Türkische Regierung will kostenlosen Internetzugang einführen

Für Personen und Familien mit geringem Einkommen soll die digitale Kluft geschlossen werden, aber das hat auch seinen Preis

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Obgleich die türkische Regierung in stetem Kampf gegen das Internet und die sozialen Netzwerke ist, die Zensur zunimmt und die freie Meinungsäußerung immer eingeschränkter wird, will das Entwicklungsministerium nach seiner Strategie für die Informationsgesellschaft 2015-2018 die digitale Kluft schließen und den Bürger und Familien mit geringem Einkommen einen kostenlosen Internetzugang zur Verfügung stellen, wie Hürriyet berichtet.

Nach einer Umfrage im Auftrag der Regierung haben erst 60,2 Prozent der Haushalte einen Internetzugang. Offenbar steigt die Nutzung rasant an, 2013 sollen es nur 49,1 Prozent gewesen sein. Von den Haushalten, die noch keinen Interzugang haben, sagen 42,8 Prozent, sie bräuchten keinen, für 31,9 Prozent sind die Kosten zu hoch.

Der kostenlose Internetzugang hat jedoch seine Einschränkungen. Die Nutzer sollen möglichst nur auf das zugreifen, was die Behörden für nützlich erachten. So gibt es einen unbegrenzten Zugriff auf bestimmte Websites, die "nützlich" für Schüler und Familien sein sollen. Für den Rest des Web soll es Begrenzungen geben. Ob es auch Sperren geben wird, geht aus dem Bericht der Zeit Hürriyet nicht hervor.

Gerade hat allerdings das Familienministerium nach einer Untersuchung empfohlen, das Spiel Minecraft zu verbieten. Das Spiel, das in Deutschland von der USK ab 6 Jahren freigegeben ist, basiere auf Gewalt, weil feindliche Kreaturen getötet werden müssten. Manche Kinder könnten Spiel und Wirklichkeit nicht unterscheiden und davon ableiten, dass das Foltern von Tieren diesen keine Schmerzen zufüge. Zudem könne es einerseits die Kinder "sozial isolieren" oder im Multiplayer-Modus diese Mobbing oder Missbrauch aussetzen.

Nach der Website Engelli Web haben die türkischen Behörden den Zugriff auf 67.683 Adressen gesperrt. Das kostenlose Internet für die Armen könnte auch eine Möglichkeit sein, ein noch besser staatlich reguliertes Internet einzuführen. Mit dem kostenlosen Internet soll auch die Internet-Infrastruktur modernisiert werden. Neubauten müssen einen Internetzugang ermöglichen.

Bei der Handynutzung sieht es allerdings anders aus. So gibt es in der Türkei mit einer Bevölkerung von 80 Millionen Menschen fast 70 Millionen Handys. Bis zum Ende des Jahres sollen 4G-Mobilfunknetze verfügbar sein. Innerhalb der nächsten sechs Jahre sollen nach dem Verkehrs- und Kommunikationsminister mindestens 90 Prozent auf 4G-Netze zugreifen können.