Trotz Nawalnys Tod sollten die USA weiter Gespräche mit Putin suchen

Seite 2: Russische Opposition auf westliche Unterstützung angewiesen

Die traurige Wahrheit ist, dass der Ukraine-Krieg die russische liberale Opposition in eine politisch unmögliche Lage gebracht hat. Da sie von Putin weitgehend ins Exil gejagt wurde, ist sie auf westliche Unterstützung angewiesen. Das bedeutet jedoch, dass ihre prinzipielle Opposition gegen die russische Invasion von der russischen Regierung als Verrat in Kriegszeiten dargestellt werden kann - und von vielen einfachen Russen als solcher angesehen wird.

Wie bei der iranischen, chinesischen und anderen Oppositionsbewegungen erlaubt die offizielle Unterstützung aus Washington den herrschenden Regimen, die Bezeichnung "Verräter" noch stärker herauszustreichen.

Eine (individuell unterschiedliche) Kombination aus Idealismus, Abhängigkeit vom Westen und Hass auf Putin führt dazu, dass sich viele russische Oppositionelle - gewollt oder ungewollt - mit ukrainischen und westlichen Positionen identifiziert haben, die ausdrücklich eine vollständige russische Niederlage fordern, anstatt für einen Kompromissfrieden in der Ukraine einzutreten.

Nicht viele Russen wollen Russland besiegt sehen

Und obwohl nicht viele Russen den Krieg wollten, wollen auch nicht viele Russen Russland besiegt sehen. Wie ich bereits erwähnt habe, waren selbst viele US-Amerikaner, die den Krieg in Vietnam entschieden ablehnten, empört, als Jane Fonda nach Hanoi ging. Wenn sie vor dieser Reise eine Chance hatte, in ein Amt in den USA gewählt zu werden, so hatte sie diese danach sicher nicht mehr.

Jede Hoffnung auf einen Wiederaufbau des Liberalismus in Russland (und in der Tat auch in der Ukraine, wenn auch in viel geringerem Maße) setzt daher ein Ende des Krieges voraus. Denn ein gewisses Maß an Autoritarismus ist eine natürliche Begleiterscheinung jedes Krieges, und Regime auf der ganzen Welt haben dies ausgenutzt, um ihre eigene Macht zu vergrößern.

Ebenso wichtig: Die Massenunterstützung für Putin hängt entscheidend von der weitverbreiteten Überzeugung ab, dass der Westen Russland nicht nur besiegen, sondern auch als Staat zerstören will. Um das zu verhindern, ist es demnach unerlässlich, die Regierung zu unterstützen.

Zumindest im Moment hat dies den zuvor weitverbreiteten Unmut über die Korruption des Regimes - den Nawalny kanalisierte - in den Hintergrund gedrängt. Keine noch so große westliche oder russische Oppositionspropaganda kann dieses russische Bild ändern. Der Frieden könnte es ändern, wenn man ihm eine Chance gibt.

Der Artikel erscheint in Kooperation mit Responsible Statecraft. Das englische Original finden Sie hier. Übersetzung: Uwe Kerkow.

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