Sydney: Dschihadist hält Geiseln in einem Café fest

Zwar steht die Polizei in Kontakt mit dem Geiselnehmer, der seine Tat mit einer islamischen Flagge und einem Stirntuch plakatiert, seine Motive und Forderungen bleiben noch unbekannt

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In Sydneys Geschäftsviertel CBD hält ein bewaffneter Geiselnehmer zwischen 15 und 30 Gäste eines Schokolateria-Cafés in seiner Gewalt. Der australische Premierminister Tony Abbott bestätigte mittlerweile einen politischen Hintergrund der Geiselnahme. Der Mann trägt ein schwarzes Stirnband mit weißen arabischen Schriftzeichen, ähnlich wie man es von Bildern von Dschihadisten aus der syrisch-irakischen Kriegszone kennt.

Zudem hatte er schon kurz nach seinem Eindringen in das Café Angestellte oder Gäste dazu gezwungen, eine schwarze Fahne ebenfalls mit arabischen Schriftzeichen in ein Schaufenster zu hängen. Über den genauen Inhalt des Schriftzugs gab es heute Morgen zunächst unterschiedliche Angaben: So hieß es in den ersten Meldungen, es sei das islamische Glaubensbekenntnis, demgegenüber wurde aber von deutschen Nachrichten anderes gemeldet, nämlich dass die Aufschrift "Allahu akbar" bedeute (BR 5), auch Experten äußerten sich in diesem Sinn. Bilder eines australischen Fernsehsenders, die heute Morgen kursierten, zeigten lediglich die untere Hälfte der schwarzen Fahne. Gegen Mittag bestätigten sich Angaben, dass es sich beim Schriftzug um das islamische Glaubensbekenntnis handelt.

Gegenüber dem Café befindet sich der TV-Sender Channel 7, der Bilder des Geschehens übermittelt. Vom dortigen Newsroom hat man angeblich guten Einblick in das Geschehen, was den Gedanken nahelegt, dass das Café vom Täter nicht zufällig ausgesucht wurde. Es ist ein weiches Ziel, mit garantierter Weltöffentlichkeit.

Der Täter drang gegen 9 Uhr 45 Ortszeit (19 Uhr45 deutscher Zeit) in das Café am Martin Place in Sydney ein; mittlerweile befinden sich die Geiseln demnach länger als zwölf Stunden in seiner Gewalt; das Gebiet um das Café ist weiträumig abgesperrt, eine Anti-Terror-Taskforce eingeschaltet. Nach Zählung des Fernsehsenders sollen es 15 Geiseln sein. Der Geiselnehmer zwinge seine Gefangenen, abwechselnd immer wieder vor das Fenster zu treten, wird berichtet.

Mittlerweile steht die australische Polizei in Kontakt mit dem Täter, der auch identifiziert sei, so die jüngsten Meldungen. Über Motiv und Forderungen wurde allerdings noch nichts bekannt. Man halte Informationen absichtlich zurück, heißt es im Sydney Morning Herald, um die Verhandlungen mit dem Täter nicht zu gefährden ("We have the best negotiators in the world", so NSW Deputy Police Commissioner Catherine Burn). Ob der Täter ein Homegrown-Dschihadist ist, ein Geistesgestörter oder Ausführender eines Plans, an dem auch Hintermänner beteiligt sind, steht noch nicht fest.

Ministerpräsident Abbott erklärte, dass der Vorfall "sehr verstörend sei" und es schockierend sei, dass unschuldige Menschen zu Geiseln einer Person werde, der eine politische Motivation behauptet".

Australien gehört zu der Liste der Staaten, die der Sprecher des islamischen Staates, al-Adnani in einer Hetzrede im September dieses Jahres als legitimes Ziel für Gewalttaten aller Art ausrief ("Tötet sie, bespuckt sie, verachtet sie"). Das Land gehört zur Anti-IS-Koalition.