Vom Hacker zum Star

Die Karriere von Tenenbaum, dem Pentagon-Hacker, und Mitnick.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bislang hatte der 18-jährige israelische, vom amerikanischen Verteidigungsministerium als Pentagon-Hacker bezeichnete Ehud Tenenbaum, der "Ausbilder" der zwei amerikanischen Jungen, die sich beim Ausspähen von Computern des Pentagon erwischen ließen, im Dunklen gelebt - eben so wie dies normalerweise bei der Art von Freizeitbeschäftigung üblich ist.

Gleich nachdem sich seine angeblichen Schüler, die nach dem amerikanischen Vizeverteidigungsminister den bislang am besten organisierten Angriff durchführten, geoutet hatten und öffentliche Aufmerksamkeit fanden, meldete sich der Analyzer auch zu Wort. Schließlich wurde seine Identität identifiziert und er unter Hausarrest gestellt - nun schon in den amerikanischen Medien berühmt und vom israelischen Premierminister als "verdammt gut ... und sehr gefährlich" gelobt.

He could have got away with hacking the pentagon. But, instead, he got himself caught on purpose. They just wanted to make themselves famous.

Lore in HackPhreak

Tenenbaum hatte gesagt, er wolle mit dem Hacken aufhören und würde gerne bei einer Firma als Sicherheitsberater arbeiten. Jetzt hat er bereits einen Medienagenten, der am Dienstag verlautbaren ließ, daß er zum Militärdienst eingezogen werde und hoffe, hier seine Computerkenntnisse einsetzen zu können. Offenbar entgeht er einer Bestrafung und wurde, was in einer medialen Aufmerksamkeitsökonomie mit Geld belohnt wird, prominent.

This fame might help our group to find people like us willing to help in the fight against racism and pedophilia....we have already started receiveing tons of email from supporters and have been offered help from every corner of the world.

ShdowBoxn von den Enforcers

Einen Agenten braucht Tenenbaum, denn er wird von Angeboten überflutet. Die Medien stürzen sich auf ihn, er soll Interviews - gegen Bezahlung - geben, Bücher schreiben oder in Filmen auftreten. Mit seinem Agenten wird weiterhin am Bild des guten Menschen gearbeitet. Weder habe er etwas zerstört, noch für seinen Profit gearbeitet. Der von seinem Agenten mit einem Robin Hood des digitalen Zeitalters verglichene Hacker habe für seine Taten niemals auch nur einen Shekel eingestrichen. Überdies war all dies nicht nur ein abenteuerlicher Streifzug eines Jugendlichen durch verbotene Zonen, sondern das Eindringen in Computersysteme reizte ihn als "intellektuelle Herausforderung". Um seine Territorien zu markieren und keine Kollegen hereinzulassen habe er, so Tenenbaum, die Sicherheitslöcher geschlossen, was schließlich doch auch den Besitzern der Systeme zugute gekommen wäre. Zerstört habe er nur Internet Sites von islamischen Militanten und Neo-Nazis.

Tenenbaum hatte wahrscheinlich Glück, seine Streifzüge im Cyberspace von Israel aus zu unternehmen. Einem anderen berühmten Hackerheld geht es da schon anders. Kevin Mitnick sitzt nach einer spektakulären Jagd und seiner Festnahme seit 1995 im Gefängnis. Auch er hatte Aufmerksamkeit gefunden, wurde prominent und hat seine Fans, aber sein Schicksal wird wohl einen anderen Weg gehen. Im Juni 1997 bekannte er sich des Telefonbetrugs schuldig und erhielt dafür eine Gefängnisstrafe von 22 Monaten. Jetzt steht sein Prozeß an, bei dem es um das Eindringen in die Netzwerke etwa von Motorola, Sun oder NEC, Betrug, Stehlen von Software und Passwords und Abhören von Kommunikation geht.

Auch er habe nicht aus Profitinteresse gehandelt und die Systeme nicht zerstört, in die er eingedrungen ist. Gleichwohl ist Mitnick wegen seiner Prominenz für die Staatsanwaltschaft ein Fall, an dem sich die Entschlossenheit demonstrieren läßt, mit der der Staat allen entgegentritt, die ähnliches machen. Mike Godwin von der Electronic Freedom Foundation sagte, daß man mit Mitnick den Mythos der Bedrohung durch Hacker verstärken und damit die staatliche Macht sowie die staatlichen Möglichkeiten der Überwachung legitimieren will, während er doch nur die Sicherheitslöcher aufgespürt habe, die von den Firmen sowieso hätten geschlossen werden müssen.

Aber die Angst vor den mythischen Fähigkeiten des prominenten Hackers ist so groß, daß man Mitnick zur Vorbereitung auf den Prozeß nicht einmal einen Computer im Gefängnis gewähren will, selbst wenn dieser nicht vernetzt ist. Weil die Beweismittel gegen Mitnick vor allem in elektronischer Form vorliegen, fordert sein Verteidiger für ihn einen Zugang zu einem Computer, um diese zu sichten. Von den Justizbehörden wurde auf sein "bislang einmaliges und unverständliches" Gesuch das Angebot gemacht, er dürfe einen Computer in einem FBI-Büro benutzen. Das wurde vom Verteidiger abgelehnt, weil dadurch nachvollziehbar wäre, welche Files von ihm geöffnet worden waren. Die zuständige Richterin Mariana Pfaelzer hat inzwischen den Vorschlag der Staatsanwaltschaft gebilligt, Mitnick Zugang zu einem Computer an einem sicheren Ort außerhalb des Gefängnisses zu verschaffen und hat die Staatsanwaltschaft dazu aufgefordert, bis zum 13. April einen Plan zur Umsetzung vorzulegen. Man weiß zwar nicht, was Mitnick mit einem nicht vernetzten Computer in seiner Zelle Gefährliches anstellen könnte, aber die Ankläger fürchten, daß er damit irgendwie eine Fluchtmöglichkeit finden oder die Sicherheit im Gefängnis auf andere Weise gefährden könne.