein-Westfalen darstellen.

Riskanter Kohleabbau

Ein neben den Kohlendioxidemissionen oft vergessener Aspekt der Kohleverstromung wird durch das Grubenunglück im türkischen Soma wieder in Erinnerung gerufen: Die Arbeitsbedingungen in Kohleminen sowie die Lebensbedingungen der Menschen in ihrem Umfeld. Zwar importiert Deutschland keine türkische Braunkohle, aber Steinkohle aus anderen nicht weniger problembehafteten Weltregionen. Dem Verein der Kohleimporteure (VDKI) zufolge stammten rund 30 Prozent der Importe 2012 aus Russland, 25 Prozent aus Kolumbien.

"Die Arbeitsbedingungen in Russlands Kohleminen sind berüchtigt. Besonders unter Tage ist die Unfallgefahr für die Bergarbeiter hoch, da es immer wieder zu Methan-Explosionen kommt. Durch solche Explosionen sterben jährlich teilweise mehr als 180 Minenarbeiter", heißt es in der 2013 veröffentlichten Studie "Bitter Coal" von urgewald und FIAN Deutschland. Im Steinkohlerevier Kuzbass würden die offenen Tagebaue nach der Ausbeutung sich selbst überlassen, die extrem hohe Feinstaubbelastung durch Kohlestaub senke die Lebenserwartung der Bevölkerung. Die kolumbianischen Kohleunternehmen zeichneten sich der Studie zufolge indessen durch die Vertreibung von Indigenen, die Kollaboration mit Paramilitärs und die Verfolgung von Gewerkschaftlern aus.