USA: Zahl der Über-65-Jährigen, die noch arbeiten, auf Rekordhöhe

Mit der Verrentung sind dementsprechend immer weniger zufrieden, 12 Prozent wollen/können sich nicht zur Ruhe setzen

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In Deutschland wird diskutiert, das Renteneintrittsalter, vielleicht flexibel, weiter hinauszuschieben, um das bestehende Rentensystem zu sichern. In das zahlen freilich nur zwangsweise die Angestellten ein. Voraussehbar ist, sollte sich nichts grundsätzlich politisch ändern, was nicht zu erwarten ist, dass immer mehr Menschen immer länger arbeiten müssen, um nicht in Armut zu rutschen oder sich überhaupt über Wasser zu halten.

Einen Vorschein sieht man bereits in den USA. Auch hier müssen immer mehr Menschen nach dem Renteneintrittsalter weiterarbeiten. Zweifellos wollen dies auch einige oder wahrscheinlich auch zunehmend mehr nicht nur wegen des Geldes, sondern weil für sie ein Leben nur in Freizeit nicht erfüllt wäre und sie auch körperlich und geistig so fit sind, auch weiter arbeiten zu können. Tatsächlich lässt sich fragen, ob die relativ willkürlich gesetzte Grenze von 65 Jahren für die meisten Menschen, die nicht körperlich schwer arbeiten mussten und allgemein eine höhere Lebenserwartung als zu der Zeit haben, als diese Grenze eingeführt wurde, noch einen Sinn macht - vor allem wenn sie für alle Menschen, ungeachtet ihrer Tätigkeit und ihres gesundheitlichen Zustands, gelten soll.

Zudem geht es die Lebenserwartung zwischen Reichen und Armen ebenso auseinander wie zwischen den Vermögen. Wer nichts hat, der stirbt auch früher und kann daher nicht länger Rente beziehen oder arbeiten. Wenn jedoch immer mehr alte Menschen auch aus Zwang arbeiten müssen und auch niedrigere Löhne in Kauf nehmen, wird sich auch auf dem Arbeitsmarkt, nicht nur politisch, ein Generationenkonflikt ergeben.

In den USA scheinen die besten Jahre die frühen 1980er gewesen zu sein. Dann hat Ronald Reagan im Sog des Neoliberalismus das Steuer herumgedreht und bewerkstelligt, dass die Gesellschaft immer weiter auseinanderdriftet. In den 1980er Jahren arbeiteten nur 10 Prozent der Über-65-Jährigen. 1965 waren es noch 18 Prozent. Bis 2000 veränderte sich allerdings wenig, das Auskommen scheint gesichert gewesen zu sein, aber so ab 2000 mit der Dotcom-Pleite und dem Beginn des Kriegs gegen den Terror stieg die Zahl der Amerikaner über 65 Jahre, die weiterhin einer Arbeit nachgingen, kontinuierlich an. 2016 wurde ein Rekord erreicht, jetzt gehen 18,6 Prozent einer Lohnarbeit nach, mehr als 1965.

Nach einer Umfrage aus dem letzten Jahr wollen 27 Prozent der Amerikaner so lange wie möglich arbeiten, 12 Prozent erklärten gar, sich überhaupt nicht zur Ruhe setzen zu wollen, die Meisten in der Gruppe gehören den Ärmsten an. 49 Prozent der Teilzeitarbeitenden und 36 Prozent der Vollzeitarbeiter sagen, sie würden weiter auf der Grundlage ihrer jetzigen Löhne arbeiten wollen. Damals sagten schon 47 Prozent der Rentner, sie könnten eine unvorhergesehene Zahlung von 400 US-Dollar nicht bewältigen.

Möglicherweise hängt es eben auch mit der Rente oder dem Vermögen zusammen, dass mehr Amerikaner mit der Verrentung nicht mehr glücklich sind. In einer Umfrage gaben 2012 nur noch 48 Prozent an, sie seien mit der Verrentung "sehr zufrieden", 1998 waren es noch 60 Prozent.

Schaut man sich die Statistik für 2015 an, so arbeiten von den 9 Millionen Über-65-Jährigen noch mehr als 1,8 Millionen, als arbeitslos gemeldet sind nur 64.000. Unter den auch nach dem Renteneintrittsalter Arbeitenden findet man mehr Männer als Frauen. Fast 27 Prozent der Männer arbeiten weiter, aber nur etwas mehr als 15 Prozent der Frauen.