Ukraine: Poroschenko vereidigt

Putin "gefällt" der Ansatz des neuen Präsidenten

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Petro Olexijowytsch Poroschenko ist ein Oligarch, der am 26. September 1965 in Bolgrad zur Welt kam - einem ukrainischen Städtchen an der Grenze zu Moldawien, das überwiegend von Bulgaren besiedelt ist, und bis 1944 zu Rumänien gehörte. Das Forbes-Magazin stufte den Mischkonzernmilliardär im letzten Jahr als siebentreichsten Mann der Ukraine ein.

Seit den 1990er Jahren ist der Tycoon in der ukrainischen Politik aktiv: Erst als Politbüromitglied der Sozialdemokratischen Partei (die Leonid Kutschma unterstützte), dann unter anderem als Vorsitzender der Partei Solidarität, Vize der Partei der Arbeitssolidarität, Vize der Partei der Regionen (die später den im Februar gestürzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch stellte), Abgeordneter der Fraktion Unsere Ukraine (die Janukowitschs Widersacher Wiktor Juschtschenko unterstützte), Vorsitzender des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates unter Julia Timoschenko, Außenminister und Wirtschaftsminister.

Am 25. Mai wurde der bemerkenswert wendige Politiker mit einer Mehrheit von 54 Prozent zum Präsidenten der Ukraine gewählt, wobei die Bewohner der Oblaste Donezk und Lugansk, wo etwa 6,6 von insgesamt 45,5 Millionen Ukrainern leben, teilweise nicht an der Abstimmung teilnehmen konnten, weil Separatisten dort Verwaltungsgebäude besetzt und nach einer Volksabstimmung die Trennung von der Ukraine ausgerufen hatten.

Heute Morgen trat Poroschenko nach einem Festakt, dem unter anderem der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck und der US-amerikanische Vizepräsident Joseph Biden beiwohnen, sein neues Amt an. Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. und andere Beobachter hoffen, dass sich nach diesem Amtsantritt die Chancen auf ein Ende des Bürgerkrieges im Osten der Ukraine erhöhen. Das hat mehrere Gründe:

Poroschenko ist plakativ orthodoxer Christ und kein Baptistenpastor, wie der ukrainische Übergangspräsident Turtschinow. Er gelangte auf rechtlich weniger zweifelhafte Weise an sein Amt als sein Vorgänger, der vom Parlament eingesetzt wurde. Und bei den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der alliierten Landung in der Normandie sprach er mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, der danach meinte, Poroschenko habe einen "insgesamt richtigen Ansatz", der ihm "gefalle". Damit bezog er sich womöglich auf eine in Poroschenkos Antrittsrede angebotene Amnestie für Separatisten.

Putin regte außerdem an, die Offensive der ukrainischen Armee im Donbass zu beenden und stattdessen Friedensverhandlungen mit den "Anhänger einer Föderalisierung" zu führen. Ob Poroschenko dafür der richtige Mann ist, wird die Zukunft zeigen. Gefragt, wie er zu dem unter anderem von Henry Kissinger vorgeschlagenen Plan des Umbaus der Ukraine in einen Bundesstaat stehe, hatte er im März erklärt, das Land sei ein "Einheitsstaat" und werde auch einer bleiben.

Ein potenzielles Hindernis für eine Einigung mit den Rebellen im Donbass liegt auch in Poroschenkos Vorhaben, die Ukraine bis spätestens 2025 in die EU zu führen: Dies könnte nicht nur den Verlust des bislang sehr bedeutenden russischen Marktes, sondern auch die großflächige Schließung von Kohlegruben und Stahlwerken in der russischsprachigen Schwerindustrieregion sowie den massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen zur Folge haben.

Bislang gehen die Kämpfe in jedem Fall weiter: Aktuell melden die Separatisten den Abschuss einer An30B -Aufklärungsmaschine in der Nähe der von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnittenen Stadt Slawjansk.

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