Virtuelles Terrornetz im Netz

Osama Bin Ladens Homepage

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Das Fragezeichen und auch Wörter wie "angeblich" oder "vermeintlich" können wir uns von nun an schenken, wenn es um Osama Bin Ladins ausgeklügelten Umgang mit den neuen Medien geht. Was zuletzt ja noch von Florian Rötzer gewohnt skeptisch angezweifelt wurde (Email von Bin Ladin?), steht jetzt nämlich eindeutig fest: Der bärtige Top-Terrorist schreibt regelmäßig Emails über einen Account bei Hotmail.com!

Veröffentlicht wurde seine Email-Adresse von ihm höchstpersönlich und, wie man es von diesem Global-Media-Player (V. 9.11) ja gewohnt ist, natürlich gezielt an dem Tag, an dem über seine ehemals nur vermeintliche Email an ein arabisches Journal weltweit spekuliert wurde:

You can now write me at writeOBL@hotmail.com.
:: osama bin laden 8:22 PM [+] ::

Diese schlichten Worte findet man auf einer Netzseite, die bisher weder vom FBI noch CIA abgeknipst werden konnte. Und die nicht zuletzt wohl genau aus diesem peinlichen Grund konsequent von der US-Regierung und ihrer verbündeten Allianz gegen den Terror totgeschwiegen werden. Schließlich ist es ja ein böser Schlag in das Gesicht jedes Demokraten, dass es dem größten Feind der Demokratie tatsächlich gelungen ist, eine eigene Website ins Netz zu stellen, auf der er tagaus, tagein zynisch das Weltgeschehen kommentiert. Und ehrenwerte Politiker wie US-Präsident George W. Bush mit Worten schmäht wie "aggressor-in-chief".

Beschrieben wird dort aber auch von ihm sein perfektes Katz-und-Maus-Spiel, das er sich nun schon monatelang mit seinen alten Freunden vom CIA liefert. Hämisch schreibt er beispielsweise am vergangenen Donnerstag:

Online from anywhere
The NYT helpfully describes some of the ways U.S. investigators are chasing Allah's freedom fighters in cyberspace, and the tricks the good guys can use to go undetected. The ways of Allah are truly mysterious. Thanks, NYT! By the way, it's easy to be anonymous online. I could be blogging this from a Net kiosk at a big U.S. airport, for all you know.
:: osama bin laden 4:20 PM [+] ::

Und genauso perfide ist sein Kommentar vom vergangenen Freitag über die westlichen Reaktionen auf den jüngsten israelischen Militärschlag:

Those American Allies
According to the latest from the NYT, some 600 pro-Palestinian foreigners, including the French farmers' union leader, José Bové, have arrived in Ramallah to offer themselves as human shields for Palestinians. "We are going to stay here in Ramallah in particular to provide the Palestinians with protection," Mr. Bové said, according to the Times. I'm not sure if this is good news the Palestinians or not. On the one hand, it's nice to see America's ally France being so unhelpful to the infidel, and gratifying to see that hatred for the Jews is alive and well in France. On the other hand... when is the last time France won a war?
:: osama bin laden 1:07 PM [+] ::

Allein wegen solcher Sätze sollte man natürlich alles unternehmen, dass Osama Bin Ladens virtuelles Terrornest im Netz nicht bekannt wird. Und auch wir hätten uns dem weltweiten Schweigen über diesen Skandal gern angeschlossen, wenn das Schweigen nicht schon längst von skrupellosen Möchtegern-Journalisten durchbrochen worden wäre. Doch nicht nur zweifelhafte Magazine wie Slater.com haben den direkten Link zum Teufel veröffentlicht, sondern sogar in der ehemals ehrenwerten Washington Post wurde die URL mit den vermeintlich lockeren Worten "Need more of an Osama fix? Check out his personal Web site." publiziert.

Die Folgen dieser PR für den Terror sind fatal: Seit Tagen zählt Bin Ladens Netzseite zu den 40 populärsten Websites im Internet, das hat zumindest daypop.com ermittelt. Und so fügen auch wir uns - natürlich zähneknirschend ­ jetzt dem enormen Druck der Straße: Osama Bin Ladens Homepage.