Türkisches Militär will Kampfdrohnen einsetzen

Bayraktar TB2. Bild: Bayhaluk/CC-BY-SA-4.0

Für den Gemeinsamen Menschenrechtsausschuss des britischen Parlaments sind gezielte Tötungen mit Drohnen in Gebieten nicht legal, in denen offiziell kein Krieg herrscht

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In den USA wird stillschweigend der Einsatz von bewaffneten Drohnen zur Tötung von mutmaßlich verdächtigen Extremisten und anderen Gegnern auch in Ländern, in denen die USA keinen erklärten Krieg wie im Jemen oder in Pakistan oder einen völkerrechtswidrigen Krieg wie in Syrien führt, geduldet. Umstritten ist vor allem, auf welcher legalen Grundlage auch US-Bürger im Ausland gezielt mit einer Drohne getötet werden dürfen.

Nach den Vereinten Nationen ist auch die gezielte Tötung in einem bewaffneten Konflikt zur Selbstverteidigung prinzipiell legal, wenn es sich um einen Akt der Kriegsführung gegen einen an den Kämpfen direkt teilnehmenden Menschen handelt und wenn Sorge dafür getragen wird, dass keine unschuldigen Zivilisten Schaden erleiden. Offengelegt werden müssten aber auch hier die rechtlichen Maßstäbe und Kriterien, nach denen verfahren wird, um beurteilen zu können, ob es sich um Kriegsverbrechen handelt. Anders sieht es in nicht-internationalen Konflikten und bei der Strafverfolgung aus. Dort können nur Menschen in letzter Maßnahme getötet werden, wenn sie eine unmittelbare Gefahr für das Leben darstellen, die Anwendung der tödlichen Gewalt also notwendig und angemessen ist.

MQ-9 Reaper. Bild: DoD

Der Menschenrechtsausschuss des Europarats hat in einem Bericht im letzten Jahr darauf gedrängt, beim Einsatz von Drohnen zur gezielten Tötung Menschenrechte und das Internationale Recht zu beachten.

Man sei alarmiert über das schnelle Ansteigen tödlicher Drohneneinsätze, die beträchtliche "Kollateralschäden" für Zivilisten hätten. Gefordert wird auch angesichts der Tatsache, dass Mitgliedsländer bewaffnete Drohnen erworben haben, Transparenz, Überprüfung durch Gerichte und ein Verbot gezielter Tötungen aufgrund von Daten, die durch Massenüberwachung gesammelt wurden.

Türkei will eigene Kampfdrohnen im Kampf gegen den Terror einsetzen

Die Türkei ist ein Mitgliedsland des Europarats. Offenbar sollen dort auch bewaffnete Drohnen im Inland im Kampf gegen den Terror, also auch gegen die PKK, eingesetzt werden, wie Hurrieyet berichtet. General Hulusi Akar, der Oberkommandierende der türkischen Streitkräfte, hatte am 2. Mai Präsident Erdogan und den damals noch im Amt befindlichen Regierungschef Davotuglu angekündigt, im Inland Kampfhubschrauber und bewaffnete Drohnen einzusetzen, die in der Türkei hergestellt werden. Anlass sollen die vom IS ausgehenden Raketenangriffe auf die türkische Grenzstadt Kilis gewesen sein.

Ende letzten Jahres wurde vom türkischen Militär erstmals eine bewaffnete Version der von den türkischen Firmen Kale Group und Baykar Makina hergestellten Drohne Bayraktar TB2 getestet. Aus einer Höhe von 5 km konnte angeblich mit einer lasergesteuerten, vom Hersteller Roketsan modifizierten UMTAS-Rakete ein 8 km entferntes Ziel präzise getroffen werden. Damals war bereits angekündigt worden, mit bewaffneten Drohnen an der Grenze zu Syrien und dem Irak einzusetzen (Türkei steigt in den Club der Länder mit Kampfdrohnen ein). Die Türkei verstärkte die Entwicklung eigener Kampfdrohnen, nachdem die USA es 2008 abgelehnt hatten, dem Land bewaffnete Predatordrohnen zu liefern. Letztes Jahr hatte die Türkei es den USA erlaubt, den Stützpunkt Incirlik für Kampfflugzeuge und bewaffnete Drohnen im Kampf gegen den IS zu benutzen.

So weit bekannt, wurden in der Türkei noch keine Regeln für den Einsatz von Kampfdrohnen im In- und Ausland beschlossen. Mit dem Rücktritt von Davutoglu werden wohl keine sonderlichen Restriktionen im Kampf gegen den Terror auch im Inland gesetzt werden. Man darf davon ausgehen, dass die türkische Regierung nicht von einem Kriegszustand im eigenen Land sprechen will. Sollten Kampfdrohnen auch im Inland gegen die PKK für gezielte Tötungen eingesetzt werden, wäre dies eine Verletzung der Menschenrechte und auch ein Kriegsverbrechen.

Streit über Kampfdrohnen in Großbritannien

In Großbritannien wird immerhin auch parlamentarisch über den Einsatz von Kampfdrohnen diskutiert. Der Gemeinsame Menschenrechtsausschuss (JCHR) hat in einem gerade veröffentlichten Bericht die britische Regierung kritisiert. Diese meint, es sei mit dem Internationalen Recht vereinbar, Kampfdrohnen für gezielte Tötungen von mutmaßlichen Terroristen, inklusive britischen Bürger, auch in Gebieten einzusetzen, in denen offiziell kein Krieg herrscht.

Nach dem Bericht sind solche Angriffe mit dem Kriegsrecht nicht vereinbar. Entscheidungen, Menschen in Ländern zu töten, mit denen sich Großbritannien nicht offiziell im Krieg befindet, würden unter Artikel 2 (Recht auf Leben) der Europäischen Menschenrechtskonvention fallen: "Das Recht jedes Menschen auf Leben wird gesetzlich geschützt. Niemand darf absichtlich getötet werden, außer durch Vollstreckung eines Todesurteils, das ein Gericht wegen eines Verbrechens verhängt hat, für das die Todesstrafe gesetzlich vorgesehen ist."

Außerhalb eines bewaffneten Konflikts, so der Bericht, gelte das Kriegsrecht definitionsgemäß nicht, sondern es müssten die Menschen rechte, insbesondere das Recht auf Leben der Europäischen Menschenrechtskonvention angewendet werden. Die Behauptung der britischen Regierung, dass sie in Übereinstimmung mit dem Kriegsrecht handele, sei durch eine falsche Auslegung der Rechtslage begründet.

Der Ausschuss gab den Bericht in Auftrag, nach dem eine britische Kampfdrohne des Typs MQ-9 Reaper den britischen Bürger Reyaad Khan 2015 in Syrien tötete. Er sei ein IS-Mitglied und habe eine unmittelbare Gefahr für die Sicherheit Großbritanniens dargestellt, so die Regierung in Analogie zu den Begründungen der US-Regierung. Zu dieser Zeit hatte das Parlament nur den Einsatz von militärischer Gewalt im Irak gegen den IS gebilligt, aber diesen in Syrien explizit verboten.

Klärungsbedürftig sei auch, was die Regierung unter Selbstverteidigung und einer unmittelbaren Bedrohung versteht: "In particular, we ask the Government to clarify whether it agrees with our understanding of the legal position, that while international law permits the use of force in self-defence against an imminent attack, it does not extend more widely to authorise the use of force pre-emptively against a threat which is more remote, such as plans which have been merely discussed but which lack the necessary intent or capability to make them imminent."