Tim Berners-Lee zerzaust britische Regierung

Der "Vater des WWW" kritisiert Gesetzesentwurf zur "Regelung der Ermittlungsgewalt" (RIP-Bill).

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Keine gutes Haar lässt der Computer-Experte Tim Berners-Lee an den Überwachungsplänen der UK-Regierung. Mit dem Gesetzesentwurf zur "Regelung der Ermittlungsgewalt" (RIP) würde die Weiterentwicklung des Internet nachhaltig gehemmt, warnt der Forscher. Gegenüber dem britischen "Observer" zeigte sich Berners-Lee verärgert über die Politiker des Inselstaates. In Amerika wäre ein solcher Gesetzesvorschlag binnen Sekunden niedergestimmt worden, meint Berners-Lee. In Großbritannien hingegen beschäftigte der Entwurf inzwischen bereits das House of Lords.

Danach sollen Provider gezwungen werden, sich mit dem britischen Geheimdienst zu verlinken. Die Behörde hätte dann die Möglichkeit, die Webaktivitäten jedes einzelnen Users zu überwachen. Horrorszenario der Zukunft: Ob beim Versenden eines E-Mails oder beim Tratsch im Chatroom, Big Brother is watching you. Während bei Telefonüberwachungen heute noch ein Gerichtsbeschluss als notwendig erachtet wird, können sich die Geheimdienste diese Mühe ersparen, sollten solche Regelungen Schule machen. Scharfe Proteste gegen eine derartige Gesetzesvorhaben kamen bisher von Bürgerrechtsgruppen, wie Telepolis berichtete. Inzwischen ist auch die britische Wirtschaft aufgewacht und stellt sich durchgängig gegen das Gesetz.

Tim Berners-Lee kritisiert insbesondere das Fehlen von Kontrollinstanzen, die Überwachungsvorgänge prüfen, und bezeichnet den Rechtsschutz als unzulänglich. "Man kann kaum feststellen, ob man überwacht wurde. Und sollte es trotzdem ans Licht kommen, so kann man kaum etwas dagegen unternehmen", erklärt Berners-Lee gegenüber dem Observer. Argumente der Befürworter von RIP, die immer wieder auf die Gefährlichkeit des unregulierten Internet verweisen, zumal Kriminelle auf eine Fülle von Informationen zurückgreifen können, will der Computer-Experte nicht gelten lassen. Fazit: Es liegt schließlich in der Natur der WWW, dass es bisher ungekannte Möglichkeiten der Informationsverbreitung eröffnet, ebenso wie es an den Menschen selbst liegt, ob sie diese im guten oder schlechten Sinne nutzen.