"Überrascht von Tunnel in 40 Meter Tiefe"

Gazakonflikt: Die IDF berichtet von Schwierigkeiten, Tunnelbauten mit technischen Mitteln zu entdecken. Erwogen wird erneut der Bau eines unterirdischen Zauns entlang der Grenze, der allerdings sehr teuer kommt und keinen verlässlichen Schutz bietet

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Während in Kairo über die Verlängerung der Waffenruhe verhandelt wird - zur Stunde gibt es noch keine Einigkeit darüber -, kursieren Bilder der enormen Zerstörungen im Gaza-Streifen durch Angriffe der israelischen Armee. Es werden Bilanzen gezogen, dazu gehört auch, ob das offizelle Ziel des IDF-Militäreinsatzes, die Zerstörung der Tunnel, erreicht wurde.

Geht es nach einem Bericht der Zeitung Ha'aretz, so bleibt offen, ob diese militärische Zielvorgabe vollständig erreicht wurde. Zwar bilanziert die IDF, dass 32 Tunnel zerstört bzw. funktionsuntüchtig gemacht wurden, aber Aussagen von Militärs lassen darauf schließen, dass die Armee über die Art der Tunnelanlagen, die sie im Gazastreifen entdeckt haben, überrascht war. Und weitere Überraschungen somit auch nicht ausgeschlossen sind.

Drei Divisionen, zehntausend Soldaten sollen mit der Aufgabe betraut gewesen sein, Tunnel zu finden und zu zerstören. Angewiesen waren sie dabei auf Instruktionen des sogenannten Combat Engineering Corps. Es stellte sich laut Zeitungsbericht heraus, dass die Vorbereitungen zur Lokalisierung der Tunnel große Lücken hatten; erst nach Einmarsch der Bodentruppen habe man vor Ort konkrete Anweisungen geben können.

Einstieg in einen Tunnel. Ausschnitt eines IDF-Videos über Mottorräder und Waffen in den unterirdischen Gängen

Instrumente zur Auffindung von Tunnel seien nicht sonderlich zuverlässig gewesen und auch militärische Übungen, die man zuvor abgehalten habe, hätten sich als nur bedingt nützlich erwiesen, das sie an Modellen durchgeführt wurden, die sich an Tunnelbauten orientiert haben, wie die Armee sie aus dem zweiten Libanon-Krieg kannte. Die Gaza-Tunnel seien aber anderer Art gewesen.

Hervorgehoben wird insbesondere die Tiefe. Man sei nicht darauf vorbereitet gewesen, wird ein Militär zitiert, dass manche in 40 Meter Tiefe lagen. Eingänge seien schwer zu entdecken gewesen, überrascht hätte auch die vielen Verzweigungen des Tunnelsystems. Geheimdienstliche Informationen haben laut Aussagen von Militärs eine wichtige Rolle gespielt.

Angesichts von Aufwendungen in Höhe von umgerechnet 87 Millionen Euro, die man seit 2007 in Forschung und Entwicklung von Detektionssystemen gesteckt hat, die aber zu keinen wirklich erfolgreichen Maßnahmen zur Entdeckung der Tunnel führten, stellt man sich in den israelischen Sicherheitsgremien die Frage, wie man sich künftig besser gegen Tunnel schützen kann, die unterirdisch auf israelisches Territorium führen.

Ausschnitt eines IDF-Videos zur Zerstörung eines großen Tunnel

Da die derzeit verfügbare Technologie keine verläßliche Methoden zur Lokalisierung der Tunnelanlagen zur Verfügung stellt, kam erneut der Plan auf den Tisch, eine unterirdische Barriere zu errichten. Allerdings müsste der Zaun angesichts der neuen Erkenntnisse nicht nur sehr tief in den Boden reichen, sondern auch die gesamte Grenze in der Länge von 65 Kilometer nahtlos "abdichten".

Die Kosten dafür werden von Armeevertretern auf umgerechnet etwa 1,73 Milliarden Euro geschätzt, was das Budget zu sehr belasten würde, wie das zuständige IDF-Kommando verlauten läßt.

Zumal es keinen "bypass-proof" gebe; selbst installierte Dektektoren, die einen Versuch, die Barriere zu überwinden, melden sollen, seien nicht sicher, so die Einschätzung der Militärs nach den Erfahrungen, die man in den letzten Wochen gemacht hat. Stattdessen plädiert man für eine Zone hinter dem Grenzzaun in Gaza ("a perimeter west of the fence"), die der Aufsicht der IDF unterstellt wird, wo sie frei operieren kann. Man kann davon ausgehen, dass auch dieser Punkt zu den umstrittenen bei dem Abkommen über einen langfristigeren Waffenstillstand gehört.