Unterschiedliche Meinungen zum Umgang mit Syrien und Russland

Die Außenminister von Österreich und Spanien plädieren für eine Einbindung Baschar al-Assads in den Kampf gegen den IS, während US-Außenminister Kerry und NATO-Generalsekretär Stoltenberg russische Waffenhilfen für die syrische Regierung kritisieren

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz hat bei einem Besuch in Teheran eine Zusammenarbeit aller Kräfte gefordert, die gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) kämpfen. Dazu gehören seiner Aussage nach auch Russland, der Iran und der syrische Präsident Baschar al-Assad, der in dieser Frage auf derselben Seite stehe, wie der Westen.

Trotz der Einschränkungen des ÖVP-Politikers, dass so eine Kooperation "nichts über eine langfristige Lösung für den Bürgerkrieg in Syrien aussage" und dass man dabei "die Verbrechen Assads nicht vergessen" dürfe, empörten sich österreichische Grüne wie der Europaparlamentarier Michel Reimon, Kurz habe einen "diplomatischen Fehler von historischer Tragweite" begangen und "humanitären Werte ausverkauft".

Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz. Foto: Österreichisches Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres. Lizenz: CC BY 2.0

Russland unterstützt die syrische Regierung - anders als die EU und die USA - bereits seit Beginn des Bürgerkrieges mit Waffenlieferungen. In den letzten Wochen gab es außerdem Meldungen über ein geplantes (oder heimlich begonnenes) direktes Eingreifen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow dementierte am 2. September, dass Russland direkte IS-Bombardements durchführt oder vorbereitet. Staatspräsident Putin nannte solch ein Eingreifen drei Tage darauf "verfrüht" und verlautbarte, er spreche derzeit mit der syrischen Regierung und mit Vertretern der USA, der Türkei, Saudi-Arabiens, Jordaniens und Ägyptens über die Bildung einer "internationalen Koalition zur Bekämpfung des Terrorismus und Extremismus".

Aktuell berichten US-Medien unter Berufung auf nicht näher genannte Diplomaten, dass die Russen auf einem Flughafen in der Alawitenprovinz Latakia Unterkünfte für mehr als tausend Mann bauen. Dafür, dass sie russischen Soldaten dienen sollen, gibt es keine Belege. Allerdings zeigt das aktuelle US-Engagement im Irak, dass "Militärberater und Ausbilder" - deren Anwesenheit Russland offen zugibt - auch in vierstelliger Zahl in einem Land anwesend sein können, ohne dass die entsendende Regierung darin einen regulären Bodentruppeneinsatz sieht.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg meinte gestern, falls sich die Meldungen über eine verstärkte russische Militärpräsenz in Syrien bestätigen sollten, wäre das seiner Ansicht nach einer Konfliktlösung nicht dienlich. Auch US-Außenminister John Kerry begrüßte die Berichte nicht etwa als willkommene Unterstützung im bislang eher wenig erfolgreichen Kampf gegen den IS, sondern wiederholte seinem Ministeriumssprecher zufolge in einem Telefonat mit seinem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow seine bereits in der Vergangenheit geäußerten Bedenken. Vorher hatte das US-Außenministerium die NATO-Länder Bulgarien und Griechenland angewiesen russischen Transportmaschinen auf dem Weg nach Syrien bis zum 24. September keine Überflugerlaubnis mehr zu erteilen, weshalb die Flugzeuge nun die Route über den Iran und den Irak nehmen (vgl. USA-Russland-Konflikt über Syrien).

Eher wie Sebastian Kurz denkt dagegen der spanische Außenminister José Manuel García-Margallo: Er meinte im Sender Cadena SER, für einen Sieg gegen den IS sei sowohl eine militärische Lösung "im Rahmen der völkerrechtlichen Bestimmungen" erforderlich, als auch ein Dialog mit dem syrischen Präsidenten. Für eine geänderte Sicht auf die syrische Regierung plädiert auch der CSU-Abgeordnete Max Straubinger: Er spricht sich dafür aus, die von ihr beherrschten Gebiete asylrechtlich künftig als innerstaatliche Fluchtalternativen zu werten, was Rückführungen syrischer Asylbewerber erlauben würde.

Die IS-Dschihadisten haben derweilen in ihrem Propagandamagazin Dabiq Fotos eines Norwegers und eines Chinesen veröffentlicht, die sich angeblich in ihrer Hand befinden: Die Bildunterschriften lauten "Norwegischer Gefangener zu verkaufen" und "Chinesischer Gefangener zu verkaufen". Neben den Namen, Geburtsdaten, Berufen und Heimatadressen der beiden Männer in gelben Overalls ist eine irakische Telefonnummer als Kontaktadresse aufgeführt. Der Hinweis "Angebot gilt nur begrenzte Zeit" soll offenbar als Drohung einer baldigen Enthauptung verstanden werden.

Die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg hat inzwischen bestätigt, dass ein Norweger in Syrien gefangen gehalten wird und alles darauf hinweist, dass er sich aktuell in den Händen des IS befindet. Er wurde bereits vor neun Monaten in einem Gebiet entführt, das nicht vom IS kontrolliert wird, und von anderen Dschihadisten oder Kriminellen an die Truppe des Terrorkalifen verkauft. Man habe, so Solberg, bereits mehrere Lösegeldforderungen erhalten, werde aber am Prinzip festhalten, Terroristen und Kriminellen kein Geld zu zahlen, weil solche Zahlungen das Entführungsrisiko für andere Norweger erhöhen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.