Trumps neue Kehrtwende: Iran erfüllt die Bedingungen des Atomabkommens

US-Vizepräsident Mike Pence auf dem Flugzeugträger Ronald Reagan. Das erinnert an einen anderen Auftritt, wo es groß hieß: "Mission accomplished". Bild: Weißes Haus

Iran gilt weiter als "führender Unterstützer des Terrorismus", Mike Pence droht wieder Nordkorea auf dem Flugzeugträger Ronald Reagan: "Das Schwert ist gezogen"

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Immer wieder hatte Donald Trump gesagt, das Atomabkommen mit dem Iran zurückzunehmen. Es sei "desaströs", es sei "der schlechteste Deal, der jemals verhandelt wurde", für ihn sei es oberste Priorität, ihn aufzukündigen, Obama habe sich ausmanövrieren lassen.

Die 5+1-Gruppe (Russland, USA, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland) hatten sich 2015 mit Iran geeinigt, die Wirtschaftssanktionen schrittweise zu senken, wenn Iran Atomanlagen umbaut, Uran-Vorräte drastisch reduziert, ebenso muss die Zahl der Zentrifugen um Zweidrittel verringert werden und Uran darf nur noch bis 3,67 Prozent angereichert werden, für eine Atombombe wären 90 Prozent erforderlich.

Namhafte Wissenschaftler hatten die Trump-Regierung in einem Offenen Brief aufgefordert, an dem Abkommen festzuhalten. Er sei ein "Bollwerk" gegen ein iranisches Atomwaffenprogramm, Iran würde jetzt nicht mehr Wochen, sondern Monate benötigen, um eine Atomwaffe herzustellen, allerdings würden Inspektoren und Kontrollgeräte dafür sorgen, dass es hier keine Überraschung geben könne.

Jetzt hat das Weiße Haus den Kongress benachrichtigt, dass der Iran die Verpflichtungen des Atomabkommens einhält, weswegen die schon umgesetzte Aufhebung der Sanktionen beibehalten werde. Damit macht die Trump-Regierung wieder eine der bereits vielen Kehrtwenden. Das könnte von Einsicht zeugen, was vielleicht auch mit der Degradierung seines rechten Beraters Stephen Bannon zusammenhängt, vielleicht aber auch nur davon, während der hochkochenden Konflikte mit Nordkorea und Russland sowie dem größeren Engagement im Jemen-Krieg nicht gleich wieder den nächsten Deckel aufzumachen. Möglicherweise hat sich auch die Nähe zur israelischen Regierung etwas abgekühlt, der Trump zu Beginn seiner Präsidentschaft schnell beigesprungen war.

US-Außenminister Rex Tillerson machte aber klar, dass es sich jetzt nur um eine vorläufige Entscheidung handelt. Paul Ryan, dem Sprecher des Repräsentantenhauses, schrieb er, dass das Abkommen weiter vollständig geprüft werde: "Iran bleibt über viele Plattformen und Methoden ein führender staatlicher Unterstützer des Terrors", die vom Nationalen Sicherheitsrat geleitete Prüfung werde bewerten, ob das Abkommen für die nationalen Sicherheitsinteressen der USA entscheidend ist. Man behält sich also vor, das Abkommen jederzeit doch noch aufzukündigen. Alle drei Monate muss das Weiße Haus entscheiden, ob das Abkommen weiter von den USA als gültig anerkannt wird.

Der Iran hatte schon gewarnt, das Atomprogramm wieder anzufahren, wenn die USA sich nicht an das Abkommen halten. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums Bahram Qassemi hatte vor kurzem den US-Verteidigungsminister James Mattis gerügt, der im Februar den Iran gleichfalls den "größten staatliche Unterstützer von Terrorismus" genannt hatte. Kurz zuvor hatte Donald Trump neue, nicht mit dem Atomabkommen zusammenhängende Sanktionen verhängt, nachdem das Land am 31. Januar einen Raketentest durchgeführt hat.

Damals hatte Michael Flynn, der noch Sicherheitsberater war, erklärt, der Iran werde nun offiziell gewarnt. Mit seinem "provokativen" Test einer Mittelstreckenrakete habe das Land eine UN-Sicherheitsrat-Resolution verletzt, die Iran die Entwicklung von Raketen für Atomwaffen verbietet. Auch er wiederholte die Bezeichnung des Iran als "weltweit führenden staatlichen Unterstützer des Terrorismus", der gewaltsame Aktionen fördere, die die Stabilität der Region gefährden. Die internationale Gemeinschaft sei "gegenüber dem bösen Verhalten zu tolerant" gewesen, der Iran gefährde weiterhin die USA und ihre Alliierten: "Die Tage, Irans feindliche und kriegerische Aktionen gegenüber den USA und der Weltgemeinschaft zu übersehen, seien vorüber", drohte er in einer Mitteilung.

Der Iran bezeichnete die Rakete als reines Mittel zur Selbstverteidigung, das nicht von der Resolution umfasst wird. Man werde sich dies nicht verbieten lassen. Qassemi sagte, Mattis solle derartige "bösartigen Anklagen" unterlassen und lieber schauen, dass die die regionalen US-Alliierten ihre umfangreiche finanziellen, ideologischen und militärischen Hilfen für die Terroristen einstellen, die in mehreren Ländern zur Plage geworden seien. Der Krieg im Jemen, wo die USA die saudische Koalition unterstützen, würde die Instabilität in der Region mehren. Kritisiert wurde von ihm auch die Unterstützung der israelischen Atomwaffenaktivitäten.

Nicht ganz so beeindruckend wie nordkoreanische Inszenierungen: Mike Pence auf dem Flugzeugträger Ronald Reagan. Bild: WH

Das Säbelrasseln geht weiter

Offenbar hat die Trump-Regierung nach einem Zwischenschritt über Syrien, um dort auf relativ ungefährlichem Territorium die Bereitschaft zu Militärschlägen zu demonstrieren, umgeschaltet auf Nordkorea. Dort war allerdings gerade bekannt geworden, dass die Drohungen vor möglichen schnellen Interventionen erst einmal hohle Luft sind, Trumps "Armada" kommt frühestens am 25. April in die Nähe von Nordkorea (Nordkorea: Trumps "Armada" noch tausende Kilometer entfernt). Um so wichtiger war vermutlich, dass US-Vizepräsident Pence gestern den in Japan zur Überholung befindlichen Flugzeugträger Ronald Reagan besuchte und mitten unter Soldaten eine Rede hielt.

Er beschwor auf dem Flugzeugträger im Marinestützpunkt Yokosuka in der von US-Regierungen gewohnten Rhetorik, dass "die USA immer den Frieden suchen, aber unter Präsident Trump ist der Schild erhoben und das Schwert gezogen". Es geht also weiter mit Drohungen auf einem Flugzeugträger, der aber noch nicht einsatzbereit ist: "Wer unsere Entschlossenheit und Bereitschaft herausfordert, sollte wissen", so Pence säbelrasselnd, "das wir jeden Angriff niederschlagen und jeder Anwendung konventioneller oder nuklearer Waffen mit einer überwältigenden und effektiven amerikanischen Antwort begegnen."

US-Verteidigungsminister James Mattis ist gerade auf seiner Reise in den Nahen Osten in Saudi-Arabien eingetroffen, das mit einer Koalition aus anderen Golfstaaten einen Krieg mit Unterstützung der USA im Jemen führt, dem bereits zahlreiche Zivilisten zum Opfer gefallen sind und der das Land noch weiter verwüstet, in dem hunderttausende Kinder Hunger leiden und nach UN-Angaben 19 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.

Daran wird sich auch nicht viel ändern, auch nicht daran, dass die Trump-Regierung offensiv die autoritäre Monarchie als Regionalmacht, die mindestens ebenso als staatlicher Unterstützer des Terrorismus angesehen werden könnte, gegen den Iran unterstützt. Saudi-Arabien, so schmeichelte Mattis, sei ein wichtiger Sicherheitsalliierter der USA seit mehr als 7 Jahrzehnten und ein wichtiger Bestandteil für die Sicherheit in der Region und die amerikanischen Interessen. Man wolle die Beziehungen vertiefen. Nach Saudi-Arabien besucht Mattis Ägypten, Israel, Katar und Dschibuti.