Umstrukturierungen bei SEGA nach hohen Verlusten

Neue Online-Offensive in Deutschland für 9. Juni angekündigt.

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Nach einem verlustreichem Jahr unternimmt die Computerspielefirma SEGA eine Reihe von Umstrukturierungsmaßnahmen. Shoichi Irimajiri wird von seinem Posten als SEGA-Präsident zum 1. Juni zurücktreten. Die Position wird vom 74-jährigen Vorstandsmitglied Isao Okawa übernommen. Mit Gratis-Konsolen, Ausbau der Online-Präsenz und neuen Online-Spielen hofft die Firma verlorenes Terrain zurückzuerobern.

Die Ankündigung der Umstrukturierung folgte der Veröffentlichung des Jahresbilanzen. Aus dem Jahresbericht gehen Nettoverluste in Höhe von 42 Milliarden Yen (etwa 400 Millionen US$) hervor. Besonders hart getroffen sei die Firma durch schwache Dreamcast-Verkaufszahlen in Japan. Wie Telepolis schon im letzten Oktober berichtete, erreichte der Verkauf der Dreamcast-Konsole nicht die Erwartungen der Firma. Weitere Umsatzeinbußen mussten auch bei der Anzahl der verkauften Spiele hingenommen werden. Nach Kurseinbrüchen von bis zu 41% seit November 1998, der Einführung der Dreamcast-Konsole, musste die Mutterfirma CSK im Rahmen einer Kapitalerhöhung über 900 Millionen US$ in SEGA einlegen. Erfreulichere Bilanzen konnten jedoch aus den europäischen und US-amerikanischen Verkaufszahlen gezogen werden. Immerhin verhalf die Konsole der Firma dazu, Verkaufsumsätze von 266 auf 339 Milliarden Yen zu steigern.

Bislang sind allerdings die Folgen dieser Entwicklungen nur spekulativer Natur. Während Reuters von einer Aufsplittung der F&E-Abteilung in mehrere regionale Einheiten berichtet, erwartet die japanische Wirtschaftszeitung Nihon Keizai Shimbun eine stärkere Ausrichtung des Kerngeschäftes auf das Internet. Darauf wird schon seit ein paar Monaten gedeutet. Neben Plänen für Internet-Telefonie mittels der Dreamcast-Konsole zusammen mit der Firma InnoMedia Inc. hat SEGA Online-Pläne sowohl für die USA als auch für Deutschland angekündigt. Ab September werden in Amerika kostenlose Dreamcast-Konsolen in Verbindung mit einem Abschluss eines Zweijahresvertrages mit dem ISP der Tochterfirma SEGANet angeboten. Bisherige Besitzer erhalten bei Vertragsabschluß (im Wert von $21,95 im Monat) einen Scheck über $200 sowie eine Gratistastatur.

Im März dieses Jahres wurde in den USA das erste internetbasierte Konsolenspiel ChuChu Rocket! gestartet. Nun soll ab dem 9. Juni dieses Spiel in Deutschland kostenlos an registrierte Dreamcast-Benutzer vertrieben werden. Die Verwaltung und Weiterentwicklung des speziell eingerichteten Online-Portals übernimmt die neu gegründete Dreamarena Ltd.. Der Launch von ChuChu Rocket! soll den Auftakt für weitere Multiplayer-Online-Spiele in diesem Jahr bilden, beispielsweise die Götter-Simulation Black & White und Quake III. Zurzeit seien in Europa von 750,000 Dreamcast-Besitzern 250,000 bereits online registriert. In Amerika sind es knapp ein Viertel aller Besitzer, etwa 700,000. Mit dem amerikanischen Vertriebskonzept rechnet SEGA allerdings alleine in den USA mit 5 Millionen registrierten Usern bis zum Ende des nächsten Jahres.

Ob es in Deutschland in nächster Zukunft zu kostenlosen Dreamcast-Konsolen kommen wird, will SEGA noch nicht konkret kommentieren. Aber, wie Markus Malti von der deutschen SEGA Gesellschaft für Videospiele mbH sagt, "denkt man schon über ähnliche Vertriebsmodelle nach". (Ein Fortschritt, verglichen mit einer Äußerung von vor zwei Monaten, als das amerikanische Modell bloß als "cleverer Schachzug" bezeichnet wurde.) Mit dem nun weltweiten Vorstoß in das bislang unerschlossene Online-Konsolensegment will SEGA verlorenes Offline Territorium wieder zurückgewinnen. Seitdem SONYs Playstation2 am ersten Verkaufswochenende in Japan die Millionenschwelle überschritt, musste SEGA zusehen, wie ihr Platz 3 hinter SONY und der Nintendo N64 konsolidiert wurde. Laut eigenen Prognosen habe die Dreamcast die nächsten 18 Monate Zeit, den Online-Konsolenbereich auszubauen und zu erobern.

Noch hängen Pläne des Rivalen SONY, ihre Playstation2 als Allround-Unterhaltungszentrale mit Internetzugang zu positionieren, stark von technischen Gegebenheiten ab. Entgegen Erwartungen der Fachpresse hält sich SONY mit Ankündigungen bezüglich Online-Hardware-Ausstattung für die PS2 zurück. Zwar seien die entsprechenden Schnittstellen für die europäischen und amerikanischen Geräte vorgesehen. Wie die Deutschlandzentrale von SONY Computer Entertainment verlauten lässt, will man aber warten "bis die Breitbandverkabelung fortgeschritten genug sei".