Tarifumstellung als Herausforderung

Bild: Christoph Jehle

Murphys Law im Technikdschungel oder: ungewollte Abenteuer im Telekom-Wunderland

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Im Laufe der vergangenen Jahre hat sich der noch immer größte deutsche Telekommunikationsanbieter aus einer Abteilung der "trägen Beamtenpost" zu einem privatwirtschaftlich organisierten Anbieter gehäutet, der auch kleine Änderungen immer wieder zum Abenteuer werden lässt. Das fängt damit an, dass man unermüdlich neue Tarife anbietet, die manchmal kaum fassbare Verbesserungen hinter einer Fassade immer neuer Produktnamen verbergen. Der Hit im Angebot des vergangenen Sommers war ein als "Worldwide Flat" angebotener Mobilfunk-Tarif, der mitnichten eine weltweite Flatrate bot. So klein wie man sich bei der Telekom offensichtlich die Welt vorstellt, ist sie dann doch nicht. Mein aktuelles T-Abenteuer Ende des vergangenen Monats entwickelte sich in der Folge einer aggressiv verkauften Tarifumstellung.

Mein über Jahre bewährter Internetzugang bekam plötzlich "Schluckauf" und erforderte mehr Aufmerksamkeit, als ich ihm gewähren wollte. Und damit nahm das Schicksal seinen Lauf. Die Deutsche Telekom präsentierte sich von ihrer abenteuerlichen Seite und bewies, dass Murphys Law bei ihr zu den wichtigsten Gesetzmäßigkeiten zählt. Dabei wäre das ganze Abenteuer vermeidbar gewesen, wenn ich den Fehler selbst gefunden hätte: Der Splitter, ein "Pfennigprodukt", das die ankommende Telefonleitung in einen Telefon- und einen Datenzweig aufsplittet und den es im T-Punkt gegen Nennung der Telefonnummer kostenlos gibt, hatte sein Lebensende erreicht.

Aber so einfach wollte mich die angerufene Hotline nicht davonkommen lassen. Man winkte mit einem neuen Flatrate-Tarif und einem schnelleren Internetzugang bei niedrigeren Gesamtkosten pro Monat. Den von der Hotline versprochenen VDSL-50-Tarif hat man mir dann schon in der Auftragsbestätigung ungefragt zum gleichen Preis auf VDSL-25 reduziert. Und dabei hatte ich insgesamt offensichtlich eine ordentliche Beratung bekommen. Derzeit werden von der Deutschen Telekom jedoch auch Tarife plakatiert, die kaum günstiger sind und bei welchen nur die Fußnote erwähnt, dass man schon nach 200 GB pro Monat die Übertragungsrate für den Rest des Monats auf 576 kbit/s für den Upstream und 6.016 kbit/s für den Downstream drosselt.

Aber nun das ganze Abenteuer der Reihe nach: Eine Anfrage beim T-Service Mitte Oktober endete mit der Auskunft, die Leitung sei in Ordnung, man könne jedoch mein DSL-Modem nicht erreichen. Die Chance, dass der Fehler auf meiner Seite des Anschlusses bei einem meiner Geräte läge, sei nicht zu unterschätzen. Falls nun ein Telekom-Techniker bei mir vorbei kommen müsse und den Fehler dann bei meinen Geräten entdecke, müsste ich mit Kosten von mindestens 80 Euro rechnen, je nachdem wie schnell der Fehler lokalisiert sei. Ich hätte den Techniker kommen lassen sollen. Der Fehler lag wie schon erwähnt nämlich am Splitter, der zwischen TAE-Anschluss-Dose und DSL-Modem/-Router die Leitung in den Telefon- und den DSL-Sektor aufspaltet. Nach dem Austausch des Splitters lief die DSL-Verbindung wieder problemlos.

Leider hatte ich mich Mitte Oktober doch noch zu einer Tarifumstellung von DSL auf VDSL überreden lassen. Dies sei schneller und preiswerter. Das war dann doch zu verführerisch. Der Preisvorteil bestand für mich (wie sich nach Erhalt der Auftragsbestätigung herausstellte) jedoch im Wesentlichen daraus, dass die Rechnung in Zukunft nicht mehr per Post, sondern per E-Mail kommen sollte - und ich sie für meine Unterlagen selbst ausdrucken darf.

Als Umstellungstermin wurde ein Freitag gegen Monatsende vorgeschlagen. Vor dem Hintergrund, dass die Telekom bei einem Gerätefehler an ihrer eigenen Technik von mir keine Gebühren verlangt, habe ich die neue Verbindungstechnik jetzt gemietet. In vier Jahren bezahle ich den Gegenwert des Router-Kaufpreises und einen Techniker-Besuch, der mir ja im Falle eines Fehlers am gekauften Router mit mindestens 80 zu Buche schlagen würde. Mein Telefonanschluss sollte von der technischen Umstellung nicht betroffen und weiterhin als "Universal"/ISDN-Anschluss geschaltet sein.

Angekündigt von drei Standard-SMS-Nachrichten aus dem System der Deutschen Telekom nach dem Motto "wir tun was, sagen Ihnen aber nicht genau was", trafen dann die für die Umstellung von DSL auf VDSL benötigten Utensilien im Laufe der nächsten 10 Tage wirklich ein. Per SMS wurde ich in der Folge noch mehrmals an den Umstellungstermin erinnert. Was zum Schluss noch fehlte, waren die angeforderten neuen persönlichen Zugangsdaten. Ohne diese nützt die ganze Hardware nichts.

Als am Tag vor der Umstellung die Unterlagen noch immer nicht im Briefkasten lagen, habe ich sie erneut über die Service-Nummer angefordert. Sie kamen als verschlüsselte PDF-Datei und der Schlüssel per SMS über mein Mobiltelefon. Der Schlüssel hatte es in sich: Er enthielt die Zeichen "O" und "0" sowie "l" oder "I" und verteilte sich auf dem Display meines Mobiltelefons auf zwei Zeilen.

Bild: Christoph Jehle

Am Vorabend der Umstellung brach der DSL-Zugang unvermittelt ab und war auch durch gutes Zureden nicht mehr zur Funktionsaufnahme zu bewegen. Eine Aufsynchronisierung war nicht mehr möglich. Die Zwangspause sollte ja, so die schriftliche Auftragsbestätigung, am nächsten Tag "voraussichtlich bis spätestens 19:00" beendet sein. War sie aber nicht. Am Vormittag kam wieder eine SMS "Sehr geehrter Kunde, gerne haben wir Ihren Änderungsauftrag für Sie ausgeführt. Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit unseren Produkten. Ihre Telekom Deutschland GmbH". Gegen 16:30 war ein Anruf auf der Mailbox des Mobiltelefons, dass man jetzt an die Umstellung der Technik gehe und meinen Festnetzanschluss für kürzere Zeit vom Netz nehme.

Eine Stunde später war der VDSL-Anschluss jedoch noch immer inaktiv. Anstelle einer Anmeldung quittierte der Speedport-Router mein Bemühen mit der Fehlermeldung "R56-01". Auf Nachfrage bei der Hotline fand sich unter meiner Kundennummer ein Eintrag, der sinngemäß etwa so lautete "Kunde müsse sich noch etwas gedulden". Zudem bestätigte man mir, dass meine Zugangsdaten noch nicht zu 100% eingetragen seien. Aus der Aussage in der Auftragsbestätigung, dass man die Umstellung voraussichtlich bis spätesten 19 Uhr durchführen wolle, wurde nun Nichts. Ich solle mich bis 23:59 gedulden. Dann würde der Anschluss scharf geschalten. Er wurde es nicht.

Bild: Christoph Jehle

Ein weiterer Anruf beim Service-Telefon um 0:45 klärte mich darüber auf, dass meine Zugangsdaten laut Systemauskunft falsch eingetragen seien und ich mit diesen Zugangsdaten jetzt doch keinen Internet-Zugang erhalten könne. Die Aussage vom Abend zuvor, dass es für solche Fälle eine eigene Hotline gebe, welche die Zugangsdaten auch telefonisch übermitteln könne, stellte sich am Morgen dann jedoch als überholt dar. Dieser Service war inzwischen gestrichen worden. Und so könne man vor 6:30 rein gar nichts machen, weil die benötigte Abteilung erst dann wieder zur Verfügung stehe.

Dort war man dann am Samstagmorgen leider nicht wirklich ausgeschlafen und bot mir an, die Zugangsdaten per Brief zu verschicken. Anders ginge das jetzt nicht mehr. Es ging dann doch per E-Mail. Nur hatte man meine Mobilfunknummer für den Versand des PDF-Schlüssels in das falsche Feld eingetragen - mit dem Ergebnis, dass die Zugangsdaten nicht zu entschlüsseln waren. Der nächste Anruf bei der Hotline für Verkauf und Service brachte den erhofften Erfolg. Die benötigte SMS kam und für die E-Mail mit den Zugangsdaten bekam ich Unterstützung von einem hilfreichen Nachbarn.

Und dann war wieder alles wie vor dem T-Abenteuer und wirklich etwas schneller. Inzwischen sind auch noch zwei Sätze Zugangsdaten per Brief eingetroffen. Mit nur etwa 36 Stunden Ausfall des Internetzugangs war das Abenteuer vergleichsweise zügig überstanden. Es empfiehlt sich offenbar, selbst für eine kleine Umstellung im Netzzugang etwa zwei Tage einzuplanen und die Hotline, die ja 24 Stunden verfügbar ist, auch intensiv zu nutzen, wenn Abweichungen vom Plan auftreten. Da mein ISDN-Zugang für das Telefon zum Glück nicht geändert wurde, konnte ich die Hotline jederzeit über das Festnetz erreichen.

Dabei versucht die Telekom derzeit, möglichst viele ISDN-Anschlüsse auf VoIP zu übertragen. Wenn sich der VDSL-Router dann zu unvorhersehbaren Zeiten ausschaltet, um sich wieder neu aufzusynchronisieren, bricht auch die Telefonverbindung zusammen. Der häusliche Telefonanschluss ist damit als Notruftelefon nicht mehr geeignet, denn bei Stromausfall gibt es keine Verbindung. Mit schnurgebundenen Telefonen war ein Notruf auch bei Ausfall der öffentlichen Stromversorgung noch möglich.

Der neue, von der Telekom gemietete Router vom Typ "Speedport W 723V Typ B" beschert mir jetzt rund um die Uhr einen Stromverbrauch von 7,7 Watt, was offensichtlich noch günstig ist. Nach der derzeitigen Planung im Rahmen der Öko-Design-Richtlinie fallen Router unter die Rubrik "Network Standby". Als Gerät der Klasse HiNA darf ein Router in Tier 1 (1. Schritt zur Verbrauchsminimierung) im Standby bis zu 12 Watt verbrauchen. Und das auch 24 Stunden pro Tag. Ihn über Nacht vom Netz zu trennen wäre denkbar, dürfte - auf das gesamte Netz der Telekom betrachtet - jedoch signifikante Probleme mit der Synchronisation ergeben, wenn morgens alle VDSL-Router wieder eingeschaltet werden. Bei einem anderen europäischen Provider war man nach ausgiebigen Tests davon abgekommen, das Abschalten über Nacht zu empfehlen.

Bild: Christoph Jehle

Bei etwa 45 Mio. Telefonhauptanschlüssen in Deutschland kommt so eine Summe von 346,5 MW bei 7,7 Watt pro Anschluss (540 MW bei 12 Watt pro Anschluss) zusammen. Der Stromverbrauch bei der aktuellen Technik würde im Jahr (8760 Stunden) 3,035340 TWh ausmachen. Damit verlagern die Telekommunikationsanbieter jetzt einen Teil des Energiebedarfs des Internets aus dem Netz zu den Kunden.

Unter dem Titel Die Zukunft spricht: VoIP -Paketvermittlung verdrängt das klassische Telefonnetz brachte das Heft 23 der c’t ein wenig Hintergrundinformation zur sukzessiven Umstellung auf VoIP. Die Abwicklungsprobleme bei der Umstellung mögen (wie dort beschrieben) zwar von der technischen Seite behoben sein. Die internen Prozesse bei der Deutschen Telekom benötigen jedoch offensichtlich noch ein wenig Nacharbeit.

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