Treibhausgase in der Landwirtschaft

Symbolbild: Dan Meyers/unsplash

Seit 1. Mai gibt es eine neue Düngeverordung. Das Grundwasser soll weniger belastet werden. Andere Umweltbelastungen aus der Landwirtschaft stehen leider nicht zur Debatte.

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Am 1. Mai 2020 trat die neue Düngeverordnung in Kraft, deren Ziel es ist, Nährstoffe effizienter einzusetzen und die Nitratgehalte in belasteten Teilen des Grundwassers zu reduzieren. Wegen der Corona-Pandemie und den Herausforderungen für die Landwirtschaft soll die differenziertere Ausweisung von mit Nitrat und Phosphat besonders belasteten - so genannten roten Gebieten - allerdings erst zum 1. Januar 2021 umgesetzt werden.

Die wichtigsten Punkte der Düngeverordnung, mit denen das Verursacherprinzip besser greifen könnte, auf später zu verschieben, ist vermutlich Agrar-Lobbyisten zu verdanken, die sich seit langem gegen die neue Verordnung einsetzen.

Bereits vor einigen Jahren hatte die EU-Kommission gegen Deutschland geklagt und 2018 beim Europäischen Gerichtshof Recht bekommen. Würden die Grenzwerte für Nitrat wieder nicht eingehalten, droht ein zweites Klageverfahren - mit hohen Strafzahlungen, hieß es vor kurzem.

Unsere hohen landwirtschaftlichen Erträge wären undenkbar ohne den Input an mineralischen Düngemitteln. Zu viel davon belastet allerdings die Ökosysteme: Mehr als 50 Prozent der reaktiven Stickstoffverbindungen gelangen über industrielle Landwirtschaft in die Umwelt und schaden nicht nur Grundwasser, Böden und Luft, sondern auch Biodiversität und Klima.

Stickstoff ist für das Wachstum der Pflanzen unentbehrlich. Zu wenig davon dämmt das Pflanzenwachstum ein, zu viel davon belastet die Ökosysteme: Mehr als 50 Prozent der reaktiven Stickstoffverbindungen gelangen über die industrielle Landwirtschaft in die Umwelt. Der überschüssige Stickstoff belastet nicht nur Grundwasser, Böden und Luft, sondern er schadet auch der Biodiversität und dem Klima.

Vor mehr als 100 Jahren entwickelten die deutschen Chemiker Fritz Haber und Carl Bosch ein Verfahren zur Synthese aus atmosphärischem Stickstoff und Wasserstoff. In einer Zeit, in der es der Landwirtschaft zunehmend an Stickstoff mangelte, galt die Methode als Patentlösung zur Bekämpfung des Hungers. Bereits um 1900 meldete ihr ursprünglicher Erfinder, Friedrich Ostwald, ein Patent darauf an, das er bald darauf an die BASF verkaufte.

Rund 80 Prozent des synthetisch hergestellten Ammoniak stecken in der Herstellung von Harnstoff, Ammoniumnitrat, -sulfat und -phosphat, den Ausgangsstoffen für industrielle Düngemittel. Mehr als ein Drittel der in der Landwirtschaft eingesetzten Energie geht in die Produktion von Düngemitteln und Pestiziden.

Laut Umweltbundesamt (UBA) lag der Anteil an Treibhausgas-Emissionen aus der Landwirtschaft für das Jahr 2017 bei 7,3 Prozent. Würde man auch den Energiebedarf für die Herstellung aller Mineraldünger und Agrochemikalien mit einrechnen, wäre dieser Wert deutlich höher.

Energiefresser Stickstoff

In intensiv gedüngten Landwirtschaftssystemen ist die Herstellung von Mineraldüngern für rund die Hälfte des Energieverbrauchs pro Hektar verantwortlich. Allein die Ammoniaksynthese hat einen Anteil von ein bis drei Prozent am weltweiten Energiebedarf.

Einer Analyse des Deutschen Bundestages zu Folge produzieren moderne Haber-Bosch-Anlagen bis zu 1500 Tonnen Ammoniak am Tag. Dabei verbrauchen sie etwa acht Megawattstunden Energie pro Tonne Ammoniak, basierend auf Methan (CH4) und 13,5 Megawattstunden Energie.

Der bei der Herstellung benötigte Wasserstoff wird durch fossile Brennstoffe wie Erdöl und Kohle erzeugt. Anstatt wertvolle Kohlenwasserstoffe in Ammoniak umzuwandeln, verpufft Kohlendioxid als Abfallprodukt in die Atmosphäre. Glaubt man den Angaben des Deutschen Bundestages, werden bei der Produktion von einer Tonne Ammoniak zwei Tonnen Kohlendioxid freigesetzt.

Innerhalb der Stickstoffdüngerkette wird - den Angaben des Düngemittelherstellers Yara zu Folge - die meiste Energie für die Produktion von Stickstoffdünger verbraucht. Während für die Produktion einer Tonne Stickstoff als Kalkammonsalpeter etwa 40 Gigajoule benötigt werden, verbrauchen Transport und Ausbringung dieser einen Tonne zusätzlich ein bis drei Gigajoule.

Zwar wird seit kurzem die Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien diskutiert, wie eine Studie von 2017 zeigt. Die Forschung dazu steckt allerdings noch in den Anfängen.

Ineffizienter Mineraldünger

Synthetisch hergestellter Dünger auf dem Acker ist äußerst ineffizient. Das fällt sogar dem Chemie-Giganten BASF auf: Kommt zu viel Stickstoff auf den Acker, sind Nitrat-Auswaschung und jede Menge Ammoniak- und Lachgas-Emissionen vorprogrammiert, heißt es sinngemäß auf der Konzern-Website.

Auch bei der Lagerung und Ausbringung von Gülle entstehen Treibhausgas-Emissionen. Passenderweise verkauft der Konzern ein Mittel, das den Einsatz von Stickstoff in Gülle und Gärresten effizienter machen soll. So lässt sich aus der Ineffizienz von Stickstoff wenigstens noch Profit schlagen.

Einer Stickstoffbilanzierung des Umweltbundesamtes (UBA) zu Folge wurden von 1995 bis 2017 rund 574.000 Tonnen Stickstoff als Gärreste aus Biogasanlagen auf die Felder gebracht. Das sind rund 18 Prozent der in der Landwirtschaft umgesetzten Stickstoffmenge. Würde man Stickstoff in Gülle und Gärresten aus Biogasanlagen effizienter nutzen, so die Autoren, ließe sich viel Dünger einsparen und dessen Herstellung entsprechend herunterfahren.

Klimakiller Lachgas

Wird zu viel Gülle, Stickstoff- oder Mineraldünger zum falschen Zeitpunkt ausgebracht, kann der Stickstoff von den Nutzpflanzen nicht aufgenommen werden. Die Überschüsse entweichen als Lachgas in die Atmosphäre. Lachgas entsteht durch reaktive Stickstoffeinträge aus organischen und mineralischen Düngemitteln und atmosphärischen Stickstoff, wenn Nitrat und Ammoniak in die Naturräume gelangen, aber auch aus Pflanzenreststoffen.

Lachgas hat eine 300 Mal stärkere Klimawirkung als Kohlendioxid und trägt sechs bis sieben Prozent zum weltweiten Treibhauseffekt bei. Außerdem greift es die Ozonschicht an.

Glaubt man dem UBA, stammen 80 Prozent aller Lachgas-Emissionen in Deutschland aus der Landwirtschaft. Den Zusammenhang zwischen landwirtschaftlicher Produktion und dem Anstieg von Treibhausgasen wies der britische Wissenschaftler Pete Smith 2007 nach.

Ihm zufolge werden Emissionen von Methan, Lachgas und Kohlendioxid nicht nur durch fossile Brennstoffe, sondern auch durch landwirtschaftlich genutzte Böden, Nutztiere, Kunstdünger und Pestizide aber auch durch die Umwandlung von Wäldern in Nutzflächen verursacht.

Neben dem Reisanbau ist auch Festmist, während er verrottet, eine Quelle von klimawirksamem Lachgas. Zwar haben, dem UBA zu Folge, die Lachgas-Emissionen aus dem Bereich Wirtschaftsdünger - inklusive Wirtschaftsdünger-Gärreste - von 1990 bis 2017 um 17 Prozent abgenommen.

Dennoch haben die Lachgas-Emissionen weltweit zugenommen. Der Weltklimarat IPCC habe die Lachgas-Emissionen aus Böden bislang unterschätzt, heißt es. Forscher des norwegischen Instituts für Luftforschung (NILU) kamen in einer im November 2019 im Fachmagazin Nature Climate Change veröffentlichten Studie zu dem Ergebnis, dass sich der Lachgasgehalt in der Atmosphäre seit Beginn der Industrialisierung bis zu Jahr 2017 stark erhöht hat.

Wurden von 2000 bis 2005 jährlich 16,3 Millionen Tonnen Stickstoff emittiert, so erhöhte sich der Wert von 2010 bis 2015 jährlich um 1,7 Millionen Tonnen. Zuletzt waren rund 2,3 Prozent des eingesetzten Stickstoffdüngers als Lachgas in die Atmosphäre entwichen.