US-Botschafter: Russische Generäle im Donbass

Während die Ukraine mit dem militärischen Konflikt beschäftigt ist, müssen nun nach griechischem Vorbild "Reformen" für den IWF-Kredit beschlossen werden

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Die ukrainischen Streitkräfte werfen den Separatisten vor, wieder einige Verletzungen des Waffenstillstands begangen zu haben. Zudem behauptet Lysenko, der ATO-Sprecher, dass die Separatisten tagsüber die schweren Waffen zurückziehen und Nachts wieder vorrücken lassen. Er spricht auch davon, dass die Separatisten sich angeblich auf Angriffe bei Mariupol, Artemivsk und Luhansk vorbereiten würden. Die OSZE-Beobachter erklärten in ihrem letzten Bericht, dass sie zumindest vier Konvois in der "Volksrepublik" Doenzk begleitet hätten, die von der Front zu den angegebenen Stellungen zurückgezogen worden seien.

Das mag man glauben oder nicht, bislang hält der Waffenstillstand jedenfalls einigermaßen. Schießereien scheinen vor allem bei Pisky in der Nähe von Donezk stattzufinden, wo am 28. Februar der ukrainische Fotoreporter Sergei Nikolayev vermutlich durch eine Landmine ums Leben kam. Andere ukrainische Medien berichten von Artilleriebeschuss. Er ist der erste im Konflikt getötete ukrainische Journalist, bislang starben hier 5 russische Journalisten und ein italienischer.

Nach Geoffrey Pyatt, dem US-Botschafter in der Ukraine, werden die USA 2015 120 Millionen US-Dollar Militärhilfe für Waffen und Ausbildung zahlen, unklar sei nur noch, ob auch "letale Waffen" geliefert werden. Das wird den Konflikt mit Russland nicht dämpfen. Zumal Pyatt auch noch behauptete, dass russische Generäle im Donbass tätig seien und russische Offiziere Operationen leiten. Und er legte nach: "Wir wissen, dass reguläre russsiche Truppen an der Besetzung von Debaltseve und an militärischen Aktionen teilnehmen, die nach dem Inkrafttreten des Minsker Abkommens durchgeführt wurden. Russland hat aberhunderte schwere Waffen seit Dezember nach dem Waffenstillstand geliefert." Sie seien insbesondere für den Angriff auf Debaltseve eingesetzt worden. Pyatt erklärte, ganz auf Propaganda gegen Moskau getrimmt,, dass der Konflikt mit einem Telefonanruf von Putin beendet werden könnte.

Der ukrainische Präsident Poroschenko fährt weiterhin auf zwei Schienen, die sich kaum verbinden lassen. Er versucht, das Militär auch mit neuen Waffen aufzurüsten und kampffähiger zu machen, vielleicht auch um die von anderen Oligarchen finanzierten Milizen zu schwächen, die zunehmend gefährlich werden und auch dazu dienen, Antikorruptionsmaßnahmen zu verhindern, die bei nicht mit Poroschenko konformen Oligarchen auf Ablehnung stoßen. Der setzt allerdings auch schon sein vor der Wahl gegebenes Versprechen nicht um, seine Unternehmen und seine Anteile an Unternehmen zu verkaufen, wozu er durch die Verfassung verpflichtet wäre.

Gleichzeitig versucht Poroschenko immer wieder, den Krieg zu beenden, der die Wirtschaft des Landes nach unten bringt (was auch den eigenen Interessen des Oligarchen zuwiderläuft). Der Vorschlag, eine UN-Friedensmission in die Ostukraine zu schicken, natürlich ohne russische Beteiligung, ist nach der Zustimmung zum Minsker Abkommen die neueste Idee gewesen. Auf Resonanz stieß Poroschenko damit nicht, will aber morgen der Rada ein Gesetz vorlegen, dass eine solche UN-Mission ermöglichen würde.

Die ukrainische Regierung hofft auf baldige Zahlung des ausgehandelten vierjährigen IWF-Kredits über 17,5 Milliarden US-Dollar - und auf eine erste Tranche noch im März von 10 Milliarden US-Dollar. Das Land, das zudem immer mehr Geld in Rüstung steckt, steht vor der Pleite, die Wirtschaft ist letztes Jahr um mehr als 7 Prozent eingebrochen, die Währung sackt ebenso wie der russische Rubel weiter ab und hat allein in diesem Jahr bereits 50 Prozent an Wert verloren, während die Inflation galoppiert und auf über 28 Prozent im Januar angestiegen ist. Die Menschen holen ihr Geld von den Banken, vor allem Anlagen in ausländischen Währungen. Die Steuereinkommen gehen zurück, die staatlichen Ausgaben steigen, das ist eine Falle. Die Regierung versucht verzweifelt, den Fall der Griwna zu stoppen, hat dafür aber praktisch keine Währungsreserven mehr.

Um den IWF-Kredit zu erhalten, muss die ukrainische Regierung wieder einen hohen Preis zahlen, der die politische Stabilität des Landes gefährden könnte. Der IWF setzt weiter auf Sparmaßnahmen und eine neoliberale Wirtschaftspolitik, obgleich dies auch zuletzt wieder in Griechenland gescheitert ist. Die Sparmaßnahmen müssen erst noch durch ein Gesetz vor der Zahlung beschlossen werden. Über das von der Regierung vorgelegte Gesetz wird morgen in der Rada beschlossen. Ganz einfach dürfte das Durchwinken nicht werden, zumal Finanzministerin Natalie Jaresko schon deutlich machte, dass von der ersten Zahlung der Kredit-Tranche die Hälfte zur Stützung der Reserven der Nationalbank und die andere Hälfte zum Abbau der Auslandsschulden fließen werden. Die Direktorin Valeria Gontareva der Zentralbank soll nach dem Beschluss entlassen werden.

Um den Kredit zu erhalten, über den der IWF am 11. März entscheiden will, müssen die Energiepreise erhöht werden, die sowieso schon kräftig angestiegen sind. Vorgesehen sind weitere Privatisierungen, auch des Gesundheits- und Bildungswesens. 10 Prozent der Staatsangestellten sollen entlassen werden, gespart wird auch an sozialen Maßnahmen. Am problematischsten düften die Reformen sein, die das korrupte Oligarchensystem betreffen, also Antikorruptionsmaßnahmen und Vorgehen gegen Geldwäsche und Schwarzwirtschaft. Allerdings reichen die 17,5 Milliarden US-Dollar vom IWF bei weitem nicht aus, mindstens 40 Milliarden wird die Ukraine brauchen und hofft auf Geberländer wie Deutschland.

Der seit einigen Tagen weitgehend herrschende Waffenstillstand könnte auch das Leben der Menschen entspannen, die an der Frontlinie auf der ukrainischen Seite leben und die in den "Volksrepubliken" geblieben sind. Für den 4. März ist der nächste russische Hilfskonvoi angekündigt. Die Preise für Brot steigen in Donezk, unklar ist die Versorgung mit Gas. Die Ukraine will nicht für die "Volksrepubliken" zahlen und hat die Versorgung abgeklemmt. Stattdessen liefert Russland. Angeblich wird die Durchleitung von russischem Gas blockiert. Putin warf Kiew darauf Völkermord vor, Gazprom droht mit dem Abbruch der Gasexporte, angeblich sei die Ukraine im Rückstand mit Zahlungen. Im Herbst war ein Deal unter der Vermittlung der EU ausgehandelt worden, bis Ende März zu einem festgelegten Preis und nach Vorauskasse Gas zu liefern. Heute wird verhandelt.