Trump positiv auf Coronavirus getestet

Erste Reaktionen: viel Drama und Häme. Wie die Infektion den Wahlkampf verändert, ist offen

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Donald Trump und seine Frau Melania wurden positiv auf das Corona-Virus getestet, wie der US-Präsident über Twitter bekannt gab. Beide würden sich nun in Quarantäne begeben und sich erholen.

Die Nachricht schlug sofort ein, gelegentlich mit höchster Dramatik: "Der Dax stürzt zur Eröffnung um 1,3 Prozent auf 12.559 Punkte in die Tiefe." Richtig tief sieht anders aus, aber der erregt eröffnete Tageschau-Bericht fängt sich dann auch gleich im zweiten Satz: Nach einer halben Handelsstunde habe sich der Leitindex schon wieder erholt. Der Einbruch von Dax und US-Future-Märkten sei nur eine Kurzschlussreaktion der Märkte gewesen: "Die erste Reaktion des Marktes war negativ, aber ich bin mir nicht sicher, ob sich das als nachhaltig erweist", so ein Schweizer Anlagestratege. Doch bleibe "extreme Unsicherheit", so die Tageschau.

Die Börsen haben sich schnell erholt, wichtiger werden die Job-Daten, die heute Nachmittag aus den USA kommen, meldet die Börsenexpertin der Welt, wo man eine Extra-Livesendung zum Großereignis der Trumpschen Testergebnisse eingerichtet hat. Ein Blick in die sozialen Netzwerke zeige viel Häme und Schadenfreude. Nichts anderes erwartet man von Twitter.

Aber selbst beim französischen Regierungssprecher Gabriel Attal schwingt ein hämischer Unterton mit: "Das Virus verschont niemanden, einschließlich derjenigen, die sich skeptisch gezeigt haben", sagte Frankreichs Regierungssprecher Gabriel Attal. Sätze von Trump, wie sie der Guardian zitiert - "Ich wollte nur sagen, dass das Ende der Pandemie in Sicht ist", angeblich wenige Zeit vor den Tests geäußert, wie es die britische Zeitung nahelegt - sind freilich auch Vorlagen für ebensolche unsachlichen Reaktionen. Wer von Desinfektionsmitteln schwadroniert, bekommt dafür reichlich Retourkutschen.

Kommentare gibt es viele, genaue Informationen, wie ernst die Infektion ist oder wie Trump medizinisch behandelt wird, stehen noch aus. Unklar ist auch, ob er weiter Hydroxychloroquin eingenommen hat, das ihm vor einigen Wochen als eine Art Prophylaxemittel brauchbar vorkam und das eine ganze Zeit lang hoch im "Gegen"-Diskurs stand.

Ambivalent sind die Ansichten zur großen Wahlkampf-Frage: Inwieweit die Infektion dort eine Rolle spielt und welche? Ein Wahlkampfgeschenk an die Demokraten? In der New York Times, wo man die Spekulationen über die Folgen einer Covid-Erkrankung des Präsidenten von einer möglichen Amtsübernahme von Pence bis zum Fall, dass Nancy Pelosi formell an der Reihe wäre, treibt, ist man der Überzeugung, dass das positive Testergebnis von Trump "seine weitere Wahlkampagne vor jähe Schwierigkeiten stellen könnte".

Ohne Dramatik geht es offenbar nicht. Übersehen wird dabei, dass Trump eine große Showbegabung hat und sich auf der Drama-Bühne besser bewegen kann als seine Konkurrenz. Wie sein brasilianischer Amtskollege Bolsonaro vorgemacht hat, kann man aus einer Sars-CoV-2-Infektion ein Heldenstück inszenieren. "Wir haben es geschafft. Alles nicht so schlimm, habt keine Angst."

In China sieht man das mit mehr Abstand und reagiert auf die ständigen Kampfansagen Trumps : Die globale Todesfälle infolge Covid-19 haben am Dienstag die eine Million-Marke überschritten. "Das ist schockierend." China sei das einzige bevölkerungsreiche Land, das die tödliche Epidemie effektiv unter Kontrolle gebracht hat.

Die Regierung Trump habe das nicht geschafft, sie sei gescheitert, so die regierungsnahe Global Times in einem Leitartikel von Ende September, der ganz oben auf der Webseite steht. Die Nachricht der Infektion Trumps hat nur ein paar nüchterne Zeilen.