Tamagochi-Twilight

Die Filmkritik führt einen blinden und tauben Angriff auf "Matrix Revolutions", ohne im mindesten dem vielschichtigen digitalen Finale furioso gerecht zu werden

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Mit dem Finale von "Matrix Revolutions" geht die erste große Interface-Kino-Oper der Filmgeschichte im 21. Jh. zuende. Die Menschheit ist gerettet, die Maschinen sind wieder friedlich. Und die Trauer ist groß. Denn der eigenartige Traum des ersten Teils ist ausgeträumt. Die Utopie eines lässigen Cyber-Traum-Teams jenseits von Fact und Fantasy ist zerstört.

Jedes Ende hat einen Anfang:

Nicht zufällig stand in meinem letzten Artikel (vgl. Du gleichst dem Geist, den du begreifst) folgende, für manche rätselhafte Passage:

Wer ist in "Matrix" überhaupt in der Lage, einen Menschen als Erlöser, als Auserwählten zu instaurieren? Die "reinrassige" Menschheit aus Zion? Oder braucht man nicht doch ein humanoid aufgetanktes Mischwesen, eine Supermaschine, die (womöglich auch vom Erlöser) erlöst? Ist Neo also ein Gladiator oder eher ein Upgrade-Terminator? Mit dieser Terminologie ist auch die transzendentale Kritik am System der "Matrix-Mythologie" verbunden: Es geht um die zeitgemäße Cyber-Formel für die Schnittstelle Mensch-Maschine, um die gleichzeitige "Mechanisierung des Menschen" und die "Vermenschlichung des Mechanischen". Ein ebenso romantischer wie technologischer Topos, zugleich der Starting-Point der Ermöglichung oder der Verhinderung der Befreiung. Es geht darum, im totalen, systemisch allgegenwärtigen Netz der ‹Matrix" eine entkoppelte Position überhaupt zu definieren, eine Rückführung zu leisten, auf eine eigene Station, ein Labor, einen Ort, der selbst im höheren, medialen Sinn als eine unangreifbare Bastion funktioniert. Man darf sich diese Bastion aber nicht als einen geographischen Fixpunkt vorstellen. Es handelt sich um eine spirituelle Bastion der Nano-Verschwörung, von der aus sämtliche anderen widrigen Phänomene, Gegner, Fremde, Agenten und Wächter wie lästige visuelle Störgeräusche abprallen...

Nicht alles, was die Protagonisten in "Matrix" sagen, oder Kritiker (mich eingeschlossen) über "Matrix" schreiben, muss ernst genommen werden. Die Sprachen, mit denen derzeit gesprochen wird, trennen Welten. Viele Kritiker halten immer noch an ihrem Begriff von humanistischen oder humanoiden Erzählkino fest, oder am kleinbüdgetierten Zufallserfolg eines Science-Fiction-Genre mit künstlerisch und philosophisch wertvollen Leerstellen (in der Darstellung). Man rennt gerne gegen den Popanz des Actionfilms und des Kommerzkinos und gegen die Ausbeutung eines Stoffes in drei Folgen an.

Frank Olbert: "karikaturhafte Kopien ihrer eigenen Rollenfestlegung" (KSA, 5. Nov.); Susan Vahabzadeh: "Der Film sollte sich besser auf die Legende vom Original verlassen als auf sich selbst." (SZ, 5. Nov.) Diemar Kammerer: "...anders läßt sich nicht erklären, daß die Programme in Revolutions bisweilen um einiges menschlicher wirken als die bis an die Zähne bewaffneten Rebellen." (taz, 5. Nov.) Bodo Traber: "An ihrem Ende versackt die Trilogie im Böller-Kino." (Die Welt, 5. Nov.) Daniel Kothenschulte: "und Stück für Stück sehen wir nun alle Leerstellen ausfüllt mit Unfug aller Art" (FR, 5. Nov.). Andreas Kilb: "Wenn das ("Matrix als Trilogie") nicht die Notlüge des Filmjahrzehnts war, dann war es sein größter Irrtum." (FAZ, 5. Nov.)

Natürlich müssen sie dem "Matrix"-Projekt eine gewisse ästhetisch-visuelle Brillanz zugestehen. Aber ein Großteil der Filmkritik ist einfach unfähig, die optischen Trick-, Schnitt- und Montage-Techniken für mehr als nur eine bunte Verpackung eines ewig alten Genres in neuem digitalen Gewande zu halten. Dabei ist es gerade die neue Folge, "Matrix Revolutions", die in aller Konsequenz die sich steigernde Linie der zwei vorhergehenden Filme, den sozialen, dystopischen Science-Fiction-Charakter (Teil 1) und die glatten Pop-Corn-Action mit gewissen philosphischen Hindernissen (Teil 2) durch ein tragisches Rettungsfinale, das alle bisherigen Motive überdeutlich verzahnt, abschließt. Parallel dazu wird die Revolution des Kinos als Mediengattung durch die heraufziehende digitale Kultur von "Blade Runner" über "Jurassic Parc" bis ‹Star Wars" (Prequel) abgeschlossen und zugleich dekonstruiert.

Zur Erinnerung: Film als hypermediales Interface

Für Lev Manovic ("The Language of New Media") sind die visuellen Aspekte des angebrochenen postmodernen Informations-Zeitalters in zwei widersprüchlichen Seiten präsent: Ridley Scott, der Regisseur von "Alien" (1979) und "Blade Runner" (1982) prägte den retrofuturistischen Stil des Verfalls der großen Städte und zukünftigen Technologien zwischen Tokio und Los Angeles (eine Anti-Utopie gegen Kubricks IBM-verliebte "Odyssee" für das Jahr 2001).

Apple-Macintosh vertrat dagegen die klassische moderne Linie eines funktionalen Designs des für jeden zugänglichen Interfaces mit graphischer Benutzeroberfläche (Graphical User Interface, GUI), das die Zahlen, Buchstaben und Codeanweisungen älterer Programme und elitärer Riesencomputer ablöste. "Matrix" entstand seit Ende der 90er Jahre in einer Zeit, in der die digitale Datenkompression, Vernetzung und ihre multimediale und kommerzielle Verwertbarkeit um ein vielfaches, Film um Film, anwuchs.

Dieser Fortschritt ist den drei Folgen auf der visuellen Ebene deutlich anzumerken. Die graphische Benutzeroberfläche des PC ist längst das audiovisuelle Topmedium jenseits von Buch, Film, TV und Videospiel - und zum allgemeinen kulturellen Paradigma geworden.

Das "Matrix"-Projekt hat das digitale Interface, das alle Medien verschmilzt, konsequent zum formalen und zum narrativen Thema gemacht: die komplexe Spiegelung von Realität und Virtualität, von Simulation und der Apokalypse, die paradoxe Behandlung von Zeit und Raum in Schnitt und Montage, mit dem Time-Bullet- und Motion- und Universal-Capture Verfahren, das coole Set-Design und die teilweise sprunghafte und zyklische, ja loop-förmige Erzählweise von "Matrix", die sich über die drei Folgen in Form von konzentrischen Kreisen ausbreitet, vergrößert und monumentalisiert, dabei aber nie die netzartige Kräfteverteilung der Komponenten aus dem Auge verliert. Nicht umsonst nimmt das Filmbild zu Beginn immer wieder Anlauf im Reich der digitalen Codes, der zweidimensional nieder rieselnden Zahlen und Zeichen, die dann in überlagernden Kamerafahrten sich zu plastischen, dreidimensionalen Chips und Stadtplänen ausweiten, denen eine kino- und fotorealistische Gegenstandsoberfläche verliehen wird. Dabei wirken die zahlreichen, alogischen Schnitte, Szenenwechsel und Raum-Zeit-Irregularitäten immer wieder wie ein Sampling aus einer riesigen Database.

In "Matrix" träumen die Maschinen den Traum der Menschen, die den Traum wahr machen, in den Traum der Maschinen einzudringen

Das entscheidende Element des hypermedialen Interface ist die interaktive Steuerung und Transformation von verschiedenen Daten, Zeichen, Worten, starren und bewegten Bildern im Nah- und Fernbereich in ein mosaikförmiges, zugleich heißes, hoch detailliertes und doch eiskaltes, stark (sinn-) ergänzungsbedürftiges digitales Universum.

Das Interface steht zwischen Darstellung und Kontrolle, zwischen beherrschbarem Raum und unbeherrschbarem Traum. Genau dieses Modell überträgt das "Matrix"-Film-Projekt auf den Entwurf von Normalwelt und Gegenwelt, von Utopie und Anti-Utopie, im Sinne einer dynamisch selbst regulierenden Science-Fiction, die Leerstellen nicht mehr in der Produktion der Bildschöpfung von Diesseits oder Jenseits kennt, da die Digitalität rein technologisch Wahrheit und Lüge jetzt im außermoralischen Sinne (Nietzsche) voll ausformulieren kann. Die Leerstellen sind jetzt keine des Technoimaginären (Rötzer), sondern des narrativen und ideologischen Konzeptes. Die Leerstellen treten nur noch auf in der (mangelnden oder hinreichenden) Erklärung für Übergänge und Sprünge in und zwischen den Welten.

So begründet das "Matrix"-Projekt nicht nur eine neue Stilistik des zeitgenössischen Unterhaltungskinos, sondern auch inhaltlich einen neuen Mythos der Dynamik der neuen Medien, der über die Cyborgs aus "Blade Runner" und "Terminator" weit hinausgeht: Die automatisierten Einheiten werden nicht mehr (meist) von außen gezeigt, wie sie aus der organisierten Nützlichkeit ausbrechen oder wieder eingegliedert werden.

Die humanoiden Programme und ihre in sie eindringenden User träumen in der Tat, wie es ihnen beliebt, von "elektrischen Schafen" (Philip K.Dick), während die scheinbar voll versorgte Menschheit in Traumlosigkeit erstarrt ist. Und dieses Wechselspiel von maschinell freigesetztem Traum oder humanoidem, zwanghaftem Alptraum wirft die Matrix je nach Polung auf die Leinwand und auf den Monitor. Die Vielfalt der geistigen Perspektiven und Fluchtlinien, optischen Kamerapositionen und Blickwinkel dient gerade dazu, aus dem Filmbildern maximal viele Interfaces, Verzerrer und Entzerrer zwischen Traum und Realität, Freiheit und Zwang, Kontrolle und Subversion herzustellen.

Auch die merkwürdig verrätselte Comic-Sprache, die im dritten Teil allerdings wiederum erträglicher als im zweiten Teil ist, kann nur verstanden werden, wenn sie als Indikator eines Hypertextes mit harten Steuerbefehlen, weichen Links und erlesenen Passwords genommen wird, durch den sich die Akteure über das jeweilige Interface der Macht, Illusion oder Freiheit verbinden, trennen, beeinflussen, behindern oder fördern.

Matrix Revolutions

Im ersten Teil wird dieses Interface-System eines der Kontrolle entgleitenden maschinellen Traums noch im Zustand jugendlicher Unschuld dargestellt. Und als solches wurde es gemocht und angenommen. In "Matrix Revolutions" werden die visuellen und narrativen Komponenten aus den bisherigen Teilen variiert, gesteigert und verknüpft, um die in Teil 2 eigentümlich (inhaltlich) blockierte Handlungsdynamik zu entfesseln und in ein merkwürdig desillusionierendes Ende zu überführen.

Wir wissen es längst: Die Menschen in Zion sind darauf fixiert, dass in 20 Stunden der Angriff der Maschinen-Wächter erfolgt. Während dessen hat Neo, mit "völlig untypischer Gehirnaktivität", sich per Interface von einem der letzten Kriegsschiffe der Menschen aus in der Matrix verirrt, - in einer Zwischenwelt, zwischen der simulierten Matrix-City und der realen Maschinen-Stadt, an einer U-Bahn-Station, an der exilierende Computerprogramme mit menschlichen Sehnsüchten ("Liebe") sich bei dem korrupten Merowinger freikaufen und vom "Trainman" aus der Maschinen-Kontroll-Sphäre im Zug herausschmuggeln lassen.

Morpheus und Trinity erfahren beim vorletzten Besuch vom Orakel, dass dieses auf jegliche Weissagung verzichtet. Aus guten Gründen. Es kündigt an, ja es postuliert geradezu, in maximaler moralischer Vermenschlichung, einen noch größeren Handlungs- und Risikospielraum für alle Protagonisten. Alles müsse anders kommen als erwartet, die eigenen Entscheidungen seien in Anbetracht der erwartbaren Konsequenzen noch stärker zu überdenken und abzuwägen. Der Ton des Orakels hat die verheißungsvolle Naivität einer wohlwollenden Initiation verloren. Mit der Erhaltung der Freiheit durch Unberechenbarkeit ist es dem Orakel bitter ernst.

Dieser Ernst überträgt sich auch auf die Handlung und auf die Bildgestaltung: Immer war das symmetrische Design ein Zeichen für das Interface, aber auch ein Symbol für die Überlegenheit der Wanderer zwischen den Welten. Nun zeigt der Loop-Effekt an der U-Bahn-Station, (Neo tritt in den dunklen Tunnel im Off des Kinobildes auf der einen Seite ab und läuft auf der anderen Seite sekundenschnell wieder in die Station ein), oder der verrückte Gegenangriff von den Wänden und Decken in der Merowinger-Welt der Diskothek (bekannt aus Teil 1) an, dass die Zeichen für die Helden auf Sturm stehen.

Dem befreiten Neo verweigert das Orakel eine Erklärung dafür, warum es über die Rolle des Architekten, über das einst ausbalancierte System der Matrix und die herausragenden Kräfte Neos, sogar angreifende Maschinen zu stoppen, geschwiegen hatte. Für den Architekten, einer echten oberweltlichen Fritz-Lang-Figur, sei der Zustand des Systems nur eine formalistische Frage von ausgeglichenen Zahlen - jenseits von Herrschaft, Unterwerfung, schwelendem Konflikt und ausbrechendem Krieg. Dagegen stimuliert das postmoderne Orakel des Informationszeitalters das Ungleichgewicht im Untergrund durch "subjektive" Desinformation und Verschwörung.

Das individuelle Handeln der Protagonisten solle nicht durch einfache Prophezeiungen vorhersehbar gemacht werden, die dann das System allzu kompensieren könne. Doch das Orakel-Programm kündigt Neo eine feste Konstante, den Tod (für wen und was auch immer) an, und zwar in der Begegnung mit Agent Smith, der Neos Negativ, sein Schatten sei. Damit streift das Orakel zugleich die Wahrheit über die melancholische Dimension der Existenz Neos, sein halb-maschinelles Wesen und seine verletzbare Beziehung zu Trinity, ein Verhältnis, das im maschinellen Traum voller dunkler Poesie begann und dann in der materiellen Realität, vor den Monitoren der Nebukadnezar, leidenschaftlich aufblühte.

Der Tod - gerade in der karikaturistischen Zuspitzung von Mr Smith - ist für die "Matrix"-Trilogie das Ende der Poesie eines differentiellen maschinellen Traumes, in den die Menschen als Lebens- und Kriegskünstler eindringen konnten, um an seinem Potential wieder Wunschvorstellungen für die triste Realität zu entwickeln. Das haben Kritiker und Zuschauer, die den ersten Teil vorziehen, geahnt. Aber sie wollten nicht mit den beiden folgenden Teilen unbarmherzig Abschied von diesem Traum nehmen.

Neo - oder die Sehnsucht der Maschine, ein Mensch zu sein

Um so seltsamer mutet nach seiner Rettung Neos selbstgewählte Mission an, mit der getreuen Trinity allein und unbewaffnet in der wieder flott gemachten "Logos" zur Maschinenstadt zu fliegen, um kriegsentscheidende Daten zu gewinnen. Mitten im Krieg setzt er auf eine letzte Reise in das Interface des Imaginären, um den Schlüssel zu finden. Doch Agent Smith, der allgegenwärtige, jedes andere virtuelle Wesen mit Cut and Paste verschlingende und seinem eigenen tödlichen Ego angleichende Unwesen, hat sich mittlerweile auch in nicht-virtueller, menschlicher Gestalt (als ohnmächtiges Besatzungsmitglied Bain) von der "Nebukadnezar" in die "Logos" eingeschmuggelt, um Neo und Trinity anzugreifen...

Währenddessen wirft die von den Zion-Kriegern gesteuerte Arbeits- und Kampf-Roboter-Armee die angreifenden Tunnelbohrer und herumschwirrenden Wächter-Metall-Kraken zurück. Die stinkende Höhle mit ihren abgründigen Verstrebungen, Kanalisationen und Gate-Mechanismen erweist sich als Falle für die Maschinen, ein hohlweltliches Riesen-Planetarium, an dessen Decke man die hochbeweglichen Gegner erfolgreich liquidieren kann. Eingespannt in die Verstrebung der zyklopischen, vorsintflutlich nachzuladenden Roboter werden die Krieger zu den Interface-Operatoren mit einer vorübergehenden psychotischen Beweglichkeit, die das desaströse Spektakel der an ägyptische Plagen erinnernden Schwärme aus Masse und Energie nur mit Mühe eindämmen und umleiten können. Die diskreten Schüsse und der kontinuierliche Strom der Angreifer bilden ein berauschendes Digi-Spektakel für die Filmzuschauer, ein noch nie da gewesenes Hyper-Videospiel alter "Metropolis"-Monsterfabrik-Effekte, zwischen monumentaler Räumlichkeit und neo-expressionistischer Energetik.

Reise in die Dornenhecke

Märchenhaft wie "A.I." mutet Neos letzte Reise zur Maschinenstadt an: Dass Neo den Einschlägen und Verwüstungen des Schiffs entgeht, müsste bereits misstrauisch stimmen. Aber erst wenn Neo auf dem Gipfel des rhizomatisch verwickelten Energie-Leitungs-Gebirges dem stachelfischigen Fliegen-Gott der Maschinen (mit der tonlosen Stimme und dem fast formlos umschwirrten Mondschattengesicht) begegnet, wird die todtraurige Eingliederung des Erlösers in das maschinelle Gesamtsystem der Matrix überdeutlich.

Die letzte, vielfältige Interface-Verkopplung von Neo in der Zentrale der Energieerzeugung der Matrix zeigt deutliche visuelle Parallelen zu den Wächter-Kraken, die immer ein Bündel von Anschlüssen wie eine rotierende Waffe mit sich herumschleppen und führt zurück auf die intrauterine Verkabelung auf der Menschenbrutfarm in der ersten Folge. Diese Verkopplung stellt das materielle Substrat des organlosen Körpers wieder her. Neo ist ein einsames, reduziertes Missing Link, welches das System auf den äußersten Show-Down mit dem Supervirus Agent Smith, dem entkörperlichten Wahnbild einer Stadt ohne das Gesicht der Differenz, vorbereitet.

Der Show-Down findet in der Projektionskulisse der wolkenverhangenen Matrix-Megacity statt, auf deren großer Avenue Agent Smith alle Bewohner als identische Klone aufmarschieren lässt, um sich, als Unbesiegbarem, huldigen zu lassen. In der nächtlichen Sintflut erhalten die übersteigerten Kampfhandlungen zwischen Neo und Smith, am Boden und in der Luft, ein erstaunliches Relief, das sie deutlich als Gewitterfront zweier feindlich aufeinander stoßender Maschinen-Programmierungen kennzeichnet. Der scheinbare Sieg ist nur der äußerste Punkt einer tödlichen Repulsion, in der sich die maschinelle Energie auf den kritischen Punkt zusammenzieht, um in einer Explosionswelle alle Smiths und ihre urbane Todessimulation zu vernichten: ein Vorgang, der von der Einzelaufnahme zum Remapping des gesamten Stadtgebietes führt.

Smiths Lokalisierung und sein Untergang führen zur wohltuenden Fernwirkung für Zion: Die restlichen Maschinen verlieren ihre Kriegsprogrammierung, sie kreisen friedlich an der Decke der demolierten Unterweltstadt, während zeitgleich Neo, der "Einzige" aus seinem Interface entkoppelt und auf dem "Maschinengott" wie auf einem Katafalk in die dunkle Wetterzone über Matrix-City entführt wird. Bricht für die befreiten Programme ein neuer, kindlich lichter Postkartentag an, als ob nichts geschehen wäre? Ein Tag, an dem das Orakel und der Architekt als arbeitslose Rentner im Park auf Sati, das kleine Mädchen, zuständig für zukünftiges Programmdesign, treffen? Oder ist dies nur ein letzter Hyperlink, ein Todestraum des unglücklichen Retters Neo, ein Abglanz vom individuellen Glück, der traumverschlungenen dionysischen Liebe zwischen Mensch und Maschine, die mit Trinity begann und die Smiths paranoid-diskretes Universum grimmig zerschlug?