"Volksrepublik" Donezk droht mit "Racheaktionen"

Der im Vorfeld des Treffens der EU-Außenminister gestartete Angriff der ukrainischen Streitkräfte scheint gescheitert zu sein

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Offensichtlich ist der Versuch der ukrainischen Streitkräfte, "massive Angriffe" auf die "Volksrepubliken" und vor allem auf den Flugplatz von Donezk durchzuführen, gescheitert. Das dürfte eine mögliche Lösung noch schwieriger machen. Tatsächlich war es ein offener Bruch des Waffenstillstands, bislang hatten sich die Konfliktpartner gegenseitig die Schuld zugeschoben ("Massives Feuer" der ukrainischen Streitkräfte). In den letzten Tagen hatte die OSZE-Beobachtermission bereits die Verschärfung der Situation berichtet und erklärt, dass beide Seiten den Waffenstillstand brechen.

Nach Darstellung des ukrainischen NSDC wird an der gesamten Grenze gekämpft

Der "Ministerpräsident" der Donezk-"Republik", Aleksandr Sachartschenko, erklärte, so Itar-Tass, der Raketenbeschuss sei noch nie so stark seit Beginn des Kriegs gewesen. Er warf Kiew den Bruch des Waffenstillstands vor, durch den Beschuss würden Zivilisten und Soldaten getötet und "unsere Häuser" zerstört. Er kündigte "Racheaktionen" an: "Wir werden nicht still sitzen und nichts tun und darauf warten, getötet zu werden. … Wir wollen unsere Republik sichern. Und wir werden sie verteidigen."

Kiew berichtet, es seien in den letzten Tagen wieder neue russische Soldaten in die "Volksrepubliken" gekommen. Der Sprecher des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats Lysenko spricht von zwei Bataillonen, was immer das genauer heißen mag. Informationen vom NSDC ist höchst bedingt zu trauen. Ukrainische Soldaten wollen russische Panzer in der Nähe des Flugplatzes gesehen haben. Während der letzten Tage sollen nach der russischen Menschenrechtlerin Elena Vasiliyeva 382 russische Soldaten getötet und 500 verletzt worden sein. Das ist ebenso wenig nachprüfbar wie die Behauptung der Separatisten, dass die ukrainische Seite schwere Verluste erlitten habe. In der Ukraine gibt es in Medienberichten in den Volksrepubliken nur "Terroristen" und wird ein Krieg zwischen Russland und der Ukraine geführt.

Am Flughafen kämpfen die ukrainischen Milizen Dnipro 1 und das 5. Bataillon des Rechten Sektors. Beide Seiten beanspruchen die Kontrolle über den bereits weitgehend zerstörten Flughafen, der zu einer symbolischen Trophäe für beiden Seiten geworden ist und schon vielen Menschen das Leben gekostet hat. Beim Einsturz von Fußböden im neuen Flughafen scheint es Tote und viele Verletzte bei den ukrainischen Soldaten gegeben zu haben.

Der Flughafen von Donezk

Yurii Biryukov, der Berater des Präsidenten, erklärte gestern Nachmittag, es käme Hilfe. Aber was er schreibt, ist nicht gerade hoffnungsvoll: "Es gibt viele, von den Generälen gemachte Fehler, meist weil nur banal auf dem Papier geplant wurde, ohne die Realität einzubeziehen. Auf dem Papier fahren unsere BTR-70 (APCs) gut, auf dem Papier sind unsere Bataillone vollständig mit Personal besetzt, auf dem Papier haben wir keine Betrunkenen und Feiglinge. Aber im wirklichen Leben … Im wirklichen Leben musste vergangene Nacht der Bataillonskommandeur neben dem Fahrer sitzen. Das war die einzige Möglichkeit, den Fahrer dazu zu zwingen dem Befehlen zu gehorchen. Und wir brauchen dringend entschlossene Kommandeure." In einem anderen Posting spricht er von den Freiwilligenverbänden als "Idioten", die das Kämpfen verweigern.

In Russland wird vermutet, dass der Artillerieangriff nicht zufällig im Vorfeld des Treffens der EU-Außenminister erfolgt sei (EU schmiedet Anti-Terror-Bündnis mit Arabischer Liga). Die EU-Außenbeauftrage hatte ein Diskussionspapier vorgelegt, um einen Abbau der Sanktionen zu erreichen und die Beziehungen zu Russland wieder zu verbessern ("Uneingeschränkte Solidarität": EU-Parlament begrüßt Waffenlieferung an die Ukraine). Mit der Eskalation des Konflikts seitens Kiew sollte schon die Diskussion über eine Veränderung der Sanktionspolitik verhindert werden. Zudem sei Kiew auf weitere finanzielle Unterstützung angewiesen. Was auch immer die Absicht von Kiew gewesen sein mag, so wurde eine Veränderung der Sanktionspolitik gestern von den Ministern abgelehnt. Allerdings folgte man auch nicht dem Wunsch der ukrainischen Regierung, die "Volksrepubliken" zu Terrororganisationen zu erklären.

Im kriegerischen Konflikt scheint Kiew nun einen taktischen Rückzug einzuleiten. Die Ukraine bietet Russland an, das Minsker Abkommen zu erfüllen und einen sofortigen Waffenstillstand einzugehen. Dann könnte die Kontaktgruppe mit den Außenministern von Frankreich, Deutschland, Russland und der Ukraine sich treffen und einen Gipfel der Regierungschefs in Astana vorbereiten. Allerdings sagte der ukrainische Präsident Poroschenko gestern, dass die zu "Cyborgs" verklärten Soldaten am Flughafen von Donezk "Tapferkeit, Patriotismus und Heroismus" gezeigt hätten. So müsse die Ukraine geschützt werden: "Wir werden keinen Zentimeter des ukrainischen Lands weggeben. Wir werden den Donbas wieder gewinnen, wir werden die Ukraine im Donbas wieder beleben. Wir werden zeigen, dass unsere Einheit ein extrem wichtiger Faktor unseres Sieges ist."

Die "Volksrepublik" Donezk wirft Poroschenko vor, absichtlich die ukrainischen Soldaten in den Tod getrieben zu haben. Verantwortlich für den fehlgeschlagenen Angriff auf den Flughafen sei der NSDC-Vorsitzende Turtschinow, der mit Jazenjuk von der Timoschenko-Partei zur "Volksfront" übergewechselt ist. Er hätte Panzer über die freie Fläche zum Flughafen geschickt, die leicht durch den Beschuss der Separatisten zerstört werden konnten. Die verklärten "Cyborgs" hätten den Flughafen bereits am Freitag durch einen Korridor verlassen. 27 Panzer und 20 gepanzerte Fahrzeuge seien zerstört und mehr als 200 ukrainische Soldaten getötet worden, von den Separatisten seien nur 16 Kämpfer getötet worden. Beansprucht wird, dass die Separatisten nun den Flughafen samt Umgebung kontrollieren.