Ulysses fliegt und fliegt und fliegt

Eine ewige Reise um die Sonne

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"Wo immer man sich auf das Leben einlässt, wird man enttäuscht. Alles dauert entweder zu lange oder nicht lange genug", so die Worte des irischen Schriftstellers Oskar Wilde (1854 -1900), dies trifft aber in diesem Falle nicht zu. Eine der erfolgreichsten europäisch-amerikanischen Missionen mit dem Namen Ulysses liefert den Wissenschaftlern mittlerweile schon fast 17 Jahre aufschlussreiche Informationen über Sonnenwindplasma, solare Teilchen, Röntgenstrahlung, Staub und vieles mehr. Vor allem für die Erde hat die Erforschung der Sonne und der sie umgebenden Heliosphäre hat eine äußerst wichtige Bedeutung. Aufgrund ihrer Energie spendenden Eigenschaft und durch ihre magnetischen Aktivitäten, die sich auf die ganze Heliosphäre auswirken, beeinflusst sie die Erde und die anderen Planeten in unserem Sonnensystem auf einzigartige Weise.

Eine lange Odyssee. Bild: ESA

Am 6. Oktober 1990 startete der Forschungssatellit erfolgreich mit der Space Shuttle Discovery vom Kennedy Space Center in Florida in den Orbit, um über einen "Jupiter-Ausflug" auf einer heliozentrischen Umlaufbahn mit 80° Inklination zur Ekliptik die Sonnenpole näher zu erforschen.

Während der jeweils vier Monate dauernden Überflüge der Ulysses-Sonde über den Süd- bzw. Nordpol der Sonne, in einem Abstand von ca. 330 Millionen Kilometern, gelangten die Wissenschaftler zu einer ganzen Menge neuer Erkenntnisse über die Sonne und der Heliosphäre. Trotz des hohen Alters laufen die zehn wissenschaftlichen Experimente an Bord weiterhin problemlos. Drei dieser Hauptexperimente wurden unter der Leitung deutscher Wissenschaftler entwickelt und gebaut:

  1. Kosmisches Staub-Experiment vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Lindau und Extraterrestrische Physik in Garching sowie der Universität Bochum: Messung der dreidimensionalen Staubverteilung und deren dynamischen Verhaltens
  2. Experiment EPAC vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Lindau und Extraterrestrische Physik in Garching sowie der Universität Bonn: Messung energiereicher Teilchen und interstellaren Gases
  3. Experiment Gamma-Ray-Bursts vom Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching: Messung der Energie und Zeitstruktur von Röntgenquellen und von Gamma-Ray-Bursts

Die erste Passage des Sonnensüdpols erfolgte im Sommer/Herbst 1994, der Nordpol wurde etwa ein Jahr später überflogen. Zur Zeit befindet sich Ulysses in der dritten Überflugs-Phase, nächstes Jahr ist dann nochmals der Nordpol - wahrscheinlich zum letzten Mal - an der Reihe.

Aufgrund der bisherigen Erfolge und der weitgehend einwandfreien Funktion der Bordinstrumente hatten ESA und NASA beschlossen, die Ulysses-Mission bis Anfang 2008 zu verlängern.

Nach Aussetzen der Sonde in niedriger Erdumlaufbahn gelangte die Sonde durch zusätzliche Zündung auf eine Übergangsbahn in der Ekliptik, die zum Planeten Jupiter führte. Dort wurde sie durch ein Swing-by-Mannöver fast senkrecht zur Ekliptik über die Pole der Sonne abgelenkt. Bild: ESA

Überraschungen am Sonnen-Südpol

Nach den ersten zwei polaren Überquerungen des Sonnen-Südpols findet nun gerade der dritte Überflug statt und konnte auch gleich mit einer neuen Überraschung aufwarten: Mitte Dezember zeigten die Instrumente eine überproportional starke Partikelstrahlung, die nur bei starken Eruptionen auf der Sonnenoberfläche üblich ist, obwohl zeitlich gesehen, die Sonne nach ihrem Zyklus (das letzte Maximum konnte man im Jahre 2000/2001 verzeichnen) erst wieder im Jahre 2011 mit maximalen Ausbrüchen aufwarten sollte. Die Solarstürme, die auf den äquatorialen Regionen begrenzt waren, produzierten so intensive Partikelstrahlung, dass diese von erdnahen Satelliten aufgezeichnet wurde. Überraschendweise wurde eine ähnliche Zunahme der Strahlung durch die Instrumente an Bord von Ulysses trotz seiner Entfernung und seiner Lage in Höhe des Südpols ermittelt.

"Solch starke Strahlung wird normalerweise nur in der Hochphase des Sonneneruptionszyklus, wie das zum Beispiel in den Jahren 2000 und 2001 der Fall war, festgestellt", so Richard Marsden, Ulysses-Projekt-Wissenschaftler und Missions-Manager:

Wir erwarteten nicht, sie an den Polen und einer Phase, in der die Sonne sich zeitlich gesehen eher in einem Aktivitäts-Minimum befindet, festzustellen.

Wissenschaftler versuchen nun nachzuvollziehen, warum an den Polen diese starke Partikel-Strahlung festzustellen war, obwohl die Solarstürme auf die äquatorialen Regionen begrenzt waren.

Ulysses befindet sich gerade in der Phase des dritten Sonnen-Südpolar-Überflugs

Ein Puzzleteilchen zum Lösen dieses Rätsels ist dem Temperaturunterschied zu finden, den Ulysses beim erstmaligen Überqueren des Sonnensüd- und Nordpols 1994/1995 in der Zeit solaren Minimums feststellte. Überraschenderweise lag die Temperatur in der Korona am Südpol verglichen mit der Korona am Nordpol um knapp 8% höher.

Wir könnten noch nicht erklären, ob dieser Temperaturunterschied daraus resultierte, dass sich die Sonne ihrem absoluten aktiven Minimum 1996 näherte (1995 wurden die Nordpolmessungen durchgeführt), oder ob der Nordpol generell kühlere Temperaturen aufweist.

Professor George Gloeckler, wissenschaftlicher Leiter des Solar Wind Ion Composition Spectrometers an Bord von Ulysses.

Neueste Beobachtungen zeigen, dass die durchschnittliche Temperatur der Korona am Südpol gegenwärtig (während der solaren Minimum-Aktivitätsphase) so niedrig ist, wie es vor 10 Jahren in der Nordpol-Korona. "Daraus resultiert, dass die Temperatur-Asymmetrie zwischen dem Norden und dem Süden parallel mit der Änderung der magnetischen Polarität vonstatten geht", so Prof. Gloeckler. Die bisherigen Ergebnisse haben aufgezeigt, dass sich während des solaren Höhepunktes die Polarität des Magnetfelds ändert. Der endgültige Beweis kann dann erbracht werden, wenn Ulysses die Temperatur der Nordpolkorona während der folgenden 15 Monate misst, die dann logischerweise höher liegen sollte.